Deus ex Machina

1.1K 55 4
                                    

MIA

Die kühle Nachtluft strich über ihr Fell während Mia durch das Dunkel des Waldes hetzte. Ihre Wölfin konnte es nicht lassen, zwischendurch immer wieder kleine triumphale Hüpfer zu machen. Begeistert erinnerte sich das Seelentier an den Geschmack von Hennings Blut auf ihrer Zunge. Endlich einmal hatte nicht sie geblutet, sondern dieser verschissene Schlappschwanz von einem Alpha. Zumal das Alphablut, auch wenn es nur ein winziger Schluck gewesen war, die Schmerzen in ihrem Körper dämpfte. Nachdem sie einer Stunde lang gerannt war, verlangsamte sich ihr Lauf und die kleine schwarze Wölfin kam auf einer Lichtung zum Stehen. Sie hechelte erschöpft und stellte die Lauscher auf, um nach eventuellen Verfolgern zu horchen. Was sollte sie jetzt tun? Wo sollte sie nur hin? Das Sauerland Rudel stand nicht zur Diskussion. Dieser Schlampe Sherin wollte sie mit Sicherheit nicht noch mal unter die Augen treten. Es sei denn, sie hätte einen schweren Baseballschläger in der Hand, um damit munter auf das verräterische Miststück einzuprügeln. Das Rheinland war zu weit entfernt, um es rechtzeitig zu erreichen... um Emma zu warnen. Da blieb nur eins! Zurück zu den Blackfords. Mia schüttelte sich und hob dann schnüffelnd den Kopf... immer noch kein Verfolger in Sicht-, oder Schnupperweite, aber die junge Omega machte sich nichts vor. Henning war nicht der Typ, der von einer Verfolgung absah. Ganz zu schweigen von Cole. Den Alpha der Eifel konnte sie nicht einschätzen, sie kannte diesen ekelhaften Typ nicht wirklich, aber Mia ahnte, dass er sich auf gar keinen Fall eine weitere Omega entgehen lassen würde.

Unruhig scharrte sie mit den kleinen Pfoten, dann schüttelte sie den Kopf... und fiel schließlich in einen weichen, weit raumgreifenden Wolfs Trab. Zurück ins Ruhrgebiet....
Mia wusste, dass sie den Schutz der Nacht ausnutzen musste. Zwar würde das Schattenspiel des Waldes sie mit ihrem schwarzen Fell auch bei Tage verstecken, aber sie wollte da dann doch lieber kein Risiko eingehen. Also lief sie schneller, rannte zwischendurch immer wieder in einem raschen Galopp, nur um bei Sonnenaufgang fix und fertig, mit raushängender Zunge hechelnd am Fuß einer großen Tanne zusammenzubrechen. Ganz egal, ob sie Verfolger hatte.. Sie konnte einfach nicht mehr! Ihr Seelentier zog sich zurück und Mia wandelte sich wieder in einen Menschen. Stöhnend streckte sie ihre Glieder und massierte sich mit einem leisen Wimmern Ihre Beinmuskeln. Göttin, verdammt! Das würde morgen einen höllischen Muskelkater geben.. Völlig erledigt sanken langsam ihre Augenlider und mit einem herzhaften Gähnen lehnte die junge Omega ihren Kopf gegen die raue Rinde des Baumes hinter sich und schlief ein. Auch wenn ihre Wölfin genauso erschöpft war, blieb das Seelentier dennoch wachsam. Während ihr Mensch sich erholte, lauschte es auf die Geräusche des Waldes und wartete.

Einige Stunden später wurde Mia durch die Unruhe ihrer Wölfin geweckt. Ihr Seelentier stand mit gesträubten Fell und gefletschten Zähnen wild knurrend in ihrem Innern in halb Acht Stellung. Jemand nährte sich... Und dieser jemand hatte es verdammt eilig! Mia erhob sich rasch und spähte in den Wald hinein. Jeder einzelne Muskel in ihrem Körper war angespannt und ihre hellblauen Augen verengten sich zu leuchtenden Schlitzen. Noch konnte sie nicht sehen... und auch nichts hören.
Und da war genau das Problem. Sie konnte nichts hören! Nicht das Rascheln der kleinen Tiere im Unterholz, kein Vogelgezwitscher. Der Wald hielt den Atem an. Und wenn ein Wald den Atem anhält, bedeutet es in der Regel nur eines: ein mächtiger Jäger war unterwegs! ‚Scheiße!' dachte die junge Frau und wandelte sich rasch in ihre kleine schwarze Wölfin. Nun galt es keine Zeit mehr zu verlieren. Mit großen Sätzen hetzte sie durch den Wald in Richtung der Rudelgrenze, welche das Sauerland vom Ruhrgebiet trennte.
Für ein, zwei  grauenvoll lange Stunden hörte sie nur ihren eigenen keuchenden Atem und das Trommeln ihrer Pfoten auf den Waldboden. Die Öhrchen zurückgelegt, fing sie schließlich die Geräusche ihres Verfolgers auf. Große Tatzen, die einen schweren, mächtigen Körper in einem unglaublichen Tempo durch den Wald trugen..

Fuck, Fuck, Fuckedy, fuuuuck!!!
Das konnte doch nun echt nicht wahr sein! Sie konnte die Grenzen zum Blackford Rudel bereits in der Ferne riechen. Doch zeitgleich wusste Mia auch, dass ihr Verfolger sie einholen würde, BEVOR sie diese Grenzen überschreiten konnte. Ein unglückliches Winseln drang aus ihrer Kehle. Noch einmal holte die Omega alles was sie noch ein Kraftreserven tief in sich verborgen hatte heraus und legte noch mal einen Zahn zu. Dummerweise machte der Wolf, der sie verfolgte genau dasselbe. Sie konnte förmlich spüren, wie der Waldboden vibrierte, als ihr Verfolger zu ihr aufschloss. Im vollen Lauf traf etwas ihren Rücken wie ein Rammbock und schmetterte sie zu Boden. Der schiere Schwung ihres eigenen Tempos ließ sie etliche Meter über den Waldboden rollen, bis ein Felsbrocken sie stoppte. Für einige Sekunden war Mia völlig benommen. Ihr Kopf fühlte sich so an, als würde ein kleines Männchen mit einem Hammer darin sitzen und fröhlich die Tarantella gegen ihre Schädeldecke klöppeln.

MiaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt