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ZU meiner Erleichterung hat der Wind ein wenig nachgelassen und seit zwei Stunden ist keine Flocke mehr auf die Erde gefallen, wenngleich der Himmel inzwischen wieder eine dunkle Farbe annimmt.

Ich nehme noch zwei große Bissen von dem Apfel, ehe ich ihn auf dem Weg zur Garage im Mülleimer entsorge. Schnell ziehe ich die recht dünnen Handschuhe über die bebenden Finger und husche durch den Seiteneingang in die Garage.

Ein schwaches Licht erwacht zum Leben, als ich den klemmenden Lichtschalter neben der Tür betätige. Leises Surren der Lampen begleitet meinen Weg zu einem alten Regal, in dem mein Vater Werkzeug und Schrauben aufbewahrt hat. Ich klemme die Unterlippe zwischen den Zähnen ein und lege den Kopf schräg, als ich mich durch die verschiedenen Geräte suche und immer wieder verschiedenartige Schrauben zwischen Zeigefinger und Daumen hin- und herdrehe.

Nachdem ich den Bestand in Augenschein genommen habe, und nicht schlauer bin als zuvor, greife ich nach einem grob gemischten Haufen Nägeln, einem Hammer und zwei Schraubenziehern, die ich in die Tasche meiner Jacke gleiten lasse. Bewaffnet mit – wofür auch immer ich das Zeug gebrauchen werde – mache ich mich auf den Weg in den Garten.

Der Marsch bis dahin gestaltet sich durch den knirschenden Schnee als ziemlich anstrengend und kleine, weiße Wölkchen steigen vor meinen Augen auf, als ich angehaltene Luft ausstoße.

Der Garten beginnt mit einem länglichen Beet zwischen Auffahrt und Wiese, in dem im Sommer kleine Sträucher und Blumen blühen. Mom hat es immer geliebt, sich um die verschiedenen Blumenarten zu kümmern und sie zu pflegen, sodass sie oftmals mehrere Stunden am Tag draußen verbracht hat.

Nicht selten ist es vorgekommen, dass sie morgens mit mir gemeinsam das Haus verlassen hat. Während ich sechs oder mehr Stunden in der Schule war, hat sie diese im Garten verbracht. Mit Gummistiefeln, giftgrünen Handschuhen und einer Schürze, die vermuten ließ, sie wolle aus Erde und Unkraut ein leckeres Gericht zaubern. Dad hat anschließend immer für uns gekocht und sich Geschichten über meine Klassenkameraden, und Moms Geschichten über abgeknickte Äste, surrende Hummeln und hartnäckiges Grünzeug angehört.

Es waren mir die liebsten Abende, wenn ich nach Hause zurückkehren und die aufgeweckten Stimmen meiner Eltern hören konnte. Gepaart mit dem himmlisch riechenden Essen habe ich das Gefühl gehabt, die Last der Schule mit dem Rucksack und beim Betreten meines Elternhauses ablegen zu können.

Wo zuvor hetzende Sprüche, vernichtende Blicke und üble Gerüchte meinem Tag die Freude genommen hatten, kehrte diese allmählich wieder zurück in meinen erschöpften Körper.

Ich beiße die Zähne zusammen und stapfe an dem Beet vorbei. Das Tor, welches mich auf die Wiese führen soll, quietsch verräterisch, als ich die freie Hand auf die Oberfläche lege und es aufdrücke. Der Schnee erschwert mir den Eintritt, sodass ich durch den kleinstmöglichen Schlitz nach drinnen trete.

Die großen, weißen Massen des glitzernden Moleküls lassen den Garten noch tiefer wirken. Abgesehen von der Terrasse, die sich weit zu meiner rechten befindet und von meinem momentanen Standpunkt aus kaum einsehbar ist, befindet sich nichts auf der Fläche.

Zu meiner Kindheit hat ein kleines Klettergerüst, und im Sommer ein Pool den Rasen eingenommen. Um beides herum war jede Menge Platz für meine Spielsachen gewesen. Hin und wieder hatten wir sogar die alte Tischtennisplatte aus dem Keller geholt und Stunden damit verbracht, den kleinen Ball über die glatte Oberfläche zu jagen. Anfangs hatte jeder von uns das Ziel vor Augen gehabt, die anderen zu schlagen und sich als Sieger der meisten Runden betiteln zu dürfen. Meistens waren die Spiele aber so ausgeartet, dass wir nur auf absurdeste Arten und Weisen versucht haben, die anderen möglichst lange Wege laufen zu lassen, nur um den Ball anschließend aus den Hecken, der Dachrinne oder dem Bach retten zu müssen.

Vanilleherzen ₂₀₂₂ | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt