Zorn

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(Triggerwarnung)
SASCHA

Langsam ließ Sascha sein Handy sinken. In seinen Ohren gelten immer noch die Schmerzensschreie und todunglücklichen Schluchzer seiner kleinen Schwester. Tränen der Trauer und der Wut glitzern in den Augen des Betas als er sein Telefon in seine Hosentasche schob und unter schweren Atemzügen anfing sich auszuziehen. Seine Augen glühten in einem hellen, goldenen Licht als sein Wolf aufstieg. Das Seelentier, halb wahnsinnig durch den Verlust war auf Blut aus! Sekunden später stand anstelle des Mannes ein Pferde großer brauner Wolf mit blonden Fellspitzen da. Die riesigen Pranken zerfurchten den Boden, dann spannte das mächtige Tier seine Hinterläufe an und preschte mit riesigen Sätzen in den Wald. Rafael und Gabriel sahen sich kurz besorgt an, dann wandelten sich die beiden Alphas in ihre gewaltigen schwarzen Wölfe und folgten ihrem Freund, um ihn von dummen Kurzschlussaktionen abzuhalten. Doch Sascha war nicht umsonst der schnellste Läufer seines Rudels. Als die beiden Alphas ihn endlich eingeholt hatten, befand er sich mitten in einem brutalen Kampf mit fünf Gamma-Wölfen der Hamburger Elitegarde. Das Brüllen, Knurren, Schnarren und Schnappen der kämpfenden hallte durch den Wald. Der Beta benötige jedoch keine Hilfe. Seine mächtigen Fänge schlossen sich mit tödlicher Kraft in die Kehle des sich ihm am nächsten befindenen Kriegerwolfes und das Blut spritzte, als Sascha mit einem einzigen Ruck seinem Gegner die Luftröhre herausriss. Dann bäumte er sich auf und schlug mit den Pranken, die Rasiermesserscharfen Sichelkrallen ausgefahren nach dem nächsten Gegner. Gabriel schüttelte schnaubend den Kopf, als nur Sekunden später die nächsten beiden Hamburger vor den Pfoten Saschas verbluteten. Der letzte verbliebene Krieger wirbelte herum und suchte sein Heil in der Flucht.

Mit einem Brüllen setzte der goldbraune Wolf an, dem Fliehenden hinterher zu jagen, doch ein scharfes Kläffen Gabriels ließ ihn innehalten. Knurrend drehte Sascha sich herum und wollte, gefangen in der Kampfeswut seinem Alpha an die Kehle gehen. Doch die gewaltige Aura, die die beiden umgab zwang den Beta in die Unterwerfung. Rafael wandelte und hockte sich vor seinen besten Freund. Traurig betrachtete der Mann den goldbraunen Wolf aus dessen Kehle ein leises, gequältes Jaulen und Winseln kam. Der Alpha seufzte leise auf, dann sagte er: „Ach, Sascha... Wandel dich!" Ein Alpha Befehl schwang in diesen Worten und lies den Beta keinerlei andere Wahl als wieder seine menschliche Form anzunehmen und schließlich hockte er mit bebenden Muskeln und einem Blick voller rasendem Schmerz auf dem Boden.
„Mein Freund... ich kann mir deinen Schmerz nicht mal ansatzweise vorstellen. Die Kämpfe haben noch nicht richtig angefangen und schon mussten wir einen grauenvollen Verlust beklagen. Aber ich schwöre bei der Mondgöttin, wir werden Nils rächen. Und diese verschissenen kleinen Hamburger Wichser in Stücke reißen. Du und Sam... Ihr seid nicht allein! Unser Rudel,...wir alle werden immer an eurer Seite sein. Wir sind eine Familie. Und jetzt, mein Bruder... lass uns diese feigen Scheißer über den Jordan schicken!" Sascha knirschte mit den Zähnen, seine Lippen waren fest zusammengepresst und seine Atmung ging mühevoll. Die sonst so lachenden, blauen Augen schien aus Eis zu bestehen. Eine tiefe, gnadenlose Kälte leuchtete daraus mit eiserner Entschlossenheit seinen Alphas entgegen.

Kurz erlaubte der junge Mann sich einen Moment der Trauer. Seine Gedanken kreisten um seinen getöteten Bruder... Nils war aus dem Hinterhalt ermordet worden. Von dem Hamburger Alpha Sohn und dessen Beta... Diese beiden Göttin verfluchten Feiglinge hatten ihm eine Silberkugel in den Rücken gejagt, Sherin befreit und dem am Boden liegenden, schwer verletzten Mann dann mit einem silbernen Messer die Kehle durchgeschnitten. Sein Leichnam war zwei Tage später in einer der Zellen gefunden worden. Die zurückgebliebenen Deltas hatten ihm - wie es im Rudel Sitte war - eingeäschert und die Asche dann in der Nacht im Wald verstreut, um seine Essence der Mondgöttin zurückzugeben. Schwer atmend hob Sascha den Kopf und sah Rafael tief in die Augen. „Coles Leben gehört mir," sagte er leise und fest entschlossen. „Es ist mir völlig egal, wer sonst noch einen Anspruch auf darauf hält. Ich werde diesen kleinen Feigling töten. So langsam und qualvoll wie nur irgend möglich!" Rafael und Gabriel nickte zustimmend und auch der Beta bekräftigte diesen Schwur mit einem Nicken. „Dann lasst uns jagen gehen," knurrte er. Die beiden Männer wandeln sich wieder in ihre riesigen Seelentiere, warfen die Köpfe in den Nacken, vereinten ihre Stimmen mit Gabriels und ihr lautes Klagelied hallte durch den noch stillen Wald.

Nur wenig später stimmten hunderte und aberhunderte Kehlen in den schaurigen Gesang ein und aus dem Klagelied wurde ein Schlachtruf. Wild, wütend und voller Hass riefen sie ihren Gegnern ihre Herausforderung entgegen. Zwischen den Bäumen hindurch kamen sie... die drei vereinten Rudel des Ruhrgebiets, Sauerlandes und Rheinlandes. Drei schwarze und ein goldener Alphawolf schritten an Rafael und Gabriels Seite. Die Blackford Drillinge und Jackson neigten in Respekt und Mitgefühl die Köpfe vor dem trauernden Betawolf, dann erregte ein Geräusch weit hinten im Wald ihrer aller Aufmerksamkeit. Es war ein hämisches und schadenfrohes Gelächter... und Sascha rastete aus. Der Laut, den er von sich gab, war weder menschlich noch tierisch. Ein dämonisches Brüllen kam aus seiner Kehle, dann grub der braune Wolf seine Krallen in den Boden und schnellte vorwärts. Saschas Seelentier hatte übernommen und dieses war nicht mehr zur Vernunft fähig. Eiskalte, gnadenlose Wut brannte in seinen Adern, das wilde Bedürfnis, seine Zähne die Gegner zu schlagen, ihnen die Gliedmassen heraus zu reißen, ihr Blut auf der Zunge zu schmecken.
Aarons schokoladenbrauner Wolf verdrehte genervt die Augen, kurz bellte er und jagte seinem Beta-Kollegen hinterher, damit dieser nicht sehenden Auges in eine Falle hineinpreschte. Nur etwa 1 Minute später erscholl aus der Richtung, in die die beiden gerade abgepeest waren ein Knurren, Heulen und Schnarren ... und dann war Stille.
Unruhig winselte Olivers hellbrauner Wolf und zögernd setzte er Pfote für Pfote vorwärts, um hinter seinem besten Freund herzuschleichen. Jax drehte den Kopf und der goldene Alpha knurrte einen Befehl. Frustriert jaulte Oliver leise und setzte sich auf seinen Hintern. Die Lauscher steil aufgerichtet fixierte er die Stelle des Waldes, wohin sein Freund verschwunden war. Ein schleifendes Geräusch erklang und dann erschien ein schokoladenbraunes Hinterteil und schließlich der ganze Rest des braunen Wolfes, der einen zweiten am Nackenfell hinter sich her zog.
Aaron wandelte und hievte sich den bewusstlosen Riesen auf die Schulter. Dann trat er vor dessen Alphas und legte Sascha behutsam vor Rafael und Gabriel nieder. Ein wenig zerknirscht betrachtete der Beta des Rheinrudels die Sauerländer Alphas und sagte: „Es könnte sein, dass ich ihm etwas zu hart erwischt habe. Dafür entschuldige ich mich... Aber es ging leider nicht anders. Ich hab ihm auf dem Felskamm eingeholt und von dort hat man eine kurze Sicht auf unsere Feinde. Der Drecksack, der da sich einen abgewiehert hat, war dieser hinterlistige Feigling, Cole. Sascha wollte gerade einen auf Flughörnchen machen und einfach die Klippe runtersegeln, um sich auf diesen Pisser zu stürzen... Ich hab ihm ziemlich hart getackelt und ich fürchte, er ist dann mit dem Kopf gegen einen Felsen gekracht."
Raphael wandelte und hockte sich vor seinen Beta. Kurz strich er über dessen Kopf und untersuchte die Platzwunde. Dann murmelte er: „Der Göttin sei Dank... Sascha hat den größten Dickschädel, den man sich vorstellen kann. Der wird wieder... trotzdem wird er mit Sicherheit noch ein paar Minuten bewusstlos sein. Bitte bleib bei ihm, bis er wieder auf allen vier Pfoten stehen kann. Dann kommt uns nach. Wir treffen uns am Feldkamm. Wollen wir doch mal sehen, mit wem wir es zu tun bekommen. Ace, Markus? Ihr schnappt euch jeweils ein Hunderterbataillon und durchkämmt den Wald an unseren Flanken. Nur für den Fall, dass sich diese feigen Hunde aufgeteilt haben und uns in den Rücken fallen wollen. Der Rest... uns hinterher!"

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