Deiner. Nicht meiner.

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Vor ihr tat sich ein riesiger See auf, welcher einzig und allein auf den Weg, auf welchem sie immer noch wanderte, getrennt wurde. Er wirkte fast wie eine Brücke, an welcher sich seitlich einzelne Äste zu einem niedrigen Geländer verflochtenen. Lagunenblau war das Wasser, glasklar, sodass man bis zum Grund blicken konnte, während die Oberfläche die Umgebung mit ihren hohen Bäumen widerspiegelte. Geradewegs reichte die Brücke zu einer hochgewachsenen Baumreihe, dessen Blätter sich erst an der Spitze zeigten und zusammenwuchsen. Es schien, als wären alle Bäume Teil eines Ganzen, so wuchsen kleine Äste zwischen den Baumstämmen zusammen und formten einen grazilen Zaun, welcher nur zwischen dem Weg durchbrochen wurde. 

Stattdessen wuchsen hier die Äste weiter hoch, trafen sich erst weiter oben und formten ein Tor, welches um einige Male höher war, als Flora selbst. Konnte man von weiten zwar erahnen, was dahinter lag, doch je näher sie kam, desto mehr erschien, ehe sich hinter dem Durchgang die ganze Pracht des Waldes auftat. Sie konnte kaum realisieren, wie vertraut die Natur auf sie wirkte. Rechts und links wuchsen Bäume in einer langen Allee, dessen Rinden ein graziles und elegantes Muster formten, anstatt die üblichen Einkerbungen. Wie die schönsten Säulen reichten sie empor, ließen die Umgebung fast schon wie eine riesige Halle wirken. Ähnlich einem Thronsaal, welcher einem Palast von Linphea, den Planeten der Natur würdig war. So fand sich deutlich weiter hinten nur kein Thron. Vielmehr war an diesem Platz eine nahezu riesige Esche, mit einzelnen Knospen und erblühten Ästen und Blättern, welche bewiesen, wie lebhaft diese Pflanze war. Bei der Größe müssten der Baum weit über tausend Jahre alt sein, als wäre es das erste Gewächs, welches dieser Planet je gesehen hatte. Müsste er eigentlich meterhoch über den restlichen Wald ragen, doch hatte Flora selbst aus der Ferne noch nie diese Baumkrone erkennen können. Es war, als würde dieser Teil des Waldes selbst von der Natur verdeckt gehalten werden.

„Du hast lange auf dich warten lassen."

Eine männliche Stimme erklang. Ruhig, als wenn sie mit dem Wind fließen würde und doch ungewöhnlich. Es wirkte, als würde die Stimme nachhallen, parallel sprechen, doch ohne wirklich etwas zu verstehen. Als würde eine andere Sprache gesprochen werden, welche die Worte, welche sie verstand, betonen würde. Flora konnte nicht genau sagen, woher die Stimme kam, hallten die Laute doch durch jeden Winkel des Waldes. Sie sah sich um, versuchte zwischen den Baumsäulen jemanden zu erkennen, doch vergebens. Erst ein sanftes Rauschen, welches an ihr vorbeizog, lenkte ihre Aufmerksamkeit wieder nach vorne. Fast schon in Zeitlupe wirbelte der Wind die Blätter von Boden auf, trieb sie zusammen und formte langsam einen Wirbel, welcher sich direkt vor der Esche erhob und auf gleiche Höhe und Breite anwuchs. Die Blätter verdichteten sich, formten langsam eine Gestalt, ehe sie immer mehr ineinander übergingen und langsam verblassten. Stattdessen war eine goldene Silhouette zu sehen, erst transparent durchsehend, ehe sich leuchtende Adern hervortaten, die Gestalt überzogen, sie weiter formten. Feine Linien zierten erst die Arme, ließen diese erkennbar sichtbarer werden, undurchlässiger, ehe die Adern den Hals hinauf zum Kopf wanderten. Sie stiegen auf, kreuzten ihre Wege und formten ein für Flora unbekanntes Zeichen auf der Stirn, welches ebenso schnell wieder verschwand, wie es entstand. Im Austausch wuchsen zwei dunkelbraune Äste zwischen den Haaren hervor, wirkten majestätisch wie ein Geweih zwischen den sonst beigen Haaren. Einige kürzere Strähnen schmiegten sich rechts und links am Gesicht entlang, während ein Teil der Haare hinterm Kopf zusammengebunden war und die restlichen langen Haare über die Schultern liegen ließ. Während sich die restlichen Blätter wie einen Schleier an die Haut des heroischen Körpers schmiegten, wie eine grazile Robe hinüberfiel, kam ein männliches Gesicht mit geschlossenen Augen zum Vorschein. Eine schmale Nase führte zum Mund, welcher bei genauerer Betrachtung langsam ein Lächeln formte. Schlagartig öffnete er die Augen. Wie zwei leuchtende Bernsteine strahlten sie Flora entgegen. Von Weitem wirkte er riesig, reichte fast an die Größe des Baumes hinter ihm heran, doch um einiges mächtiger. Prüfend munterte er sie, doch immer noch mit dem leichten Lächeln auf den Lippen, welches sich nicht veränderte.

Das Vermächtnis der Vergangenheit; WINX ff.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt