"Ruby, hörst du mir überhaupt zu?", fragte Allison leicht verärgert. "Ich? Ja klar....Worum gings?", fragte ich verschlafen. Ich hatte höllische Kopfschmerzen und wollte einfach wieder ins Bett, da ich definitiv ein bisschen mehr Schlaf benötigte als zwei Stunden. Außerdem brauchte ich meine von der letzten Nacht noch übrig gebliebene Hirnkapazität, um zu verarbeiten oder besser gesagt, um mich selbst dafür fertig zu machen, was ich gestern getan hatte. Was wir gestern getan hatten. Ich hatte Jake geküsst und er mich. Und danach war ich einfach aufgestanden und gegangen, ich blöde Kuh. Ich glaube, ich hatte Angst bekommen und hab den verdutzten Jake einfach auf der Couch sitzen gelassen. Kurz danach waren schon ein Großteil der Gäste gegangen, Jake war einer der Ersten. Allison und ich hatten dann noch alles aufgeräumt und waren dann todmüde ins Bett gefallen. Bis Allison mich vor einer halben Stunde wachklingelte und irgendwas von 'muss dir was wichtiges erzählen' und 'zwei Stunden Schlaf reichen völlig aus' murmelte. Mit diesen Worten hatte sie mir die Decke weggezogen und mein Protestieren nur mit einem Grummeln abgetan. Seitdem saß ich nur halb anwesend am Küchentisch und exte meinen mittlerweile dritten Kaffee. Seit dieser Zeit hatte ich kaum etwas von dem mitbekommen, was Allison für so wichtig erachtet hatte, dass sie es nötig sah, mir wertvollen Schlaf zu rauben. Aber ich vermutete stark, dass es die ganze Zeit nur um Noah ging. Was ich verstehen konnte, weil die Party gestern für beide einen wichtigen Wendepunkt dargestellt hatte. Aber war das wirklich ein Grund, mich zu wecken? Konnte ich ihr im wachen Zustand nicht sowieso besser zuhören? Ich beschloss, einfach auf eine Antwort ihrerseits zu warten. Obwohl Allison genervt die Augen verdrehte, machte sich ein amüsiertes Lächeln in ihrem Gesicht breit. Die Frage, worum es nochmal ging, hatte ich in den letzten zwanzig Minuten nämlich schätzungsweise zwölf mal gestellt. "Alsooo", fing Allison so langsam an, als wäre ich nicht nur müde sondern auch schwerhörig. "Es geht darum, dass ich absolut keine Ahnung habe, ob Noah das gestern so ernst genommen hat, wie ich. Weil, und das weißt du, ich hab das verdammt ernst genommen. Und ich weiß nicht wie ich das einschätzen soll, weil ich ihn wirklich liebe und wenn er das nicht tut will ich nicht in ein Fettnäpfchen treten indem ich ihm jetzt schreibe oder sowas, weil er ja auch nicht gerade dafür bekannt ist, wenig Mädchen am Haken zu haben und wenn er das gestern nur gespielt hat würde ich das schon gerne wissen bevor ich irgendwas peinliches mache oder sage und ich dann komplett abgeschrieben bei ihm bin". Wow. Das war der absolut längste und für ein verkatertes Ich absolut unverständlichste Satz, den ich je gehört hatte. Also startete ich bei dem Part, den ich noch nachvollziehen konnte. "Warte, du glaubst, er hat das, und ich betone das, nur gespielt? Ist das dein verdammter Ernst? Ich habe sowohl dich als auch Noah noch nie so glücklich erlebt. Und Jake sagt das gleiche. Er hat gesagt, Noah steht schon seit Anfang des Schuljahres auf dich. Ich bin euch dafür echt dankbar, sonst wäre ich nie so nett mit Jake ins Gespräch gekommen. Aber gleichzeitig auch nicht, weil wir uns sonst nie geküss-". Verdammt. Verdammt, verdammt, verdammt. Mir war von Anfang an klar gewesen, dass ich es Allison irgendwann sagen würde. Aber das es mir ausgerechnet jetzt und untergegangen durch mein wirres Gerede herausrutschen würde, damit hatte ich weder gerechnet, noch war ich darauf vorbereitet. Und wie wenig ich darauf vorbereitet war, zeigte Allison mir im nächsten Satz. "Du hast was? Ihr habt was? Er hat was? Hab ich das gerade richtig verstanden? Du hast Jake geküsst? Gestern Abend? Wieso erfahre ich das erst jetzt?". Allisons Stimme war während dem Haufen an Fragen erst hysterisch kreischend gewesen, was meinem Kopf nicht gerade gutgetan hatte. Später hatte sie immer vorwurfsvoller geklungen. Bei dem Tonfall tat sie mir fast leid. Jedenfalls so lange, wie ich brauchte, um zu realisieren, dass der Kuss erst vier Stunden her war. "Komm, das ist erst vier Stunden her! Außerdem wär das verdammt blöd rübergekommen, wenn ich direkt zu dir gerannt wäre, oder? Wobei das, was ich getan habe, war auch nicht gerade rekordverdächtig zwischenmenschlich", murmelte ich, immer noch beschämt, dass ich einfach gegangen war. "Rubina, was hast du getan? Ich will alles! Verstehst du? Jedes noch so kleine Detail". "Wenn ich dafür auch die ganze Geschichte bekomme? Mich würde brennend interessieren, was in der Besenkammer abgelaufen ist!", sagte ich leicht lächelnd. Vielleicht konnte ich aus dieser peinlichen Story ja doch noch etwas positives ziehen. "Deal. aber du fängst an", sagte Allison, die mich noch immer streng ansah. "Na gut. Du weißt doch noch, als du und Noah die Gäste von oben ferngehalten habt?". Allison nickte abwartend. "Währenddessen bin ich wieder ins Wohnzimmer gegangen und hab mich neben Jake auf das Sofa gesetzt. Dann haben wir uns ein bisschen über die Party, beziehungsweise über deine Idee, die Party zu veranstalten, geredet. Dabei hat er auch kurz Elody erwähnt und ich habe die Chance genutzt, ihm zu sagen, dass es mir leid tut. Er hat sich bedankt und dann haben wir beide eine Weile lang nichts gesagt. Auf einmal kam er dann damit an, dass er schon so gut wie jedes Mädchen hier auf der Party geküsst hätte außer mich. Und ich war absolut zu fertig, um irgendetwas konstruktives zu antworten, deshalb hab ich einfach gesagt 'Dann tu es doch'. Und dann hat er es getan. Und es war wirklich schön. Aber ich hab's total vergeigt. Ich war so überfordert und bin dann einfach gegangen. Verdammt, er will bestimmt nie wieder mit mir reden!", beendete ich meinen Bericht. Das kleine Detail, dass mich währenddessen wieder ein gruseliges und absolut unerklärbares Deja-vu heimgesucht hatte, ließ ich dabei weg. Allison hatte mit dieser Information schon genug zu tun. "Aaaww! Du Idiotin! Aber aawww! Du hattest die Chance deines Lebens und du hast sie versaut. Wieso gehst du denn einfach? Was ging in deinem Kopf vor?", fragte sie. Ich konnte ihr keine ihrer Fragen beantworten. Nicht einmal annähernd. Ich zuckte nur mit den Schultern. Auf einmal fühlte ich mich nicht nur müde, sondern auch verzweifelt. Und ich wusste nicht, ob es diese armselige Verzweiflung war, oder das plötzliche Adrenalin, da meine Kaffees endlich Wirkung zeigten, aber ich entschied mich dazu, das letzte bisschen Information auch noch auszuspucken. "Ich konnte mich daran erinnern, dass ich Jake geküsst habe. Also, dass ich ihn schon einmal geküsst habe". Allisons Gesichtsausdruck wechselte von leichter Empörung zu ernsthaftem Interesse. "Langsam wird das echt gruselig. Vielleicht sollten wir Jake fragen. der ist was Elody angeht zwar immer etwas empfindlich, kennt sich aber besser aus als jeder andere. Kaum einer hat die Familie Black je so nah kennengelernt. Niemand hatte je die Chance dazu". "Meinst du wirklich, dass das eine gute Idee ist? Soll ich zu ihm hingehen und sagen 'Hey, ich hab Erinnerungen von deiner toten Freundin. Das ist ganz normal und auch überhaupt nicht besorgniserregend, aber könntest du mir vielleicht etwas über sie erzählen? Mich interessiert was ich bin'". Ich sagte das in einer ironischen Stimme, doch Allison bedachte mich mit einem Lächeln. "So würde ich es sagen".
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DIE TWICE
FantasyAls Ruby nach Minnesota zieht, begegnet sie nicht nur Jake, der noch immer den Tod seiner Freundin verarbeitet, sondern hat auch das Gefühl, dass sie das alles schon einmal erlebt hat. Schnell wird ihnen klar, dass Ruby und Elody, Jakes tote Freundi...