Eine Ansprache im Morgenlicht

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Hannahs Augen leuchteten. „Diesen Teil der Geschichte könnte ich hundertmal anhören."
Zacharias schnaubte. „Mädchen." Aber seine Augen glänzten verdächtig.


Morgenlicht fiel durch die Fenster der Großen Halle. An der verzauberten Decke zeigte sich ein strahlend blauer Himmel. Die Schüler saßen bereits an den Tischen, doch kaum jemand dachte daran, zu frühstücken, zu sehr waren sie damit beschäftigt, über die Ereignisse der letzten Nacht zu rätseln. Sie alle waren von Hauslehrern, Geistern, Vertrauensschülern und Dumbledores Armee fort von der Schule geführt worden. Aus sicherer Entfernung hatten manche von ihnen goldenes Licht und schwarzes Feuer gesehen, doch niemand von ihnen war nah genug gewesen, um sich ein Bild von den geheimnisvollen Geschehnissen zu machen. Selbst Fred und George Weasley waren von dem Blutigen Baron erwischt worden, als sie versucht hatten, sich fort zu schleichen. Und so wusste niemand etwas darüber, was in jener Nacht tatsächlich geschehen war.
Als wäre dem nicht genug, summte Albus Dumbledore am Lehrertisch vor sich hin, und die blauen Augen des Schulleiters funkelten wie selten zuvor. Und selbst Severus Snape hatte seine übliche mürrische Miene abgelegt und strahlte beinahe etwas wie Zufriedenheit aus.
In der Aufregung, das Geheimnis zu lüften, sah man Schüler an Tischen, an die sie gar nicht gehörten und die verhärteten Fronten, die sich zwischen den Häusern gebildet hatten, wurden durchlässiger. Dann öffnete sich die Flügeltür der Großen Halle und Seite an Seite traten die vier Gründer von Hogwarts herein. Die Feindschaft zwischen ihnen war wie weggeblasen und einige Schüler schauten nicht schlecht, als sie auf dem Gesicht von Salazar Slytherin ein Lächeln sahen, das weder Kälte, noch Arroganz ausstrahlte. Als sie in der Mitte der Halle angelangt waren, sodass sie von allen Tischen aus gesehen werden konnten, blieben sie stehen und Godric Gryffindor erhob die Stimme. „Wir haben euch etwas zu sagen", rief er und seine Stimme reichte bis in jeden Winkel der Halle.
Helga strahlte in die Runde. „Die Gründer von Hogwarts waren nie verfeindet. Es war alles eine List, um Voldemort zur Strecke zu bringen!"
Lächelnd glitt Rowenas Blick über die Anwesenden. „Aber nun ist er besiegt, besiegt von uns allen, und es gibt keinen Grund mehr für Lüge und Verstellung."
Salazar lächelte. Es war ein warmes, zufriedenes und vielleicht etwas müdes Lächeln, das er den Lehrern, den Schülern und vor allem seinen Slytherin schenkte. „Ich entschuldige mich ausdrücklich für mein Betragen in diesen Hallen. Nichts davon ist wahr. Muggelgeborene sind hier genauso willkommen wie alle anderen Hexen und Zauberer. Daran sollte es nie einen Zweifel geben. Letzte Nacht kämpften wir Seite an Seite mit Muggeln und Muggelgeborenen gegen Voldemort und ich wage zu behaupten, dass wir den Sieg ohne sie niemals errungen hätten." Dann wandte er sich zu seinen Schlangen und betrachtete auch sie mit einem entschuldigenden Lächeln. „Auch euch muss ich um Verzeihung bitten, denn ich ließ keine Gelegenheit aus, meine falschen Ansichten auch unter euch zu verbreiten. Slytherin stand niemals für eine Vorherrschaft des sogenannten reinen Blutes. Wir Slytherin sind listig, voller Ambitionen und nutzen die Ressourcen, über die wir verfügen, um unsere Ziele zu erreichen. Warum sollten wir uns darin auf einen kleinen Teil der magischen Welt, und so auch nur auf einen Teil der zur Verfügung stehenden Ressourcen beschränken?" Er lächelte. „Einschränkung und Zurückhaltung gehören nicht gerade zu den Eigenschaften, über die wir im Übermaß verfügen."
Die Slytherin blickten sich an und auf einigen Gesichtern war ein zögerliches Lächeln zu erkennen.
Salazar schritt währenddessen zum Lehrertisch und neigte vor Albus Dumbledore den Kopf. Der Schulleiter erwiderte die Geste mit funkelnden Augen. „Würden Sie mir kurzzeitig Ihre Hand zur Verfügung stellen? Es gibt da etwas, das ich unter anderen Umständen längst getan hätte"
Als sich Albus Dumbledore erhob und seine verkohlte Hand in die Salazars legte, wirkte er um Jahre jünger. „Mit dem größten Vergnügen", sagte er strahlend.
Salazar lächelte ihm zu. Dann konzertierte er sich auf den Fluch, der noch immer auf der Hand des Schulleiters lag. Durch Voldemorts Tod war sie geschwächt und doch war die Dunkle Magie, die davon ausging, noch immer gefährlich. Als er die Runen zur Bannung auf den Boden malte, war er sich der zahlreichen Blicke, die auf ihm ruhten, vollkommen bewusst. Unter dem angehaltenen Atem der Schüler intonierte er eine komplexe Reihe an Gegenflüchen. Dann beschwor er elementares Wasser herauf, das die verdorbene Magie eindämmte und vernichtete so auch den letzten Rest von Voldemorts Magie. Nach und nach nahm Dumbledores Hand wieder eine gesunde Farbe an. Als die letzten Spuren der finsteren Magie beseitigt waren, streckte Salazars seine Hand aus, um die Dumbledores zu schütteln. Der Schulleiter zog ihn jedoch stattdessen in eine Umarmung. „Ich danke dir für alles", flüsterte er. Als er sich löste, standen Tränen in seinen Augen.
Salazar lächelte zurück. Dann, eine Spur ernster, wandte er sich an die Schüler. „Das war der ursprüngliche Grund, warum ich dunkle Magie erlernte: Um andere vor ihren Auswirkungen zu schützen."
Anschließend ergriff Dumbledore das Wort. „In der letzten Nacht verbündete sich Voldemort mit einem der mächtigsten Dämonen und gemeinsam griffen sie Schloss Hogwarts an. Doch Hexen und Zauberer, Muggel und Muggelgeborene, Werwölfe und Geister, Schüler, Lehrer und Gründer stellten sich ihnen in den Weg." Mit einem Lächeln breitete er die Arme aus. „Dank ihrem Einsatz ist Hogwarts wieder sicher."
Helgas Lächeln verlor etwas von seiner Kraft. „Das heißt aber auch, dass unsere Zeit hier langsam abläuft."
Rowena nickte. „Nun, wo die Bedrohung beseitigt ist, werden wir bald in unsere eigene Zeit zurückkehren. Vielleicht hält die Magie, die uns herbrachte, noch ein oder zwei Tage, aber sicher nicht länger. Überlegt euch also gut, welche Fragen ihr noch an uns zu richten wünscht."
Helga warf den Schülern ein warmes Lächeln zu. „Jeder, der möchte, ist herzlich eingeladen, mit mir am See von Hogwarts zu picknicken." Sie rieb sich die Hände. „Dann haben wir auch Zeit, die Sauerei dort unten zu beseitigen und vielleicht ein paar neue Blumen zu pflanzen."
Godric berührte das Schwert an seiner Seite. „Ich werde einen letzten Unterricht im Schwertkampf geben."
Rowena lächelte einladend. „Für alle Fragen akademischer Art hat mir Filius seinen Klassenraum zur Verfügung gestellt."
Salazar schritt zum Tisch von Slytherin und ließ sich unzeremoniell auf einen der Stühle fallen. „Und ich werde einfach hier sitzen und die Fragen von jedem ehrlich beantworten, der mit mir zu sprechen wünscht. Die Zeit der Lügen ist vorbei und es würde mich freuen, meine Schlangen, aber auch jeden anderen Schüler von Hogwarts, kennen zu lernen."
Severus Snape zog fragend eine Augenbraue hoch. „Vermute ich richtig, dass der Unterricht damit für heute ausfällt?"
Salazar erwiderte seinen Blick. „Sie vermuten richtig."
Unter den Schülern brach spontaner Jubel aus.
Der Gründer Slytherins hatte seinen Blick jedoch weiterhin auf Snape gerichtet. Der Mann wirkte, als wenn eine große Last von seinen Schultern genommen worden wäre. Vielleicht würde auch er nun eine Chance bekommen, das Leben zu leben, das er schon so lange verdient hatte.
Die Schüler hatten bereits begonnen, auf die Freunde zuzusteuern. Dabei mischten sich ihre aufgeregte Stimmen so sehr untereinander, dass die Große Halle wirkte, wie ein überdimensionaler Bienenstock. Nur was Salazar betraf, zögerten die Schüler und warfen sich unsichere Blicke zu. Schließlich war es der Blutige Baron, der ihnen aufmunternd zunickte. „Nur zu", raunte er leise. „Lord Slytherin ist mein Cousin. Ich kenne ihn gut. Ihr habt nichts zu befürchten." Als sich seiner und Salazars Blicke trafen, neigte er den Kopf. Und Salazar sah das Versprechen eines Neuanfangs in den Augen des anderen.
Über die umhereilenden Schüler nickten sich die vier Freunde zu. Und diesmal musste keiner von ihnen die Freundschaft, oder die Freude verbergen, die sie miteinander teilten.

XXX

Helga hatte den Tag damit verbracht, mit Schülern zu reden. Viele waren aus ihrem Haus, aber nicht alle. Erschöpft strich sie sich eine verirrte Haarsträhne zurück. Sie konnte nur hoffen, dass sie einen bleibenden Eindruck hinterlassen hatte. Niemand mehr sollte Hufflepuff unterschätzen. Müde spritzte sie sich etwas von dem klaren Wasser des Sees von Hogwarts ins Gesicht und beobachtete, wie die Abendsonne das Schloss und die Ländereien in ein rötliches Licht tauchte. Der Anblick entlockte ihr ein Lächeln. Hogwarts stand noch immer. Und wie es aussah, würden noch viele künftige Generationen an dieser Schule das Wunder ergründen, das es bedeutete, eine Hexe oder ein Zauberer zu sein.

Mor flog heran und ließ sich für einen Augenblick auf ihrer Schulter nieder. Augen von der Farbe eines nächtlichen Sommerhimmels schauten in die ihren. Dann erhob sich der Vogel und verschwand zwischen den wogenden Wipfeln des Verbotenen Waldes. Helga nahm die Verfolgung auf. Sie schlängelte sich zwischen Birken und Farn hindurch, um dann lächelnd stehen zu bleiben.
Morrigan hatte sich auf einer alten Eiche wie auf einem Thron niedergelassen. Wie eine Königin, die eine Gunst erweist, winkte sie Helga näher zu sich heran. „Ich mag es, wenn du alles stehen und liegen lässt, um meiner Anweisung zu folgen."
Helga trat näher heran. „Vielleicht wollte ich dich auch einfach sehen."
Humor funkelte in Morrigans Augen. „Dafür müsste mich interessieren, was du denkst."
Helga lachte. „Ich weiß aus sicherer Quelle, dass es das tut."
Die Göttin schnaubte.
Helga ließ sich davon nicht beeindrucken und ließ sich unzeremoniell neben ihr auf dem Baum nieder. „Du kannst also außerhalb der Anderswelt wieder körperlich in Erscheinung treten?"
Morrigan beobachtete sie kritisch. „Das siehst du doch. Das ist eine ziemliche dumme Frage."
Helga beugte sich etwas näher zu ihr. „Gibst du mir trotzdem eine Antwort?"
Blaue Augen blickten in die ihren. „Der Glaube an mich kehrt in diese Welt zurück. Noch mag es sich hauptsächlich auf Hogwarts beschränken, doch der Samen ist gesät."
Helga lächelte. „Gern geschehen."
Morrigan betrachtete sie hungrig. „Ich habe vor, von diesem Vorteil regen Gebrauch zu machen. Also nur zu deiner Information: Du gehst heute nirgendwo mehr hin."
Helga lachte. „Die anderen werden sich schon denken, wo ich bin und notfalls eine Ausrede für mich parat haben."
Morrigans Gesicht näherte sich dem ihren. „Ich mag deine Freunde", raunte sie.
Helgas Augen nahmen einen warmen Ausdruck an. „Ich auch."
Dann zog sie Morrigan zu sich heran und gab ihr einen leidenschaftlichen Kuss.
Als sie sich voneinander lösten, betrachtete sie die Göttin aus amüsiert funkelnden Augen. „Wer hat gesagt, dass du den Anfang machen darfst?"
Helga lächelte keck. „Seit wann hole ich mir für alles, was ich tue, deine Erlaubnis ein?"
„Wohl war", raunte die Göttin an ihrem Ohr.
Dann zog sie Helga besitzergreifend zu sich heran und der Rest der Welt war für eine ganze Weile vergessen.

XXX

Währenddessen verschloss Rowena Ravenclaw ihr Tintenfass und legte ihre Unterlagen zusammen. Der Abend war bereits fortgeschritten und sie glaubte nicht, dass sie heute noch Schüler oder Lehrer zu sehen wünschten. Als es dann doch noch einmal an der Tür klopfte, blickte sie leicht überrascht auf, öffnete die Tür jedoch mit einem Lächeln und einem Schlenker ihres Zauberstabs. „Kommen Sie nur herein."
Wer vor der Tür stand, war niemand anderes als Ron Weasley. Nach einem suchenden Blick durch den Raum erhellte ein Lächeln seine Züge. „Keine Schüler mehr da. Das heißt, du hast alle Verpflichtungen des Tages erledigt?"
Rowena lächelte. „Es sieht ganz danach aus. Oder kann ich dir noch eine Frage beantworten?"
Ron verzog das Gesicht. „So gerne ich dir zuhöre, wenn du über irgendwelche magietheoretischen Themen dozierst – um dir Fragen zu stellen, müsste ich erst mal verstehen, worüber du redest."
Er grinste. „Und was den Schulkram angeht – ich denke, der wird in nächster Zeit kein Problem mehr sein."
Da wurde es Rowena endgültig klar. Ron erinnerte sich. Seine Unsicherheit ihr gegenüber war wie weggeblasen. Der Junge Mann ihr gegenüber hatte Rodericks Selbstbewusstsein und das stillte Gewissheit darüber, ein Teil von ihnen zu sein. Es gab keine Zweifel und keine Unsicherheiten. Ron hatte recht. Es gab tatsächlich keine Fragen mehr zu beantworten. Dann erschien ein spitzbübisches Lächeln auf Rons Gesicht. „Wo ich es mir so recht überlege, eine Frage habe ich doch."
„Ach so?", fragte Rowena erwartungsvoll.
Ron grinste. „Hast du heute Abend noch was vor?"
Mit einem Mal konnte sie ihre Sachen nicht schnell genug zusammensuchen.

XXX

Die Nacht war schon hereingebrochen, als es an der Bürotür von Minerva McGonagall klopfte. Die Hauslehrerin von Gryffindor hatte mit niemandem mehr gerechnet. Längst hatte sie sich ihren geliebten karierten Morgenmantel übergezogen und es sich mit einem guten Buch und einem schottischen Whiskey auf dem Sofa gemütlich gemacht. Als es nun, zu so später Stunde an der Tür klopfte, runzelte sie die Stirn. Doch jedes Anzeichen von Widerwillen verschwand augenblicklich, als sie ihrem späten Besucher gegenüberstand. „Sir Gryffindor?"
Mit einem Anflug von Wehmut ließ sie ihren Blick über die mittlerweile vertrauten Züge gleiten. Sein Haar war noch feucht. Er musste sie nach dem Training gewaschen haben. „Professor McGonagall. Bitte verzeihen Sie mir die späte Störung. Die Schüler haben mich lange in Beschlag genommen. Doch gibt es da noch etwas, dass ich ihnen zurückgeben möchte." Mit einer leichten Verbeugung reichte er ihr ihren Besen hinüber.
Minervas Lippen zuckten. „Ich hoffe, er hat gute Dienste geleistet?"
„Oh, das hat er. Helga ist mir zwar zuvorgekommen, aber so konnte ich ihr Werk aus nächster Nähe bewundern."
Sie hob eine Augenbraue. „Also ist der neue Stirnschmuck der Carrow-Zwillinge auf Ihr Wirken zurückzuführen? Ich möchte anmerken, dass Madame Pomfrey daran verzweifelte."
Godric lächelte schief. „Echte Reue ist der einzige Weg, es zu entfernen."
Eine Weile standen sie sich wortlos gegenüber.
Schließlich neigte Godric den Kopf zum Gruß. „Es war mir eine Ehre, Ihre Bekanntschaft zu machen."
Sie wusste, dass er sich gleich abwenden würde. Und all die Dinge, die zwischen ihnen ungesagt waren, würden es für immer bleiben. Mit einem Mal wusste Minerva, dass sie das nicht zulassen konnte. Sie spürte, wie ihre Wangen heiß wurden. „Möchten Sie nicht noch ein wenig hereinkommen?"
Sie sah die Überraschung auf seinen Zügen und fürchtete, dass er verneinen würde. Dann aber breitete sich ein Lächeln über seine Züge. „Das wäre mir eine Freude."
Entschlossen, sich ihre Verlegenheit nicht anmerken zu lassen, schritt sie zum Tisch und zeigte auf den Whiskey. „Ich wollte mir gerade ein Glas genehmigen. Sie sind herzlich eingeladen, mir Gesellschaft zu leisten."
Godric lachte. Es war ein tiefes, ansteckendes Lachen und Minervas Magen zog sich zusammen. „Herzlich eingeladen? Sind sie sich sicher? Das heißt, meine Bemühungen waren nicht umsonst und Sie können mich doch ein klein wenig leiden?"
Minervas Lippen zuckten. „Ein klein wenig",sagte sie wehmütig. Sie stießen miteinander an. Dann schloss Minerva die Augen und genoss den rauchigen Geschmack der Flüssigkeit. Als sie sie wieder öffnete, lagen die silbernen Augen des Gründers forschend auf ihr. „Warum Ihre Zurückhaltung zu Beginn unserer Bekanntschaft? Haben Sie mir tatsächlich misstraut?"
Minerva schüttelte den Kopf und nahm einen weiteren Schluck. Sie würde Alkohol für dieses Gespräch brauchen. „Es ist eher das Gegenteil der Fall. Meine Liebesgeschichten neigen nicht dazu, ein gutes Ende zu nehmen. Und Sie haben mir ein wenig zu sehr gefallen.." Sie seufzte und ließ den Whiskey im Glas kreisen. „Nun, wo sie ohnehin bald aufbrechen, spricht nichts dagegen, dass Sie es wissen."
Godric lächelte einfühlsam. „Meine Freunde haben ähnliches behauptet. Ich gebe zu, dass ich ihnen nicht glauben wollte."
McGonagall lächelte. „Sie haben also, während Sie vorgaben, verfeindet zu sein, geheime Gespräche über meine Gefühle geführt. Sie müssen selbst ein halber Slytherin sein. Ihre Feindschaft war in der Öffentlichkeit äußerst überzeugend."
Godric lächelte verschmitzt. „Wer weiß? Vielleicht bin ich das ja?"
Als sie lachte, fuhr er etwas ernster fort. „Die Häuser waren ursprünglich nicht dazu da, Schüler nach unseren Präferenzen zu trennen. Es ging eher darum, mit welchem Ziel vor Augen unsere Schüler am besten ihr Leben weiterleben konnten. Sie alle hatten Leid und Krieg gesehen und viele waren orientierungslos. Salazar brachte den Schülern bei, die Welt mit Worten zu verändern, während ich sie dasselbe mit dem Schwert lehrte. Letztendlich waren wir schon immer zwei Seiten der selben Medaille."
Seufzend legte Minerva den Kopf in ihre Hände. „Es ist schon erstaunlich, wie viel über die Gründer in all der Zeit verloren gegangen ist."
„Wäre es das nicht, hätten wir unsere List niemals durchführen können", sagte Godric leise. „Also vielleicht ist es gut, dass die Dinge so gekommen sind."
„Vielleicht", räume Minerva ein.
Godrics Blick ruhte weiterhin auf ihr. „Wollen Sie mir von Ihren traurigen Liebesgeschichten erzählen?"
Minerva schnaubte resigniert. „Da gibt es nicht viel zu erzählen. In meiner Jugend war ich in einen Muggel verliebt. Wir waren bereits verlobt, als mir bewusst wurde, dass ich meinen Zauberstab niemals aufgeben könnte, um ihm eine gute Ehefrau zu sein. Aber er hätte nicht verstanden, was ich war. Und durch das Geheimhaltungsgesetz hätte ich es ihm erst nach er Ehe mitteilen können. Das erschien mir nicht als gerecht"
„Was ist geschehen?" fragte Godric.
Minerva schenkte sich nach. „Ich löste die Verlobung auf. Im ersten Krieg gegen Sie-wissen-schon-wen starb er bei einem Angriff von Todessern zusammen mit seiner Frau und seinen Kindern." Noch nach allen den Jahren tat es noch weh, es auszusprechen. „An manche Tagen frage ich mich immer noch, ob es geholfen hätte, wäre ich damals seine Frau gewesen ..."
„Glauben Sie mir", sagte Godric nachdrücklich. „Es hat keinen Sinn, sich über das Gedanken zu machen, was gewesen sein könnte. Wir alle können nicht mehr tun, als unseren Weg zu gehen und zu hoffen, dass es der richtige ist."
Minerva nickte. „Ich arbeitete ein paar Jahre im Ministerium. Dort verstand ich mich sehr gut mit meinem Vorgesetzten." Sie lächelte leicht. „Immer wieder im Laufe der Jahre machte er mir einen Heiratsantrag. Auch noch, als ich das Ministerium längst verlassen und Lehrerin in Hogwarts geworden war. Irgendwann gab ich nach und wir kauften und gemeinsam ein kleinen Haus in Hogsmeade." Sie seufzte. „Es war eine schöne ruhige Zeit."
Godric blickte sie sorgenvoll an. „Sie leben nicht länger in diesem Haus."
Minerva schüttelte den Kopf. „Elphinstone wurde von einer giftigen Tentakel gebissen. Er erlag dem Gift einige Wochen später." Sie seufzte unglücklich. „Damals waren wir gerade drei Jahre verheiratet."
Ernst blickte er sie an. „Das tut mir leid."
Sie schüttelte den Kopf. „Das muss es nicht. Ich habe damit abgeschlossen ... so, wie man eben mit solchen Dingen abschließen kann." Sie gab sich einen Ruck, um die Frage zu stellen. „Waren Sie jemals verheiratet?"
Er schüttelte den Kopf. „Wir waren noch sehr jung, als wir Hogwarts gründeten. Erst hatte ich als Feldheer ein Land und später eine Schar Schüler zu schützen. Es hat sich nie ergeben."
Sie konnte nicht anders, als zu lächeln. „Das klingt noch trauriger als meine Geschichte."
Er verneigte sich leicht. „Dann freut es mich, dass meine Geschichte dabei hilft, die Ihre in einem besseren Licht erstrahlen zu lassen."
Sie lächelte warm. „Ich bin froh, dass ich Ihnen begegnet bin, Sir Gryffindor."
Ernst erwiderte er ihren Blick „Die Ehre war ganz meinerseits." Auf dem Weg zur Tür wandte er sich noch einmal zu ihr um. „Sie sind eine beeindruckende Frau. Ich wünsche Ihnen alles Glück der Welt."
Ihre Lippen zuckten. „Ich bin zufrieden in Hogwarts. Und ich helfe künftigen Generationen dabei, ein paar anständige Gedanken in ihre Köpfe zu bekommen. An manchen Tagen erscheint mir das wichtiger als Glück." Sie holte tief Luft. „Sir Gryffindor?"
„Professor?"
„Es mag seltsam für Sie sein, das zu hören, aber ich habe den Gründer meines Hauses stets bewundert. Sie dann persönlich zu treffen, war vollkommen anders, als ich erwartet habe. Sie sind gänzlich anders als das Bild, dass ich mir von Ihnen gemacht habe. Aber ... ich wollte nur sagen, dass ich froh bin, dass Sie es sind."
Godric schritt zurück zu ihr an den Tisch und gab ihr einen Handkuss. Und auch, wenn seine Lippen ihre Hand kaum streiften, hielt er sie deutlich länger, als es notwendig gewesen wäre. „Auf wiedersehen Professor."
Sie geleitete ihn zur Tür. „Auf wiedersehen, Sir Gryffindor."
Als er schließlich ging, schaute sie ihm noch nach, als er schon längst aus ihrem Blickfeld verschwunden war.

XXX

Albus Dumbledore war gerade auf dem Weg in sein Büro gewesen, als er Salazar Slytherin an einem der Fenster von Hogwarts stehen sah. „Ich dachte, die Zeiten wären vorbei, an denen man Salazar Slytherin allein und getrennt von seinen Freunden ansichtig wird."
Lächelnd drehte sich Salazar zu dem Schulleiter um. „Machen Sie sich keine Sorgen um mich. Die anderen sind gerade mit Dingen beschäftigt, bei denen ich um nichts in der Welt involviert werden möchte."
Der Schulleiter deutete sein belustigtes Lächeln richtig. „Ah, die Liebe. Sie mag das größte Geschenk auf Erden sein. Für Außenstehende macht sie das aber nicht unbedingt und nicht immer ertragbar." Seine Augen funkelten. „Während deine Freunde also in der Gesellschaft des Menschen, den sie lieben verweilen, hast du etwas gegen die Gesellschaft eines alten Mannes einzuwenden?"
Salazar schmunzelte. „Nur zu. Ich würde sagen, es ist eine Art von Tradition, dass wir ein Gespräch führen, wenn alles überstanden ist."
Glucksend trat der Schulleiter an seine Seite. „Dieses Mal bin ich es allerdings nicht, der Erklärungen oder weise Worte für dich bereit hat. Du hast schon immer deinen Weg selbst gefunden. Aber nie hast du mich so sehr beeindruckt, wie in den letzten Wochen."
Salazar neigte den Kopf. „Wärest du nicht gewesen, ich weiß nicht, ob es uns gelungen wäre, den Dämon aufzuhalten. Die Geschichte hätte sich wiederholt und das nicht gerade zum Guten."
Dumbledore blickte ihn lange an. „Die Legende über die Gründer hat sich tatsächlich so zugetragen, nicht wahr? Du hast einen Teil der Essenz des Dämons damals in dich aufgenommen."
Salazar nickte. „Und ich habe den Einfluss Asmodais unterschätzt."
Langsam schüttelte Dumbledore den Kopf. „Du hast dich für deine Freunde und die magische Welt aufgeopfert. So, wie du es immer getan hast. Ich bin froh, dass ich einen kleinen Beitrag leisten konnte." Er tippte sich an die Stirn. „Den Orden des Phönix zu benachrichtigen, gehörte dabei zu meinen besseren Ideen."
Eine Weile blickten sie gemeinsam auf die Ländereien hinaus.
„Habt ihr tatsächlich vor, in der Gestalt von Schülern an diese Schule zurückzukehren?", fragte Dumbledore nach einer Weile.
„Hogwarts ist unser zu Hause", erwiderte Salazar sanft. „Wir gehören hierher. Außerdem gibt es politisch einiges zu tun, bei dem mir die Rolle von Harry Potter nur zum Vorteil gereichen kann."
„Tatsächlich?", fragte Dumbledore interessiert.
Salazars Augen blitzen hintergründig. „Ich habe Sirius Black mit erheblicher politischer Macht ausgestattet. Lucius Malfoy und Minister Scrimgeour haben bei mir eine Lebensschuld einzulösen. Außerdem habe ich mit dem Minister bereits eine Abmachung getroffen, die mich ihm gegenüber in eine beratende Position bringt. Ich schwöre dir Albus, in den nächsten Jahren wird sich einiges ändern."
Albus rückte seine Halbmondbrille zurecht. „Das hast du geplant? Von Anfang an?"
Salazar lächelte. „Meine Pläne verlaufen niemals kurzfristig."
Der Schulleiter schmunzelte. „Wie es scheint, muss ich dich dringend zu einer Partie Zaubererschach herausfordern. Du musst wissen, ich hatte seit Jahrzehnten keinen ebenbürtigen Gegner mehr."
Salazar lächelte. „Es wäre mir ein Vergnügen."

Als er spät in der Nacht zu seinen Räumlichkeiten zurückkehrte, lag ein Hund vor seinem Kamin. Der schwarze Neufundländer wedelte begeistert mit dem Schwanz, als ein eintrat. Salazar schmunzelte. „War es dir zu langweilig im Grimmauldplatz?"
Sirius verwandelte sich zurück und grinste Salazar zu. „Nein, so schnell wird es dort nicht mehr langweilig werden. Dafür hast du gesorgt." Sein Lächeln erlosch und er wandte den Blick ab. „Ich wollte mich entschuldigen. Durch mein hitzköpfiges Verhalten habe ich euch alle in Gefahr gebracht."
Salazars Stimme duldete keinen Widerspruch. „Und wärest du nicht gewesen, hätten wir Asmodai niemals bezwingen können." Forschend betrachtete der Gründer Slytherins seinen Schützling. „Und obwohl du in Voldemorts Gewalt warst, war es dir möglich, einige entscheidende Informationen vor ihm zu verbergen."
Sirius zuckte mit den Schultern. „Ich hatte einen guten Lehrer. Als er in meinen Geist eindrang, dachte ich dummerweise an unseren Okklumentikunterricht und so wusste Voldemort in Windeseile alles über deine Verbindung zu Grünauge. Aber nach Harry Potter suchte er nicht in diesem Zusammenhang und so gelang es mir, diese Information unauffällig vor ihm zu verbergen."
Salazar lächelte stolz. Die Wärme in seinen Augen nahm den Worten die Schärfe. „Wie schön, dass es mir scheinbar gelungen ist, doch ein paar Informationen in deinen Dickschädel zu prügeln."
Sirius lachte. „Dabei habe ich mich sosehr bemüht, dich bei dieser Aufgabe zu boykottieren."
Eine Weile saßen sie nebeneinander, während das Feuer im Kamin prasselte. „Weißt du, was ich denke?", fragte Sirius nach einer Weile. „Damals, als ich dich als kleiner Junge zum ersten Mal beschworen habe, habe ich mir nichts sehnlicher gewünscht, als eine Familie, die ich nicht hassen muss. Ich weiß, wir sind nicht verwandt ... aber letztendlich macht es keinen Unterschied. Ich habe in dieser Nacht Familie beschworen."
Lächelnd griff Salazar nach Sirius Hand. „Das hast du. Und weißt du was? Deine Familie könnte größer sein, als du denkst."
Sirius hob den Kopf. „Was meinst du damit?"
In diesem Moment stürmten Rowena und Ron in den Raum. „Du warst nicht im Grimmauldplatz", sagte Rowena außer Atem.
„Da dachten wir, du bist vielleicht hier?", fügte Ron an.
Salazar seufzte theatralisch. „Wann wird irgendeiner von euch eigentlich einmal lernen, zu klopfen?"
Er wurde ignoriert.
Verdutzt blickte Sirius von einem zum anderen. Nur zu gut erinnerte er sich an die vertraute Präsenz von Ron in seinem Geist und an das seltsame Bedürfnis, ihm zu gehorchen.
„Moment mal ... wollt ihr mir gerade sagen, dass ..."
Im nächsten Moment wurde er von Rowena und Ron in eine feste Umarmung gezogen. Als er den Blick hob, sah er, dass der Geist von Ravenclaw sie aus einem Winkel des Raumes beobachtete. Auf den Lippen der grauen Damen lag ein warmes Lächeln.
Im nächsten Moment betrat Helga den Raum. Ihr Haar war zerzaust und auf ihren geschwollenen Lippen lag ein seliges Lächeln. „Ah, hier seid ihr also", sagte sie munter, bevor sie fragend von einem zum anderen blickte. „Was habe ich verpasst?"
Gleich hinter ihr betrat Godric Gryffindor den Raum.
Salazar seufzte erneut, doch Humor funkelte in seinen Augen. „Warum müsst ihr euch ständig alle selbst bei mir einladen?"
Godric grinste. „Das ist doch schon Tradition. Es wäre schade, wenn wir einfach damit aufhören würden."
„Entsetzlich schade", murmelte Salazar. Aber sein Blick war warm.
„Hast du es ihr gesagt?", fragte er leise.
Godric schüttelte den Kopf. „Es wäre seltsam. Ich habe vor, hier noch fast zwei Jahre die Schule zu besuchen. Aber anschließend? Ich könnte es mir vorstellen."
Helga lächelte wissend. „Es ihr zu sagen? Oder mehr?"
Ein abwesender Ausdruck legte sich über Godrics Züge. „Das wird die Zeit zeigen. Und es kommt wohl darauf an, wie entsetzt sie reagiert. Aber sie ist eine beeindruckende Frau."
Rowena drückte seine Hand. „Ich bin mir sicher, wenn es soweit ist, wirst du wissen, was zu tun ist."
Ron nickte grinsend. „Und falls nicht, dann bestimmen wir eben für dich."
Sirius blickte von einem zum anderen. „Wollt ihr mir nicht mal sagen, um was es hier geht?"
Ron legte ihm einen Arm um die Schulter. „Die Geschichte musst du hören."
Und während die fünf Freunde ihm munter, und sich gegenseitig ins Wort fallend, die Geschichte einer besonderen Liebe erzählten, fühlte Sirius, wie ein warmes Gefühl in ihm hochstieg.

Damals, als kleine Junge, hatte er einen Geist beschworen, weil er sich eine Familie gewünscht hatte.

Und irgendwie, über zahlreiche Umwege, hatte er eine bekommen.

Harry Potter und die Legende der GründerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt