So viel wie nötig und so wenig wie möglich

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Es war komisch. Komisch zu wissen, dass eine Schülerin umgekommen ist, dass da etwas Größeres auf sie wartete, dass sie fürs Erste nicht mehr aus sechs, sondern nur noch aus Dreien bestehen würden. Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch schritt Musa durch die Flure von Alfea, nur einen Schritt hinter Tecna und Layla. Sie sah zur Fee der Technologie. Konzentriert wie immer schritt sie den Weg entlang zum Klassenzimmer, doch anstatt im Moment über die Unterrichtsstruktur und schon direkt über die Inhalte der nächsten Stunde nachzudenken, waren auch ihre Gedanken bei den Ereignissen. Das zeigte sich ganz deutlich durch ihre Denkfalten auf der Stirn. Nach der ganzen Zeit, welche Musa zusammen mit Tecna sich ein Zimmer geteilt hatte, konnte sie ihren Gesichtsausdruck recht gut erkennen und lesen. Sie verzog ihre Stirn zwar immer in leichte Falten, wenn sie überlegte, was sie fairerweise gesagt durchgängig tat, doch spitzte sie momentan zusätzlich ihren Mund nicht zusammen, so wie wenn sie etwas bedrückte. 

So war es auch an diesem Morgen, obwohl das Unwetter vorüber war und die morgendlichen Sonnenstrahlen die Feenschule in seinen hellen gelben Tönen erleuchtete. Vor der Nische, in welcher die Tür zum Klassenzimmer war, kamen die drei zum Stehen. Layla war sichtlich nervös, was sie durch ihr Auf- und Abtippen des Fußes bemerkbar machte, wenn auch unbewusst. Nachdem sie gestern von der Roten Fontäne zurückkehrten, zog sie sich direkt die Sportschuhe an und lief drei Stunden am Stück. Zwar nur innerhalb der magischen Kuppel, weshalb sie die Schule und sicherlich jeden einzelnen Stein der Mauer nun auswendig kannte, doch offenbar immer noch nicht lange genug, um den Kopf freizubekommen oder das, wonach sie suchte, in diesen zu bekommen. Musa wusste, dass ihre Freundin sich schuldig fühlte, auch wenn sie und die anderen Winx ihr mehrmals versichert hatten, dass es nicht so war. Irgendwann hätte jemand diesen Tempel entdeckt, irgendwann wäre sicher all dies passiert. Irgendwo ist das Layla bewusst. Doch zu viele Emotionen, zu viele Gedanken schwirrten noch in ihrem Kopf herum, hinderten sie daran mit der Entschlossenheit, welche man sonst von der Fee kante, an die Situation heranzugehen. Hinderten sie daran, die Stärke aufzubringen, welche sonst in ihr war. Sie wusste, sie würde es schaffen, würde nicht alleine sein, auch wenn ein Teil in ihr versuchte, ihr etwas anderes einzureden. Aber diesen kleinen Stimmen wollte sie keine Aufmerksamkeit schenken, auch wenn es ihr schwerfiel. Sie hatte ihre Freundinnen und sie würden zusammen auch dieses Abenteuer bestreiten. Zusammen würden sie es schaffen. Wie immer. 

„Ihr wisst, es werden Fragen kommen.", sagte Musa mit einer leichten Unsicherheit in ihrer Stimme und sorget somit dafür, dass Layla wieder nervöser wurde. 

„Und was sollen wir ihnen sagen?" Überfordert, wissend, dass es so viel zu erzählen gibt, was eigentlich nicht an die Öffentlichkeit sollte. Sie wollten ihren Schülerinnen nichts verheimlichen und sie gleichzeitig schützen und nicht mit dem Unheil belasten wollen. Beide blickten zu Tecna. 

„So viel wie nötig und so wenig wie möglich." Noch ein Mal atmeten sie tief ein und gingen anschließend in Klassenraum. Wie gewohnt war das Getuschel der Mädchen zu hören, noch ehe jemand durch die Tür ging, doch dieses mal ohne die Gelächter. Direkt und dem Moment, als die drei das Klassenzimmer betraten, wurde es still, alle Blicke auf sie gerichtet. Fragende Gesichter bedrängten sie schon fast so sehr, dass es ihnen schwerfiel, weiter in den Raum zu treten. Musa schloss die Tür hinter sich und gesellte sich zu ihren Freundinnen, welche sich schon vor die Klasse gestellt hatten, anlehnend an dem großen Pult. Es war ein komisches Gefühl, welches im Raum umher ging. Niemand wusste so recht, wer zuerst etwas fragen oder sagen sollte, weder die Winx noch die Schüler. Zwar hatte Faragonda schon mit allen Schülerinnen geredet, doch auch die Winx fühlten sich verantwortlich, etwas mehr als nur ein paar Worte vor allen zu sprechen. So blickten sie in die Gesichter der Klasse vor ihnen. In die Klasse, in welcher ein Platz in der vorletzten Reihe frei war. Ein Platz, welcher nicht hätte frei sein dürfen, wenn doch nur jemand rechtzeitig da gewesen wäre. Daneben waren traurige Gesichter, manche Schülerinnen hatten noch rote Augen, Augenringe und waren blass. Sie verstanden alle nicht, was passiert war, was passieren wird und vor allem, warum es passierte. 

Das Vermächtnis der Vergangenheit; WINX ff.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt