WIR überqueren die Hauptstraße und biegen dann in eine Seitengasse ein, die sowohl Wohnhäuser, als auch ein kleines Café und eine Backstube miteinander verbindet.
Nach dem Tod meines Vaters war ich nur zwei Mal in Corinns Café, um mir einen Kaffee zu genehmigen und mit ihr über die Beerdigung zu sprechen. Wir hatten sie damals in kleinem Kreis veranstaltet und waren nach der Beisetzung bei ihr eingekehrt.
Schon von weitem erkennt man ihr Café an der langen Fensterfront, dem geschmückten Weihnachtsbaum rechts und dem kleinen, leuchtenden Weihnachtsmann links neben der Eingangstür. Beides ist teilweise von Schnee überdeckt und fügt sich perfekt in das Bild, das zu dieser Zeit vermittelt werden sollte.
Von außen können wir einen Blick in den Innenraum werfen. Wie es aussieht, sind zwei Tische jeweils mit vier Personen besetzt, ein weiterer mit einer Mutter und ihrer Tochter, die sich unfassbar ähnlich sehen. Sie alle genießen die Leckereien und den besten Kaffee der Stadt, während sie sich ausgelassen unterhalten.
Einen Blick auf Corinn erhasche ich, als sie aus der Backstube hinter den Tresen tritt und neue Plätzchen in der Vitrine auslegt. Ihr hellbraunes Haar fällt in sanften Wellen über ihre Schulter und umgibt ihr Gesicht wie ein perfekter Rahmen.
Unter der roten Schürze trägt sie ein schlichtes, schwarzes Kleid, das sich angenehm an ihre Kurven schmiegt.
»Ich hoffe, du magst Zimt«, sage ich und werfe Tristan einen vielsagenden Blick zu, nachdem ich Anouk dazu angewiesen habe, sich zu schütteln. Tristans Augenbrauen wandern aufeinander zu, aber bevor er meine Worte hinterfragen kann, schiebe ich die Tür auf und trete in den warmen Innenbereich.
Das Glöckchen über der Tür kündigt unseren Besuch an, noch bevor ich die Chance habe, den himmlischen Duft wahrzunehmen.
Bäckereien sind über das gesamte Jahr ein toller Ort, um einige gemütliche Stunden zu verbringen. Aber vor allem zur Weihnachtszeit, wenn die Tage kürzer werden, der Schnee sich über das Land legt und die Kälte mich zittern lässt, lohnt sich ein Besuch besonders.
»Nein, ich fasse es nicht. Ana!« Corinn lässt die Servietten fallen, die sie zuvor noch angeordnet hatte, und stürmt hinter dem Tresen hervor. Sie schiebt sich zwischen den Tischen und Stühlen hindurch, bis sie mir um den Hals fallen und mich an sich drücken kann.
Sofort umschließen mich nicht nur ihre zierlichen Arme, sondern auch der vertraute Geruch von Zimt.
Ihre Umarmung dauert nicht lange, aber sie ruft mir in Erinnerung, wie sehr ich sie vermisst habe. Als wäre es nicht meine Schuld, dass unser Kontakt eingeschlafen ist.
»Und wer bist du, meine Süße?« Kaum hat sie mich wieder freigegeben, fällt ihr Blick auf meine Hündin, die neugierig den Kopf hebt und verhalten mit dem Schwanz wedelt.
»Das ist Anouk, meine treue Begleiterin seit einem halben Jahr.« Anouk setzt sich neben mich und mustert Corinn wachsam, als diese in die Hocke geht, die Hände allerdings auf den Oberschenkeln verweilen lässt.
»Sie ist umwerfend! Du brauchst nicht zufällig mal einen Hundesitter?« Ihre Stimme springt einige Oktaven in die Höhe, als würde sie mit einem Kind sprechen. Ich verkneife mir ein Schmunzeln und gebe Anouk ein Leckerli, über das sie begeistert annimmt und verschlingt.
»Im Moment nicht, aber vielleicht komme ich in Zukunft mal darauf zurück«, antworte ich und wundere mich selbst darüber, wie ehrlich die Worte klingen. Dabei bereitet mir der Gedanke, Anouk allein bei einer anderen Person zu lassen, mehr Angst als der Gedanke an einen Fremden in meinem Haus.
»Einen kurzen Moment bitte, ich bin gleich bei Ihnen.« Erst jetzt scheint Corinn Tristan bemerkt sie haben, der sich beim Eintreten hinter mich geschoben hat und unauffällig die Einrichtung mustert.
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Vanilleherzen ₂₀₂₂ | ✓
RomanceAᴅᴠᴇɴᴛsᴋᴀʟᴇɴᴅᴇʀ ₂₀₂₂ Statt die Vorweihnachtszeit mit dem Backen von Plätzchen, dem Sehen von Weihnachtsfilmen oder dem Einpacken von Geschenken zu verbringen, muss Anastasia ihr Elternhaus auf dessen Verkauf vorbereiten. Dabei bleibt ihr keine Zeit...