Ein fundiertes Alibi

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„Armer Godric", murmelte Hannah. „Alle treiben ihre Scherze mit ihm."
Megan lachte. „Was soll ich sagen? Es macht einfach unheimlichen Spaß, ihn zu ärgern."


Es war Vormittag, als Draco in den Verbotenen Wald apparierte und direkt außerhalb der Schutzzauber von Hogwarts landete. Doch die dichten Zweige verschluckten Licht und Geräusche und hüllten die Welt in wisperndes Zwielicht. Sofort wandte er sich in Richtung des Baums, an dem er seine Ausrüstung gelagert hatte – nur um zu bemerken, dass sie nicht dort war. Draco fluchte. Er hatte seine Sachen mit Zaubern geschützt. Er hatte wenig Interesse daran, dass jemand die Kleidung von Godric Gryffindor zusammen mit einem Alterungstrank finden würde. Außerdem hatte sein Schwert dabei gelegen. Er wollte sich nicht ausmalen, was passierte, wenn jemand diese ganz spezielle Zusammenstellung von Dingen fand.
Draco spürte eher, als dass er hörte, wie sich ihm jemand näherte. Er griff nach seinem Zauberstab und fuhr herum. An einem nahen Baum lehnte Salazar Slytherin und betrachtete ihn mit offensichtlicher Schadenfreude. Draco entspannte sich sofort. „Wo sind meine Sachen?"
Salazar lächelte. „Sie sind gerade im Einsatz, um dir ein Alibi zu verschaffen."
Draco runzelte die Stirn. „Wie darf ich das verstehen?"
Salazars Miene wurde ernst. „McGonagall hat herausgefunden, dass du nicht in Hogwarts bist."
Draco massierte sich die Schultern. „Nehmen die Schwierigkeiten dieser Nacht denn gar kein Ende?"
„Nein, das tun sie tatsächlich nicht", sagte Salazar mit einem halben Lächeln. „Snape hat mir heute angeboten, mich zu Voldemort zu bringen."
Dracos Augen weiteten sich. „Und warum bei Bran, dem Flammenden, bist du dann hier?"
Salazar zuckte mit den Schultern. „Ich habe klar gemacht, dass ich mich für viel zu großartig halte, um einfach zu folgen, wenn Voldemort ruft. Mein Urenkel kann sehr gerne bei mir vorstellig werden, wenn er wünscht, mich kennen zu lernen."
Draco starrte ihn einfach nur an.
„Was?", fragte Salazar und hob eine Augenbraue.
„Du lässt Voldemort nach deiner Pfeife tanzen. Ich weiß noch nicht, ob ich das genial, oder wahnsinnig finden soll."
Salazar lächelte. „Ich nehme an, es ist eine ungesunde Mischung aus beidem." Dann kehrte die Schadenfreude auf seine Züge zurück. „Möchtest du nicht wissen, was du in der Zeit deiner Abwesenheit gemacht hast?"
Draco rollte mit den Augen. „Gut, ich beiße an. Was für eine peinliche Ausrede hast du dir einfallen lassen?"
Salazars Augen blitzten. „Du hast ein Nest Acromantulas ausgebrannt. Oder vielmehr bist du noch dabei."
Ungläubig blickte Draco den Freund an. „Kaum, dass ich mich von deinem Fluch erholt habe, gehe ich in den Wald, um ein paar Spinnen abzuschlachten?
Belustigung klang in Salazars Stimme „Nicht ein paar. Über hundert. Ist das nicht etwas, das Godric Gryffindor tun würde?"
„Ehrlich gesagt, nein. Ich hätte euch als Verstärkung mitgenommen und vorher etwas gegessen. Außerdem wäre ich nicht aufgesprungen, sobald ich mich halbwegs von einem schweren Fluch erholt hätte."
Salazar schmunzelte „.Aber wir wollen das Bild ja nicht zerstören, dass sich deine neuzeitlichen Verehrer von dir gemacht haben, nicht wahr?"
Draco seufzte. „Ja, ich fürchte, es passt so perfekt ins Klischee, dass es jeder sofort glauben wird."
Dann verharrte er und blickte Salazar kritisch an.„Gab es diese Spinnen etwa wirklich?"
Salazar zog eine Augenbraue hoch. „Wenn ich schon ein Alibi für meine Freunde schaffe, dann ist es auch ein anständiges."
Draco beäugte ihn kritisch. „Möchte ich wissen, woher du wusstest, dass im Verbotenen Wald eine Horde Acromantula leben?"
Salazar winkte ab. „Im zweiten Schuljahr haben Ron und ich die Spinnen verfolgt, die vor dem Basilisken aus dem Schloss geflohen sind."
Draco merkte auf. „Spinnen mit Vorliebe für Menschenfleisch leben so nah an einer Schule, dass zwei Zweitklässler sie finden?"
Salazar tauschte einen grimmigen Blick mit Draco. „Ich sehe, du verstehst, warum du dich zum Handeln genötigt gefühlt hast."
„Allerdings", erwiderte Draco. Dann hob er den Blick und schaute dem Freund in die Augen. „Warte. Wenn du hier bist, wer nimmt dann meine Rolle ein?"
Salazars schadenfrohes Lächeln kehrte auf seine Züge zurück. „Helga hat sich freiwillig gemeldet."
Dracos Augen weiteten sich. „Oh nein."

XXX

Auf die versammelten Spinnen schritt eine hochgewachsene Gestalt in Rot und Gold zu. „Wer ist euer Anführer?", schmetterte der Neuankömmling den Tieren entgegen. „Sagt ihm, dass Godric Gryffindor ihn zu sprechen wünscht!"
Eine gewaltige Spinne kam heran und beäugte ihn hungrig aus ihren acht Augen. Schwarzes Fell schimmerte im Dämmerlicht. „Was für ein appetitlicher Happen ... und er kommt ganz allein zu unserem Nest ..."
Überall aus den Schatten war das Klicken von Greifzangen zu hören. Der Ritter stellte sich breitbeinig hin und stemmte die Arme in die Hüften. „Deine Versuche, mir Furcht einzuhauchen, werden nichts nützen. Mein Haus steht für Mut und Tapferkeit!"
„Ja, es war sehr tapfer von dir, hierher zu kommen", erwiderte die Spinne sanft. „Komm noch ein wenig näher, damit ich dich ordentlich beschauen kann ..."
Ohne zu Zögern trat der Ritter näher an die Spinne heran. Sofort schnellten ihre Greifzangen vor und hätten ihn um ein Haar erwischt. Doch der Ritter duckte sich und hob eine Hand. Eine Feuerlanze zischte durch die Luft und traf die Spinne in die Seite. Das Tier schrie auf und wurde zurückgeschleudert. Der Ritter zog sein Schwert aus der Scheide und Rubine glänzten im fahlen Licht. „Ich frage nur noch ein einziges Mal! Wo ist euer Anführer? Die Zentauren nannten mir den Namen Aragog."
„Aragog ist tot", zischte die Spinne gepeinigt. „Sie wollte uns von all dem schmackhaften Fleisch fernhalten. Zur Strafe haben wir sie gefressen."
„Aragog hat wohl getan! Ihr werdet euch auch in Zukunft von den Menschen fernhalten!"
„Und was, wenn nicht?", fragte die Spinne. Das Klackern der Greifzangen klang nun aus nächster Nähe und beharrte Beine schälten sich zwischen den Bäumen hervor.
Stolz richtete sich der Ritter auf. „Weil ich, Godric Gryffindor, euch mit großem Vergnügen davon abhalten werde, solltet ihr es nur versuchen."
„Oh, du tapferer Ritter", säuselte die Spinne. „Aber du bist allein. Und wir sind so viele ... ich denke, wir werden dich einfach fressen."
Diesmal waren es viele dutzende kleine und große Spinnen, die aus dem Wald auf den Ritter zuschossen. Der Ritter breitete die Arme aus und eine weitere Salve aus Feuer fraß sich durch den Wald. Zielsicher fanden die Flammen die Körper der Spinnen und begannen hungrig an ihnen zu lecken. Überall waren panische Aufschreie zu hören. „Nehmt das, ihr Ungetüme!", dröhnte der Ritter, während die umstehenden Bäume in Flammen aufgingen. Es bildete sich ein dichter Kreis aus Feuer, aus dem es kein Entrinnen gab. Nach und nach verebbten die Schreie der Spinnen und ein verbrannter Geruch erfüllte die Luft.
„Sieg dem Licht!", rief der Ritter und hob sein Schwert, sodass sich die Flammen darin spiegelten.
An die Seite des Ritters trat eine Frau mit dunkelbraunem Haar und betrachtete ihn kritisch. „Du übertreibst es", murmelte sie leise.
Der Angesprochene grinste. „Aber so macht es viel mehr Spaß!"
Beide drehten sich um, nur um einem Zentauren gegenüber zu stehen, der sie aus sicherem Abstand heraus beobachtet hatte. „Ich grüße dich, Zentaur", sagte der Ritter sofort. „Mein Name ist Godric Gryffindor. Dies ist meine treue Gefährtin Rowena Ravenclaw."
Rowena vergrub das Gesicht in den Händen.
Der Zentaur blickte die beiden ungläubig an. „Ihr habt mit einem Schlag hunderte von Spinnen ausgelöscht."
„Sie stellten eine Gefahr für all jene dar, die in diesem Wald und an seinen Ausläufern leben", sagte der Ritter entschlossen.
„Das ist richtig", erwiderte der Zentaur irritiert. „Ich schätze, ich muss Ihnen dankbar sein. Es ist nur ..."
„Was immer es ist, sprecht frei heraus", rief der Ritter gönnerhaft.
Der Zentaur blickte, wenn möglich, noch irritierter als zuvor.
„Er erholt sich noch von einem Fluch", sagte Rowena und warf ihrer Begleitung einen strengen Blick zu. „Er ist gerade nicht ganz er selbst."
Das schien den Zentauren zu beruhigen. „Fasst das bitte nicht als Beleidigung auf, Herr Ritter. Ich habe nur angenommen, dass Ihr ein Meister mit dem Schwert seid."
