Elegie auf einen Freund

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Gwindor hatte Schlafwandler zuvor gesehen, doch nie war ihm etwas wie Túrin begegnet

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Gwindor hatte Schlafwandler zuvor gesehen, doch nie war ihm etwas wie Túrin begegnet. In den Minen von Angband hatte es halluzinierende Menschen gegeben, die unablässig zitterten und schrien und ihre Köpfe an den Steinwänden einschlugen. Sie hatten ihm nicht halb so viel Angst eingeflößt, wie Túrin es jetzt tat.

Wie ein besitzerloser Hund trottete der Mensch hinter ihm her, er bedurfte keiner Führung und doch schien er nicht sehen zu können, wohin er ging. Er folgte Gwindor, ohne ihn jemals anzuschauen.

In der dritten schlaflosen Nacht, die sie verbrachten, versuchte Gwindor die grauenhafte Stille zu brechen. »In der Nirnaeth Arnoediad führte ich eine kleine Schar Elben in die Schlacht«, begann er zu erzählen.

Túrin reagierte nicht, blickte nur starr geradeaus.

»Wir waren stark. Aber Morgoths Schergen waren vorbereitet. Sie brachten meinen Bruder, Gelmir, er war noch am Leben. Dann...« Gwindor zögerte und senkte den Kopf, wobei ihm sein schütteres weißes Haar in die Augen fiel. »Dann schändeten sie seinen Körper und erschlugen ihn vor unseren Blicken. Ich war, ich war von Sinnen.«

Er rang um die richtigen Worte, doch keine Sprache konnte beschreiben, was er in diesem Moment gefühlt hatte. »Völlig wahnsinnig leitete ich meine Truppe in den Kampf, wurde gefangen genommen. Ich verbrachte vierzehn Jahre als Sklave. Sieh dir an, was aus mir geworden ist. Du willst diesem Schicksal nicht begegnen. Beleg ist dafür gestorben, dass du das nicht musst. Bei den Valar, trauere um ihn. Aber komm zu dir, Túrin. Komm ans Licht.«

Gwindor hatte es nun doch gewagt, ihn anzufassen und seine Schultern geschüttelt. Eisern hielt Túrin dagegen, nur sein düsterer Blick verriet, dass er überhaupt etwas davon wahrnahm. Der Elb erschauderte unter dem unberechenbaren, kalten Glanz der stahlgrauen Augen und fiel auf die Knie zurück.

»Ae Adar nín i vi Menel*«, murmelte er erstickt. »A Elbereth.«

Er konnte Túrin nicht retten, nur die Valar vermochten das nun. Und er konnte nicht länger schlafen, bis es geschehen war.

»Komm, wir brechen auf.«

Er ging voraus, wissend, dass Túrin nie weit hinter ihm blieb. Sie mussten die Quellen von Ivrin noch heute erreichen, sonst wäre er am Ende genauso verrückt wie Túrin. So liefen sie weiter, immer näher zum Schattengebirge. Mit ihnen zog die Morgendämmerung und als sie die Gewässer endlich erblickten, ging die Sonne auf.

»Eithel Ivrin«, sagte Gwindor atemlos, erwartete aber nicht, dass Túrin ihm antwortete.

Vor ihnen erstreckten sich die Teiche Ivrins, die von den Quellen des Schattengebirges gespeist wurden, wie goldene Taler im Morgenlicht. Ein fernes Rauschen zog Gwindors Blick zu den Wasserfällen; weiß glitzernd wie Eis stürzten sie in ein helles Steinbecken, in welchem das Wasser sich grün wie der Wald ringsum färbte. Gesegnet von Ulmo war dieser Ort wahrhaftig und das endlose Gelächter der fallenden Gewässer erfüllte Gwindors Herz mit Erleichterung. Hier würde Túrin Heilung finden.

Edennil (Herr der Ringe/Silmarillion Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt