ⵌ1

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Ugly Words


Vorsichtig laufe ich die kleinen Stufen hoch und stelle mich hinters Pult, meine Augen fliegen durch die unzähligen Menschen, die heute hier erscheint sind.

Die einen Weinen, die anderen haben ein leichtes Lächeln auf den Lippen, während andere einfach emotionslos da stehen, genau wie ich, ich stehe hier, ohne jegliche Ahnung, was ich jetzt erzählen soll, weil ich ganz genau weiß, das es eigentlich nichts zu erzählen gibt.

Ich halte leere Blätter in der Hand, um den Eindruck zu erschaffen als hätte ich was geschrieben, als hätte ich mir ernsthafte Gedanken darüber gemacht, was ich jetzt sagen will, aber das hab ich nicht.

Meine Mutter schaut mich erwartungsvoll an, auch wenn sie vorher zu mir gesagt hat, dass es Okay sei, wenn ich es nicht schaffe.

Allerdings bin ich mir nicht sicher was sie zu nicht schaffen zählt, ich würde es schaffen, wenn ich was zu sagen hätte, wenn ich ernsthaft was sagen wollen würde.

Aber was soll man über seinen Vater erzählen, der sich das Leben ein Tag vor dem Geburtstag seiner Tochter nimmt?

Danke für das schöne Geschenk?

Soll ich aus schönen Momenten mit ihm aus meinem Leben erzählen? Oder soll ich erzählen, wie ich ihn gesehen hab, wie er sich den Alkohol den Hals runterkippt.

Er war kein schlechter Vater, aber ich bin mir nicht sicher, ob er ein guter Vater war.

Ein guter Vater kümmert sich um seine Familie und geht nicht lieber in eine Bar, gleichzeitig war er für mich und seine Frau da, nur einfach nicht immer.

Er hat mit mir Ausflüge gemacht, auch wenn er bei diesen nicht immer ganz Nüchtern war. Immer wieder hat er gesagt er hört auf damit, er dachte vielleicht das ich den Geruch aus seinem Mund nicht zuordnen kann, aber das konnte ich sehr gut.

Mit spätestens 17 sollte man wissen wie Alkohol riecht, und wie sich eine Betrunkene Person verhält. Und ich bin mir ziemlich sicher das sich ein Vater nicht so verhalten sollte, wie es meiner getan hat.

Aber jetzt stehe ich hier mit 24 und es wird von mir erwartet, das ich etwas über meinen Vater erzähle, der sich vor knapp 2 Wochen das Leben nahm, ein Tag vor meinem Geburtstag.

Er hätte auch einfach warten können, will man nicht noch wenigstens den Geburtstag seiner Tochter mitbekommen? 24 ist kein besonderes Alter, aber er sollte doch trotzdem Bedeutungsvoll genug sein, das man sich nicht 1 Tag davor dazu entscheidet, den Planeten Erde zu verlassen.

Als mir die vielen Blicke langsam unangenehm werden, laufe ich wieder die kleinen Stufen runter, und stelle mich stumm zurück in die Reihe und lasse mir nichts anmerken.

Meine Mutter greift nach meiner Hand welche sie fest drückt während ihr Tränen aus den Augen laufen.

Vielleicht sollte ich auch anfangen ein bisschen auf die Tränendrüse zu drücken, damit man mir ansieht wie nah mir der tot meines Vaters geht, ich kann schlecht zugeben, das mir keine Träne an den Gedanken kommt.

Ich bin nicht fröhlich, aber auch nicht traurig, auch wenn das doch immer erwartet wird, wen jemand stirbt, auch wenn sich mein Vater dazu selbst entschieden hat, jetzt zu Sterben.

Vorne steht wieder der selbe alte Mann wie vorhin, aber ich höre ihm nicht wirklich zu.

***

Mittlerweile ist es 17 Uhr, ich stehe vor dem Grab auf dem der Name meines Vaters eingraviert ist, alle von der Beerdigung eben haben ihre Blumen und andere Sachen dazu gestellt, damit es weniger leer aussieht.

𝐔𝐆𝐋𝐘 𝐖𝐎𝐑𝐃𝐒 - Rindou x Reader ¡ Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt