Als der Frühling kam, verlor der Amon Rûdh seine weiße Haube. Stattdessen blühte das Seregon-Feld in roter Farbe. »Als ob Blut auf der Bergspitze vergossen worden wäre«, hatte einer von Túrins Männern gesagt, aber Beleg hielt sich vor, den Ort nicht mit so großer Abscheu zu betrachten.
Trotzdem wollte er hier weg. Er hatte seine Gefährten in Doriath im Stich gelassen und das Gerücht keimte auf, dass Morgoths Schergen bereits bis nach Dimbar vorgerückt wären. Túrin erneut zu verlassen stand allerdings nicht zur Wahl und so hatte sich Beleg bemüht, ihn zu überzeugen, das Versteck bei den Zwergen zu verlassen.
»Die Menschen in Brethil brauchen uns. Dort wärt ihr auch alle willkommen. Ihr müsstet euch nicht im Berg verkriechen wie die Zwerge.«
Zwar war Beleg ebenfalls in den Grotten von Menegroth unter der Erde aufgewachsen, doch die dunklen, engen Gänge der Naugrim-Minen irritierten ihn. Die Elben hatten schon immer das Licht in ihrem Leben benötigt. Schon bevor Sonne und Mond am Himmel standen, hatten Vardas Sterne geschienen.
Und Menschen brauchten es ebenso. Es war kein Wunder, dass die Gaurwaith in den feuchten und stickigen Höhlen hier krank wurden.
Túrin verengte die Augen und blickte zur Seite, als würde er auf ein Geräusch hinter ihm lauschen. Beleg wusste, was er dachte. Er vertraute Mîm noch immer, dieser misstrauischen kleinen Kreatur, und hatte Mitleid mit ihm. Wenn sie gingen, wäre der selbst für seine Art alte Zwerg mit seinem Sohn allein und müsste sich selbst versorgen. Seit Túrins Geächtete seinen zweiten Sohn getötet hatten, fühlte er sich für ihn verantwortlich und befahl allen, Essen und Decken mit den Zwergen zu teilen. Beleg gefiel nicht, wie sehr Mîm seinen Freund im Griff hatte, er misstraute dem Zwerg, was auf Gegenseitigkeit zu beruhen schien.
Doch noch etwas Anderes beherrschte wieder einmal Túrins Blick: Stolz. Er hatte das Geschehen in Doriath noch nicht verziehen und wollte nicht zu Thingol zurückkehren, wiewohl sein König und Vater ihn ausdrücklich darum gebeten hatte.
»Ich kann nicht gehen. Meine Männer und ich bezahlen die Schuld ab, die wir uns durch Khîms Tod auferlegt haben.« Von Thingol und Doriath sprach er, wie immer, nicht.
Beleg ließ enttäuscht die Schultern hängen. Ein letzter Versuch war ihm geblieben, Túrin zur Rückkehr zu bewegen und alles hing von dem ab, was er aus Menegroth mitgebracht hatte.
»Hier«, sagte er. »Ein Andenken aus alter Zeit.«
Er ging hinüber zu dem Bündel, das immer noch zwischen den Krankenbetten aus Stein lag und holte den Helm heraus. Der graue Stahl leuchtete immer noch kräftig, trotz der langen Verwahrung, und die goldenen Verzierungen blitzten wie Flammen. Der Kopf des Drachen Glaurung war genauso wie Beleg ihn aus der Nirnaeth Arnoediad, der Schlacht der ungezählten Tränen, in Erinnerung hatte. Dort war der Helm von Azaghâl dem Zwergenfürst getragen worden, den Beleg auf dem Schlachtfeld nicht gesehen hatte, jedoch war er mit seinem Vorbild, dem großen Drachen selbst, bekannt. Elben und Menschen hatten vor ihm gezittert und die Zwerge sein Gesicht so lebensecht nachgebildet, dass es einer grausigen Spiegelung glich.
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Edennil (Herr der Ringe/Silmarillion Fanfiction)
FanfictionEdennil - Freund der Menschen Nach der Schlacht der Fünf Heere begibt sich Legolas auf die Suche nach dem geheimnisvollen Streicher, den sein Vater erwähnte. Dabei findet er nicht nur eine Freundschaft fürs Leben, sondern auch ein zweites Zuhause. Z...