Vanilleherzen ₂₀₂₂ | ✓

z w ö l f

DIE Aussicht auf meine Lieblingsplätzchen lässt mich nicht übersehen, dass einem Angebot ein gemeinsamer Abend folgen würde. Stunden zu zweit, in meiner Küche, in meinem Wohnzimmer. Wie Freunde. Oder mehr...

Während mein Herz allein bei dem Gedanken an diese Zeit und die Unterhaltung beginnt, schneller zu schlagen, schaltet sich mein Verstand ein und warnt mich, dass das keine gute Idee ist. Ich habe mit ihm in zwei Tagen schon gegen unzählige meiner Prinzipien verstoßen. Auch wenn ich bis jetzt nichts davon bereue, basiert das Alles auf dem Gedanken, dass er bald wieder aus meinem Leben verschwinden und all das mit sich nehmen wird, ohne mir schaden oder mich verletzen zu können. Unsere gemeinsame Zeit baut nicht auf zukünftigem Kontakt oder gar einer besonderen Nähe auf. Natürlich kann es ein einfaches, nettes Angebot von ihm sein, mit mir meine Lieblingsplätzchen zu backen. Ohne Hintergedanken oder nur, weil er sich dem noch immer verpflichtet fühlt. Fehlender sozialer Kontakt der letzten Monate macht es mir allerdings schwer, zwischen einem zuvorkommenden Angebot und einer Anfrage zu einem Date zu unterscheiden.

»Wenn wir nach Hause kommen, werde ich noch einiges zu tun haben. Ich glaube nicht, dass ich die Zeit finde...« Dass meine Antwort nicht vollständig gelogen ist, macht es mir einfacher, seinem enttäuschten Blick standzuhalten, der für meinen Geschmack etwas zu viel Entschlossenheit beinhaltet.

»Zu zweit bekommen wir deine Aufgaben für den heutigen Tag mit Sicherheit noch erledigt, sodass wir Zeit zum Backen finden. Ich habe auch eben auf dem Weg hierhin einen Supermarkt gesehen. Bevor wir aufbrechen, kann ich dort kurz Halt machen und ein paar Kleinigkeiten besorgen, sodass wir auch sicher alles haben.« Er nickt, um seine Worte zu unterstreichen und nimmt dankbar die Getränke und das Essen an, als Corinn damit zu uns an den Tisch tritt.

Derweil fällt mir auf, wie oft ich in seiner Gegenwart nachzugeben beginne. Die Entschlossenheit in seinen Augen macht es mir unmöglich, ihm zu widersprechen. Vor allem, wenn es um etwas so wichtiges wie Vanillekipferl geht, die ich mir heimlich herbeisehne.

Deswegen nehme ich mir vor, mich ihm anzuschließen, solange wir seinem Versprechen nachkommen, vorher Punkte auf meiner Liste abzuhaken. Oder zumindest, dass er mir die Zeit gestattet. Es ist ausgeschlossen, dass er mir dabei zur Hand geht.

—

Als wir uns gestärkt und aufgewärmt, und Tristan trotz Protest meinerseits unsere Rechnung beglichen hat, schlüpfen wir wieder in unsere Jacken. Ich bin erstaunt als ich feststelle, dass wir eine gute Stunde bei Corinn verbracht haben und die Zeit dabei wie im Flug vergangen ist.

Während dem Essen und den genießerischen Lauten, die hauptsächlich von ihm gekommen sind, haben wir uns in ein lockeres Gespräch verwickelt. Wir sprachen über seine Schulzeit, die schönsten Urlaube mit der Familie und haben festgestellt, dass wir beide es nicht länger als einen Tag am Meer aushalten würden ohne, dass es uns langweilig wird. Wir sind geschlossen der Meinung, ein Urlaub in den Bergen, umgeben von hohen Gipfeln mit Nächten in unterschiedlichen Hütten wäre unsere Zeit eher wert. Und ich habe mich bei dem Gedanken daran erwischt, dass ich es genießen würde, mit ihm und Anouk eine Woche lang durch die Alpen zu streifen.

»Es war schön, dich nochmal zu sehen, Ana.« Corinn tritt an uns heran, als wir bereits im Begriff sind, auf die Tür zuzusteuern.

Wir halten inne, auch Anouk hebt neugierig den Kopf und macht sich dann auf den Weg zu der Cafébesitzerin. Mit einem breiten Grinsen beugt diese sich zu Anouk runter, als sie sie mit der Schnauze am Bein anstubst und sich schließlich wie eine Katze an sie schmiegt.

»Gleichfalls. Und ich verspreche dir, dass ich in der nächsten Zeit wieder öfter vorbeikommen werde.«

Corinns Gesicht hellt sich auf und sie nickt augenblicklich, was mich in meiner Entscheidung bekräftigt. Die Atmosphäre und die Leckereien in diesem Café habe ich so lange gemieden, und wenn die Tage wieder länger, der Schnee weniger und mein Weg bis zum Café kürzer wird, nehme ich mir fest vor, regelmäßig bei ihr vorbeizusehen.