„Oh, das ist eine neue Technik", erwiderte der Ritter und steckte das Schwert von Gryffindor hastig zurück in die Scheide. „Ich arbeite noch an den Details."
„Ach so", sagte der Zentaur langsam.
Rowena fasste den Ritter am Arm. „Wir müssen zurück. Es war schön, Ihre Bekanntschaft zu machen."
Der Ritter nickte gewichtig. „Wann immer Ihnen ein Unheil droht, zögern Sie nicht, mich zu benachrichtigen."
Der Zentaur blinzelte langsam. „Das ist sehr freundlich von Ihnen." Dann verschwand er kopfschüttelnd zwischen den Bäumen.
„Oh, das ist mir so furchtbar peinlich", murmelte Rowena. „Wir können Godric nie wieder in die Augen schauen."
Die Augen des Ritters funkelten. „Also ich amüsiere mich prächtig."

XXX

Es dauerte nicht lange, bis die Frauen zu ihnen stießen. Rowena wirkte, als wollte sie im Boden versinken, während Helga ein breites Grinsen auf Godrics Gesicht trug. Sein roter Umhang war angekokelt und beide Frauen rochen nach Rauch.
„Das hat Spaß gemacht", verkündete Helga gut gelaunt. Ihre Fröhlichkeit in seiner eigenen Stimme klang eindeutig gewöhnungsbedürftig.
Draco warf ihr einen wenig hoffnungsvollen Blick zu. „Bitte sag mir, dass du mich nicht vollständig lächerlich gemacht hast."
Rowena schaute ihn entschuldigend an und Draco stöhnte.
Helga indes winkte ab. „Ach was, ich war sehr überzeugend. Ich habe das Schwert von Gryffindor gezogen, epische Reden geschwungen und wir haben sogar dafür gesorgt, dass die Spinnen mit Feuer ausgeräuchert wurden."
Draco blinzelte. „Ich schwinge keine epischen Reden."
„Nein", sagte Helga gut gelaunt. „Aber alle würden denken, dass du es tust, oder?"
Draco vergrub das Gesicht in den Händen.
Währenddessen lehnte Salazar an einem Baumstamm und schüttelte sich vor Lachen.
„Zumindest das mit dem Feuer war wirklich überzeugend", sagte Rowena hastig. „Als Windelementaristin brauchte ich nur ein offenes Feuer und es wirkte, als würde Helga Flammensäulen verschließen." Sie warf der Freundin einen strafenden Blick zu. „Auch wenn es geholfen hätte, nicht ganz so wild herumzufuchteln. Ich saß versteckt einige Schritte entfernt und es war schwer, genau zu sehen, wohin du zeigst."
„Es hat funktioniert", erwiderte Helga gleichmütig. Sie richtete ihren Zauberstab auf sich selbst und Godrics Züge zerschmolzen zu ihren eigenen. „Dein Vielsafttrank ist immer noch Rot und Gold, wenn es dich interessiert. Aber da ist auch noch ein Hauch Silber, der vorher nicht da war."
„Ihr wart in meinem Zimmer und habt meine Haare gestohlen?", fragte Draco matt.
Salazar zog eine Augenbraue hoch. „Wie hätte es sonst funktionieren sollen?"
Draco seufzte und erwiderte nichts.
Helga verschwand hinter einem Baum und als sie wieder hervorkam, trug sie eines ihrer eigenen erdfarbenen Kleider.
Draco wirkte einen Frischezauber über Helga und ließ dann selbst Flammen aus seinem Zauberstab züngeln. „Für den Fall, dass sie meinen Zauberstab überprüfen. Oder sich fragen, warum Helga nach verbrannter Spinne riecht."
Salazar lächelte. „Die Zeit in meinem Haus hat dir gut getan."
Das brachte Draco zum Grinsen. „Danke gleichfalls. Welcher Zweitklässler verfolgt schon flüchtende Spinnen in den Verbotenen Wald?"
Rowena lächelte. „Die Wahrheit ist, ihr habt schon immer viel zu ähnlich gedacht."
Salazars Augen blitzten. „Ein äußerst erschreckendes Faktum, wenn man bedenkt, dass wir unsere Freundschaft in beiden Leben als Feinde begonnen haben." Dann wurde seine Miene ernst. „Wie geht es deinem Vater?"
„Am Anfang war es hart", antwortete er auf die Frage des Freundes. „Aber jetzt ist er auf dem Weg der Besserung.
„Weiß er, wer du einmal warst?", fragte Rowena besorgt.
Müde fuhr sich Draco durch das Haar. „Ich hatte nicht vor, es ihm zu sagen. Aber als du Dobby mit einer Nachricht zu mir schicktest, habe ich ihn verteidigt."
Seufzend verschränkte Salazar die Arme. „Ein Patronus hätte womöglich meine eigene Identität verraten. Und es machte Dobby nichts aus, als ich ihm den Auftrag erteilte. Ich hätte es besser wissen müssen."
Draco schüttelte den Kopf. „Es ist schon gut. Wahrscheinlich ist es besser, dass Vater es nun weiß."
„Wie hat er reagiert?", fragte Helga mitfühlend.
„Gar nicht gut. Aber es hat geholfen, dass ich fast gestorben wäre und Mum gedroht hat, ihn zu verlassen, wenn er nicht akzeptiert, wer ich bin. Das hat ihn zumindest nachdenklich gestimmt." Er lächelte grimmig. „Er hat zugelassen, dass ich sein Dunkles Mal entferne. Das ist mehr, als ich gehofft hatte."
Rowena zog ihn in eine Umarmung. „Es tut mir leid, dass du dich von deinem Vater entfremdet hast."
Godric fuhr sich durch das Haar. „Um ehrlich zu sein, standen wir uns nie besonders nah. Ich wollte es nur nicht wahrhaben."
Salazar erwiderte seinen Blick mit dem Verständnis von jemandem, der aus Erfahrung sprach. „Es ist nicht leicht, wenn man von der eigenen Familie nicht angenommen wird." Er drückte Draco einen Alterungstrank in die Hand und ersparte ihm so eine Antwort. Der Gründer Gryffindors verschwand hinter dem Baum, hinter dem auch Helga sich umgezogen hatte und schlüpfte aus seinem Schulumhang. Dann kippte er den Inhalt des Trankes herunter und spürte sofort, wie sich Muskeln und Knochen zu strecken begannen. Als er die Augen öffnete, war der Boden ein ganzes Stück weiter entfernt als zuvor. Hastig schlüpfte er in seine bereitliegenden Sachen und wenn er angesichts des Geruchs die Nase verzog, so konnte das hinter dem Baum niemand sehen. Als er fertig angekleidet war, trat er zurück zu den anderen. Eine Weile schwiegen sie und blickten hinauf in den Abendhimmel.
„Wenn alles nach Plan gehen sollte und wir Voldemort tatsächlich besiegen, meint ihr, ihr könnt danach in euer altes Leben zurückkehren?", fragte Godric nachdenklich. „Wieder nach Hogwarts gehen und den Unterricht besuchen, als wenn nichts gewesen wäre?"
Salazar fuhr über die Rinde des Baumes. „Ich wäre nicht undankbar, die Vergangenheit hinter mir lassen zu können." Ein feines Lächeln stahl sich über seine Lippen. „Zumindest zum großen Teil. Ich finde gewiss Möglichkeiten, das Wissen und die Erfahrungen eines Slytherin in mein Leben einfließen zu lassen."
Helga grinste. „Harry Potter wird nicht aufzuhalten sein."
Godric spürte, wie Rowenas Blick besorgt auf ihm ruhte. „Aber dir bereitet der Gedanke Unbehagen, nicht wahr?"
„Eure Ansichten haben sich über Nacht auch nicht um 180 Grad gedreht. So wie die Dinge liegen, werde ich mit all meinen Freunden und Verbündeten brechen müssen."
Salazar lächelte. „Es wäre nicht das erste Mal. Und denke daran, du hättest bei uns eine Lebensschuld einzulösen. Unter diese Umständen sollte sich vielleicht nicht die Empörung deiner Mitmenschen, aber zumindest doch ihre Verwunderung in Grenzen halten.
Helga zuckte mit den Schultern. „Und wenn du aus deiner Nah-Tod-Erfahrung ein wenig reifer hervorgehst? Das kann doch wohl jeder nachvollziehen."
Godric lachte. Voller Sympathie war sein Blick auf die Freunde gerichtet, „Ihr seid unmöglich."
Eine Weile schwiegen sie, während das Laub über ihren Köpfen leise raschelte.
„Wie kam es eigentlich dazu, dass du Dobby befreit hast?", fragte er schließlich an Salazar gewandt.
„Dein Vater wollte uns alle Mit Riddles Tagebuch umbringen, dass er zu einem Horkrux gemacht hatte. Dobby ahnte etwas und versuchte mein Leben zu retten." Lächelnd rollte er mit den Augen. „Ich wäre durch seine Versuche mehrfach beinah gestorben."
Müde fuhr sich Godric durch das Haar. „Wenn ich mich früher näher mit ihm beschäftigt hätte, wäre mir vielleicht damals schon aufgefallen, was für eine beeindruckende Persönlichkeit er ist."
„Wahrscheinlich eher nicht", sagte Salazar. „Du hattest schon immer ein gehöriges Brett vor dem Kopf."
Lachend warf Godric eine Hand voll Laub nach ihm. „Bevor ich mich weiter von dir beleidigen lasse, stelle ich besser Dumbledore zur Rede, warum im Verbotenen Wald eine Gruppe Riesenspinnen mit einer Vorliebe für Menschenfleisch gelebt hat. Und dann beruhige ich Professor McGonagall damit, dass ich nicht verschollen, sondern nur wahnsinnig bin."
Salazar erhob sich und klopfte sich das Laub von der Robe. „Eine gute Idee."
Dann verhärtete sich sein Blick und er starrte hinaus in die Nacht. Godric bemerkte es ebenfalls. Kampfbereit zog er sein Schwert. Helga und Rowena tauschten einen Blick und stellten sich in Kampfposition, sodass jeder den Rücken des anderen deckte.

Sie wurden beobachtet.

Eine ganze Weile horchten sie in die Nacht. Doch es regte sich nichts.
„Welche Schutzzauber hast du über uns gelegt?", fragte Godric den Gründer Slytherins.
„Einen Anti-Abhörzauber und einen weiteren, der dafür sorgt, dass man uns nicht wahrnimmt", war die geraunte Antwort.
Wachsam suchte Godric seine Umgebung ab. „Dann sollte uns kein Mensch belauschen können."
Salazar nickte. „Genauso wenig, wie irgendein anderes vernunftbegabtes Wesen."
Godric versuchte den Schatten der Bäume mit Blicken zu durchdringen. „Aber besser wir gehen kein Risiko ein."
„Wir gehen nacheinander, um keinen Verdacht zu erregen", ergänzte Salazar leise.
„Aber wir bleiben in Rufreichweite", fügte Godric hinzu.
Helga schmunzelte. „Ihr tut es schon wieder."
„Was?", fragte Salazar irritiert.
Helga lächelte warm „Früher habt ihr in Gefahrensituationen immer begonnen, die Sätze des anderen zu vervollständigen. Es ist schön, dass das wieder zwischen euch funktioniert."
Godric und Salazar warfen sich einen überraschten Blick zu.
Rowena stieß die Freundin in die Seite. „Würdest du die Situation bitte ein wenig ernster nehmen?"
„Das tue ich doch", erwiderte die Gründerin von Hufflepuff verschmitzt. „Dann gehe ich Mal zuerst." Gemächlichen Schrittes und sich hin und wieder nach einer Pflanze bückend, verließ sie den Wald und spazierte auf die Ländereien hinaus.
Rowena folgte kurze Zeit später. Bevor sie ging, warf sie noch einen besorgten Blick über die Schulte. „Tut nichts unvernünftiges." Dann holte sie ein Buch aus der Tasche und schritt ebenso gemächlich davon wie Helga.
Godric warf Salazar einen Blick zu. „Vervollständigen wir wirklich die Sätze des anderen?"
„Ich habe noch nie darauf geachtet."
„Sprechen wir nie wieder darüber?"
„Einverstanden."
Godric nickte dem Freund zu und machte sich seinerseits auf den Weg zum Schloss. Im Gegensatz zu den Freundinnen ging er zielstrebig. Immerhin hatte er Albus Dumbledore seine Meinung zu geigen.
Er bemerkte keinen Beobachter auf dem Weg und hoffte, sich das Ganze nur eingebildet zu haben. Vielleicht waren ihre Instinkte einfach über die Jahre eingeschlafen? Sollte sie tatsächlich jemand zu viert im Wald gesehen haben, wie sie miteinander ein vertrautes Gespräch führten, war ihr Geheimnis in Gefahr.

Godric betrat die Große Halle durch die Flügeltür und schritt zielstrebig an den Lehrertisch. Innerlich stöhnte er auf. Er hatte für seine Beschwerde die Mittagszeit erwischt. Sofort verstummten die Gespräche und alle Blicke waren auf ihn gerichtet.
„Schulleiter", begann er ohne Umschweife. „Könne Sie mir sagen, was über hundert Riesenspinnen so dicht an den Grenzen Hogwarts gemacht haben?"
Dumbledores Blick blieb für den Bruchteil einer Sekunde an Hagrid hängen. „Ich fürchte, dieses Problem war mir nicht bekannt."
Der Halbriese lief puterrot an. „Aragog hat immer auf ihre Kinder aufgepasst. Sie waren nie gefährlich ..."
Godric warf dem Halbriesen einen wenig beeindruckten Blick zu. „Aragog ist tot. Und ihre Kinder haben jedes Gespräch verweigert."
Dumbledores Blick blieb an Godrics verkokelten Umhang hängen. „Ich nehme an, Sie haben sich des Problems angenommen?"
„Allerdings."
Hagrid nickte und wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel. „Arme Aragog. Hat schon so viel durchgemacht. Und ihre armen Kinder. Waren so flauschig, als sie klein waren."
„Na, na", sagte Professor Sprout und stand von ihrem Stuhl auf, um seine Schulter zu tätscheln.
Dumbledore betrachtete ihn mit einem Funkeln in den Augen. „Es freut mich zu sehen, dass Sie wieder wohlauf sind, Sir Gryffindor."
Godric zuckte mit den Schultern. „Ich tue mich schwer damit, tagelang das Bett zu hüten."
McGonagall warf ihm einen Blick aus verengten Augen zu. Sie sagte nichts , doch ihr Mund war zu einem unheilvoll dünnen Strich verzogen. Auf einmal hatte Godric eine Ahnung, wer ihr nächtlicher Beobachter gewesen sein könnte. Menschen wurden von den üblichen Zaubern abgehalten. Aber das galt nicht für Tiere. Und Animagi waren bei weiten nicht so stark davon betroffen, wie gewöhnliche Menschen.

Nach dem Essen bot er der Lehrerin seien Arm an. „Darf ich Sie ein Stück Ihres Weges begleiten?"
McGonagall schnaubte und ging mit entschiedenen Schritten an ihm vorbei. Dem Gründer Gryffindors blieb nichts anderes übrig, als ihr zu folgen. In einem leeren Klassenzimmer blieb die Lehrerin abrupt stehen und drehte sich mit geblähten Nasenflügeln zu ihm um. „Sie haben einiges zu erklären", sagte sie leise.
Godric blickte sie aufmerksam an. „Was haben Sie gesehen?"

Minerva stockte. Sie wusste beim besten Willen nicht, wie sie ihre Erlebnisse in Worte fassen sollte. Sie war unruhig gewesen und ein wenig als Katze am Rand des Verbotenen Waldes entlang gestriffen, um ihre Gedanken zu klären. Wäre Minerva nicht gedanklich so sehr bei dem Gründer ihres Hauses gewesen, wäre es ihr vermutlich nie aufgefallen, dass zwischen den Zweigen das Rot eines Umhangs blitzte. Alarmiert war sie näher herangeschlichen und hatte im Schutz der Zweige alle vier Gründer versammelt vorgefunden. Ohne irgend eine Spur von Feindseligkeit waren sie in ein vertrautes Gespräch versunken gewesen. Dabei saßen oder standen sie Schulter an Schulter, wie es nur wirklich enge Freunde taten. Doch kaum war sie nah genug heran, dass ihre scharfen Katzenohren das Gespräch belauschen konnten, sprangen die Gründer auf. Rücken an Rücken standen sie dort und blickten suchend in die Nacht. Minerva hatte nicht verstanden, was sie dort gesehen hatte. Die Feindseligkeit dieser vier Menschen hatte sich wie ein schwarzer Schleier über das ganze Schloss gelegt. Wie konnten sie einfach hier sitzen und wie beste Freunde miteinander plaudern? Und die Art, wie sie aufsprangen und wortlos den Rücken des anderen deckten, ließ auf ein Verständnis schließen, dass sogar noch tiefer ging. Leise war sie zurückgeschlichen und in Richtung des Schlosses geeilt. Sie wusste nicht, was es bedeutete, was sie gesehen hatte, aber eines war gewiss: Sie würde es herausfinden.
Godric Gryffindor beobachtete sie immer noch aufmerksam. „Vertrauen Sie mir?", fragte er leise.
Etwas in Minerva wollte mit „ja" antworten, aber ihr war bewusst, dass sie das nicht konnte. Unabhängig von dem Gefühlschaos, das in ihr herrschte, war sie ein rationaler Mensch und war es immer gewesen. „Also straffte sie die Schultern und erwiderte den Blick des Ritters. „Ich finde es etwas zu früh für diese Frage, Sir Gryffindor. Wir kennen uns nun seit einer Woche."
Darauf schlich sich ein Lächeln auf das Gesicht des Ritters, dass ihr Herz zu ihrem Unmut schneller schlagen ließ. „Ein Punkt für Sie", sagte er leise. Dann wurde sein Blick eindringlich. „Dann machen wir es andersherum und ich vertraue Ihnen. Ich vertraue Ihnen, dass Sie mit niemandem über das reden werden, was Sie gesehen haben. Und ich bin mir sicher, dass Sie mit Fragen zu diesem Thema ausschließlich zu mir kommen werden."
„Sie können mir nicht vertrauen", sagte Minerva. „Meine Loyalität gehört zuallererst dieser Schule."
Sir Gryffindors Lächeln gewann an Wärme. „Genau deswegen bin ich froh, dass Sie es sind, die uns gesehen hat und niemand sonst. Und nebenbei bemerkt. Niemand, dem man wahrhaftig nicht vertrauen kann, würde es einem ins Gesicht sagen, nicht wahr?"
Minervas Nasenflügel bebten. „Ich bin mir nicht sicher, ob ich Ihrer Argumentation folgen kann. Und wenn ich so darüber nachdenke, bin ich auch nicht sicher, ob ich das möchte."
Sir Gryffindor lachte und ihr Herz setzte einen Schlag aus. Verärgert über sich selbst kratzte Minerva ihre verbliebenen Gedanken zusammen.
„Wie kommt es, dass ich Lord Slytherin bei Ihnen gesehen habe? Ganz so, als wäre er ein Teil der Vier von Hogwarts?"
Sir Gryffindors Blick lag weiterhin auf ihrem Gesicht. „Wie gut sind Sie in Okklumentik, Professor?"
Minerva runzelte die Stirn. „Was möchten Sie damit andeuten?"
„Die Informationen nach denen sie fragen, sind gefährlich in den falschen Händen – äußerst gefährlich. Wie ich bereits gesagt habe, vertraue ich Ihnen. Aber das gilt nicht für die Menschen, die sich unrechtmäßiger Weise Zugang zu Ihren Gedanken verschaffen."
„Sie sprechen von Sie-wissen-schon-wem", stellte Minerva fest.
Sir Gryffindor antwortete nicht, doch sie sah in seinem Blick, dass sie richtig lag.
Dennoch konnte sie ihrer Verwirrung nicht Herr werden. „Ich verstehe nicht. Lord Slytherin hat mich in den Gängen von Hogwarts bloßgestellt."
Godric seufzte. „Womöglich wäre er umsichtiger mit Ihnen umgegangen, wenn Sie ihn an einem weniger einsichtigen Ort aufgesucht hätten."
Minerva schwieg nachdenklich. Es stimmte. Salazar Slytherin wirkte wie ein Mensch, bei dem jeder Schritt, jeder Handgriff, kalkulierte Berechnung war. Was wäre, wenn der Zweck dahinter ein ganz anderer war, als sie bisher vermutet hatte?
„Bitte lassen Sie das Thema auf sich beruhen", bat Sir Gryffindor sanft. „Es steht sehr viel auf dem Spiel."
„Sie könnten mich die Ereignisse dieses Abends vergessen lassen", sagte Minerva vorsichtig.
Godrics Blick war weiterhin hoffen. „Ich würde es vorziehen, das nicht zu tun."
Minerva nickte langsam. Godric Gryffindor war nicht ihr Feind. Und womöglich war das auch der Herr der Schlangen nicht. Aber diese Information schob sie in den hintersten Winkel ihres Geistes. Sie wusste, wie sie mit delikaten Informationen umzugehen hatte.
„Ich mag keine Okklumentikerin sein, aber Albus ist es. Wenn Sie mir nicht sagen können, worum es geht, bestehe ich darauf, dass Sie den Schulleiter unterrichten."
Sir Gryffindor lächelte. „Sie sind eine harte Verhandlungspartnerin. Aber ich kann Ihnen versichern, dass Albus Dumbledore alles erfahren wird." Er schmunzelte. „Wenn der Schulleiter es nicht längst weiß."

XXX

„Guten Morgen allerseits." Mit Schwung betrat Sirius die Küche. Er trug ein Tablett, auf dem sich Schokolade häufte. „Nichts für ungut, Lucius, aber du siehst immer noch zum Fürchten aus. Ansonsten willkommen im Grimauldplatz."
Als Lucius nicht antwortete, blickte sich Sirius suchend in der Küche um. „Ist Draco schon weg?"
Narzissa warf ihm einen strengen Blick zu. „Du schläfst einfach zu lang."
Der Erbe des Hauses Black warf ihr einen verschmitzten Blick zu. „Und du bist eindeutig zu streng." Bedauernd zuckte er mit den Schultern. „Schade, dass ich ihn verpasst habe."
Unverwandt starrte Lucius auf seinen unversehrten Handrücken. „Wusstest du es?", fragte er heiser.
Sirius blinzelte. „Ich weiß viele Dinge. Was genau meinst du?"
Die Stimme von Lucius Malfoy war rau vor Emotionen. „Mein Sohn ist die Wiedergeburt von Godric Gryffindor."
„Ach das." Sich innerlich für ein schwieriges Gespräch wappnend, ließ sich Sirius am Küchentisch nieder. „Ich war mir nicht sicher, ob er es dir sagt."
„Das hatte er auch nicht vor", sagte Narzissa eisig. „Draco fürchtete, dass mein Mann genauso reagieren würde, wie er es letztendlich getan hat." Wütend blickte sie in Lucius Richtung. „Und ich habe dich auch noch verteidigt!"
„Was erwartest du von mir?", rief Lucius. „Unser eigener Sohn steht mit einem Mal für all das, was wir stets verachtet haben!"
„Wenn mein Sohn nun für diese Dinge steht, dann kann ich sie nicht länger verachten! Keine Ansicht dieser Welt kann mir wichtiger sein, als mein eigenes Kind!"
Lucius starrte sie an, ohne etwas zu sagen. Scham, Wut und Unverständnis standen nur zu deutlich auf seinem Gesicht.
„Mir ist etwas ganz ähnliches passiert", sagte Sirius und erwiderte offen den Blick seines blonden Gegenübers. „Ein Mensch, den ich zu kennen glaubte, hat sich als jemand herausgestellt, den ich glaubte, aus tiefstem Herzen zu verabscheuen. Ich habe ihn angeschrien und wir haben Ewigkeiten kaum miteinander gesprochen. Ich habe mich verraten und betrogen gefühlt. Dabei kannte ich diesen Menschen einen Großteil meines Lebens. Ich habe mich einzig von dem falschen Schein eines Namens leiten lassen."
Narzissa betrachtete ihn aufmerksam. „Sprichst du von Salazar Slytherin?"
Sirius blickte sie irritiert an. „Ich habe nie etwas gesagt ..."
Narzissas Blick wurde eine Spur sanfter. „Ich habe Augen im Kopf. Und es würde vieles erklären, was in letzter Zeit geschehen ist. Du hast dich sehr verändert, Cousin."
Sirius grinste verlegen. „Tja, was soll ich sagen? Ich hatte einige Lektionen zu lernen."
Lucius merkte auf. „Du kennst den Gründer meines Hauses?"
Sirius nickte. „In diesem Leben ist er ein Gryffindor." Sein Blick wurde eindringlich. „Alles, was wir wissen, Lucius, entsprach nie der Wahrheit."
„Aber Draco meinte-"
„Draco wollte nicht, dass du deine Entscheidung ein weiteres Mal aufgrund eines noblen Namens triffst", unterbrach ihn Narzissa ungeduldig. „Und sei es der eines alten Freundes."
„Eines Freundes?", frage Lucius verwirrt. „Aber die beiden sind doch im Streit auseinander gegangen."
Narzissas Augen leuchteten warm. „Ich habe Draco noch nie so vertraut mit jemandem umgehen sehen. Worum es auch immer in diesem Streit ging, er ist lange begraben."
Sirius Augen leuchteten triumphierend. „Salazar Slytherin ist übrigens ein Freund der Muggel und Muggelgeborenen. Ich fürchte, keiner der Gründer unterstützt dich in deiner Reinblüter-Ideologie."
Lucius schloss für einen Moment die Augen. Narzissa hatte recht. Letztendlich war es gleichgültig, was Draco glaubte. Nun, wo sie dem Dunklen Lord den Rücken gekehrt hatten, hatten sie nur noch sich selbst. Sie mussten zusammen halten. Lucius hatte sich gegen seine Ängste und für seine Familie entschieden. Damit war die Angst nicht besiegt, aber er würde mit dieser Entscheidung leben, so gut es ging. Draco war in den letzten Tagen an seiner Seite geblieben und hatte ihn nicht verspottet. Er hatte Lucius schwächste Seite gesehen und war nicht zurückgewichen. Scham und Wut verknoteten sich in Lucius Innern und wie so oft wusste er nicht, wohin damit. Wer immer sein Sohn nun war, er war es nicht gewesen, der ihre Familie beinahe verraten hätte. Das war er selbst gewesen. Mit zitternder Hand nahm er ein Stück Schokolade. Verfluchte Dementoren. In Askaban hatten sie von seinen Ängsten und Schuldgefühlen gezehrt. Dabei war erst offenbar geworden, wie viele er davon besaß und bisher erfolgreich vor sich selbst versteckt hatte.
Sirius schien zu erahnen, was in ihm vorging.
„Dementoren sind wirklich herzallerliebste Gesellen, nicht wahr?"
„Allerdings", sagte Lucius steif
Verschwörerisch lehnte sich Sirius vor. „Soll ich dir ein paar Tricks zeigen, mit denen man sie ganz schnell los wird? Glaube mir, nichts baut so viel Frust ab, wie das zu wissen."
Lucius beugte sich vor. „Ich höre."
Sirius holte einen Diamanten und eine Pergamentrolle hervor. „Sie sind nämlich eigentlich keine Tierwesen ... aber bevor ich mehr sage, bietet das Haus Black dem Haus Malfoy eine Allianz an." Bedeutungsvoll wackelte er mit den Augenbrauen.
Lucius seufzte tief. „Wir befinden uns bereits in deinem Haus. Haben wir eigentlich eine Wahl?"
Sirius grinste. „Nicht wirklich. Nun zu meinen Bedingungen: kein Herabsetzen von irgendwem in der Öffentlichkeit, weder von Muggeln, noch von Reinblütern. Und im Ministerium gehen wir entschieden dagegen vor, dass sie sich gegenseitig an die Gurgel gehen."
„Ich werde mich nicht gegen meine eigenen Überzeugungen stellen", warf Lucius ein.
„Das habe ich auch gar nicht verlangt", sagte Sirius. „Aber, wenn wir dem Chaos im Ministerium seinen Lauf lassen, ist bald niemand mehr zum Regieren mehr übrig, egal ob konservativ oder muggelfreundlich. Du weißt nicht, was da gerade los ist. Seitdem die Gründer zurück sind, sind gefühlt alle Konflikte auf einmal wieder losgegangen."
„Du möchtest also vor allem, dass ich schlichte", sagte Lucius langsam. „Du möchtest, dass das Ministerium während der Bedrohung durch den Dunklen Lord regierungsfähig bleibt ..."
Sirius nickte. „Exakt."
Lucius nickte langsam. „Damit kann ich arbeiten ... davon abgesehen, seit wann bist du politisch interessiert und darf ich sagen ... dabei auch noch recht geschickt in deinem Vorgehen?"
Sirius zuckte mit den Schultern. „Interessiert bin ich aus Notwendigkeit. Und was das Geschick angeht, das habe ich deiner Frau zu verdanken."
Lucius warf der Genannten einen ungläubigen Blick zu. Narzissa lächelte.
„Gut", sagte Lucius. „Gemeinsam schlichten wir den Streit im Ministerium. Für mehr kann ich nicht garantieren.. Und dafür ...." Er blickte auf den Diamanten in Sirius Händen. „Wie bekämpft man die Dementoren?"
Sirius grinste. „Jetzt pass mal ganz genau auf ..."
Lucius lauschte den Informationen mit neuer Entschlossenheit. Während ein Teil von ihm noch immer starr vor Angst war, begann jener Teil, der Politiker war, bereits die neuen Informationen zu verarbeiten. Das Haus Malfoy stand an einem neuen Anfang. Die Lebensschuld, die seine Familie einzulösen hatte, würde ihm dabei helfen, die Seiten zu wechseln, ohne dass den Malfoys Wankelmütigkeit vorgeworfen werden konnte. Auf der Seite, an die er nun politisch anzuknüpfen hatte, standen nicht nur Albus Dumbledore und Harry Potter – sondern auch sein einziger Sohn.

Harry Potter und die Legende der GründerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt