6. Kapitel

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Wahrscheinlich sind Mr. Landon und ich uns noch nie so nahe gekommen wie in diesem Moment. Vermutlich hat er mir auch noch nie eine solch exklusive Aufmerksamkeit geschenkt.

Mr. Landon sieht weder freundlich noch unfreundlich aus, aber sein Blick ist intensiv und selbst wenn ich wollte, könnte ich mich augenblicklich vermutlich nicht vom Fleck rühren. Es ist eine gewisse Autorität, die von ihm ausgeht und die nichts mit der Tatsache zu tun hat, dass er mein Vorgesetzter ist. Und je länger er mich anblickt, desto heißer wird mir. Ich fürchte schon, dass mir gleich die Schweißperlen von der Stirn laufen werden.

Und gerade als ich etwas sagen will, um die Spannung zwischen uns zu lösen und mich aus dieser Situation herauszureden, kommt er mir zuvor.

„Der Inhalt der Verschwiegenheitsklauseln ist Ihnen hoffentlich bekannt, Ms. Adams", sagt er.

Und wow, er klingt wirklich verdammt streng. Himmel noch mal, was denkt er eigentlich von mir. Ich fühle mich wie eine ungelehrsame Schülerin.

„Natürlich ist mir dieser bekannt", erwidere ich und kann mir meine Schärfe im Ton dabei nicht verkneifen.

Wieder fixiert er mich wortlos und sieht mich mit diesen unglaublichen blau-grünen Augen an. Genaugenommen kann ich nicht genau bestimmen, ob seine Augen jetzt blau oder grün sind. Zuvor ist mir nie aufgefallen, wie besonders seine Augen sind. Aber bisher hat er mich auch noch nie so angesehen, dass ich Zeit gehabt hätte, seine Augenfarbe zu studieren.

„Da habe ich Sie wohl eiskalt erwischt, Ms. Adams", bricht er schließlich erneut unser Schweigen und zum ersten Mal sehe ich ein minimales Grinsen in seinem Gesicht.

Oh Mann, ist das quälend und peinlich. Obwohl es ihm ja eigentlich ebenso peinlich sein könnte.

„Ich Sie ja wohl auch", erwidere ich, während ich mich kerzengerade auf meinem Sitz aufrichte.

Er schmunzelt.

„Nur ist es mir, glaube ich, nicht so unangenehm wie Ihnen."

„Wie kommen Sie darauf?"

Statt mir zu antworten, lächelt er nur. Natürlich spüre ich, wie mein ganzes Gesicht glüht. Das wird ihm kaum entgangen sein, immerhin sieht er mich sehr aufmerksam an, zu aufmerksam.

„Ja, es ist mir unangenehm, meinen Vorgesetzten in einem solchen Club zu treffen. Ausgerechnet heute, wo ich ganz zufällig eine Freundin hierher begleitet habe", gestehe ich.

„Zufällig?", fragt er und kann sich ein Grinsen nicht verkneifen, während er sich wie selbstverständlich halb auf den Barhocker vor mich setzt.

Ich habe keine Ahnung, wie ich die folgende Unterredung mit ihm überleben soll. Dummerweise sieht er mich in diesem Moment auch noch ehrlich interessiert an. Was soll ich ihm nur sagen?

„Eigentlich wollte ich nur sagen, dass solche Clubs nichts für mich sind", erwidere ich.

„Und warum sind Sie dann hier?"

Eine noch heftigere Hitzewelle erfasst meinen mittlerweile völlig erschöpften Körper. Seine Frage ist natürlich berechtigt. Nur eine Antwort fällt mir dazu leider nicht ein.

Warum bin ich wirklich hier? Sind meine Hormone Schuld oder meine Sexflaute? Wollte ich insgeheim herausfinden, wie weit ich gehen würde oder ob mir Sex ohne tiefere Gefühle zusagt?

„Ich schätze, ich war einfach nur neugierig", erwidere ich schließlich.

„Sie sind hier also wie eine Besucherin im Zoo?"

„Klingt komisch, aber so in der Art schon."

„Und haben Sie schon interessante Entdeckungen gemacht, wurde Ihr Bedürfnis nach Abartigkeiten und Skurrilität befriedigt?"

Verlegen und mit wild klopfendem Herzen senke ich meinen Blick. Und ich kann nichts gegen das innere Bild tun, das sich mir aufdrängt und auf dem sein Geschlechtsteil zu sehen ist.

„Ich... ich war bisher nur in der Bar", sage ich, nachdem ich ihm wieder in die Augen sehe und mich fühle, als würde mir auf der Stirn geschrieben stehen – ich habe mehr von dir gesehen, als du denkst.

Dark SecretWo Geschichten leben. Entdecke jetzt