10. Kapitel

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„Kein zurück", befehle ich mir, als ich das Büro von Mr. Landon fast erreicht habe. Ich muss wissen, wie er auf das reagiert, was am Sonntagabend passiert ist. Wie wird er damit umgehen? Professionell? Kühl? Hat der heiße Kuss womöglich Konsequenzen für mich?

Der Dark Secret Club ist hochexplosiv. Die Atmosphäre, die dort herrscht, hat mich sämtliche rote Linien überschreiten lassen. Und jetzt muss ich mich aus dem Schlamassel ziehen, in das ich mich selbst hineinmanövriert habe.

Meine anfänglich energischen Schritte, werden immer zögerlicher, je näher ich meinem Ziel komme. Aber ein Kneifen werde ich mir nicht verzeihen.

Als ich in das Vorzimmer von Mr. Landons Sekretärin trete, ist niemand anwesend. Ich gehe deshalb direkt auf die geschlossene Tür zum Büro meines Chefs zu.

Mein Herz pocht mir bis in den Hals.

Jetzt oder nie...

„Miss", lässt mich jedoch eine Stimme kurz bevor ich zum Klopfen an die Tür ansetzen will, aufschrecken.

Ich ahne bereits, wer wie aus dem Nichts neben mir aufgetaucht ist.

Mit einem leisen Seufzer blicke ich mich um und direkt in die babyblauen Augen von Mr. Landons Sekretärin. Man darf sich von ihrem Äußeren nicht täuschen lassen, nicht von den großen Augen und ihrer stets pastellfarbenen Erscheinung.

„Was wollen Sie hier?", fragt sie forsch, als hätte sie mich auf frischer Tat bei einem Vergehen ertappt. Und vermutlich ist es auch eines, unangekündigt in das Reich des großen Häuptlings hineinspazieren zu wollen. Ms. Mills ist nicht nur Mr. Landons Sekretärin, sondern auch sein leibeigener Bull Terrier. Sie zeigt einen beängstigenden Eifer, wenn es darum geht, Mr. Landon vor allem unwichtigen Firlefanz zu schützen.

„Ich will mit Mr. Landon sprechen", sage ich ihr und blicke ihr dabei direkt in die Augen. Vor ihr darf man keine Unsicherheit zeigen, denn das macht einen in ihren Augen nur verdächtig.

„So", erwidert sie.

„Ms..."

„Adams", ergänze ich sie. Bin ich in dieser Firma tatsächlich so unwichtig, dass sie nicht einmal mehr meinen Namen weiß. Immerhin arbeite ich in Mr. Landons Unternehmen seit acht Monaten.

„Um was genau, geht es, Ms. Adams?", erkundigt sie sich, während sie mich sehr offensichtlich mustert.

„Ich müsste dringend mit Mr. Landon über eines der Projekte sprechen", erkläre ich mich und hoffe, dass meine Wangen nicht ebenso rot wie heiß sind.

„Hmm", macht sie und ist offensichtlich mit meiner vagen Antwort wenig zufrieden.

„Ich werde ihn fragen", spricht sie nach einer Weile dennoch die erlösenden Worte und verschwindet kurz darauf in Mr. Landons Büro. Es dauert nicht lange, bis sie wieder zurückkommt.

„Er empfängt Sie", teilt sie mir mit.

Ich muss mir trotz meiner Aufregung fast ein Lachen verkneifen. Er empfängt mich. Was für eine Ehre.

Doch als ich sein Bürozimmer betrete und die Tür hinter mir schließe, ist mir nicht mehr zum Lachen zumute. Vor lauter wilder Spontanität habe ich mir noch nicht einmal Worte zurechtgelegt. Hoffentlich werde ich mich nicht gleich um Kopf und Kragen reden.

Sein Büro ist riesig und er sitzt an einem schwarzen Schreibtisch und blickt auf zwei übergroße Bildschirme.

„Über welches Projekt wollen Sie mit mir sprechen?", erkundigt er sich, ohne seinen Blick von seinen Computerbildschirmen zu wenden.

Er würdigt mich tatsächlich keines Blickes?! Vermutlich hat der Abend im Club für ihn keine Bedeutung und auch nicht die Tatsache, dass er eine seiner Angestellten leidenschaftlich geküsst hat. Er ist wirklich abgebrühter, als ich gedacht habe. Aber was habe ich schon von einem Mann zu erwarten, der seit zwei Jahren in einen Sexclub geht und dort Horizontalsport wie in einem Fitnessstudio betreibt und sich dabei auch noch beobachten lässt.

Unwillkürlich sehe ich wieder Bilder vor meinem inneren Auge aufblitzen, die nicht hierhergehören.

„Ich will mit Ihnen über das Clubprojekt von Sonntagabend sprechen", höre ich mich sagen und bin überrascht wie locker die Worte mir über die Lippen kommen.

„Ok", erwidert Mr. Landon ungerührt, während er etwas auf seiner Tastatur tippt. Ein bisschen mehr Reaktion seinerseits habe ich schon erwartet. Offensichtlich hat er wichtigeres zu erledigen, als mit mir zu sprechen.

„Ich kann auch später wiederkommen, wenn es Ihnen dann besser passt", lasse ich ihn wissen.

„Nein, nein", erwidert er schnell und gibt mir endlich die Ehre, mich anzusehen. „Schließlich scheint es Ihnen sehr wichtig zu sein, mit mir zu sprechen."

„Geht so", gebe ich zurück.

Er grinst und hebt die Augenbrauen.

„Es ist noch sehr früh. Sie haben es offensichtlich gar nicht erwarten können."

„Verdammt, ist das denn so verwunderlich", rufe ich ärgerlich aus, „ich habe doch keine Ahnung, was das, was im Club passiert ist, jetzt für mich zu bedeuten hat."

„Oh", erwidert er und erhebt sich aus seinem Bürostuhl. Anschließend lehnte er sich lässig an seinem Schreibtisch an.

„Darüber muss ich erst noch nachdenken", informiert er mich und fixiert mich mit seinem Blick.

Ich schlucke schwer. Doch dann bemerke ich, wie ein minimales Grinsen über sein Gesicht huscht.

Hat er mich jetzt tatsächlich auf den Arm genommen? Ich bin ein bisschen ärgerlich über ihn, aber auch erleichtert, dass er die Angelegenheit nicht zu ernst nimmt.

„Ich bin verwirrt und weiß gar nicht, was am Sonntag in mich gefahren ist", erkläre ich mich, obwohl ich weiß, dass es besser wäre in diesem Moment zu schweigen.

„Und das auch noch, obwohl solche Clubs überhaupt nichts für Sie sind", erinnert mich mein Boss an meine Worte.

„Ich fürchte, Sie haben jetzt einen falschen Eindruck von mir gewonnen."

„Welchen Eindruck soll ich denn von Ihnen haben?"

„Mir ist Professionalität im Berufsleben sehr wichtig."

„Mir auch."

„Aber das am Sonntagabend war nicht professionell."

„Das war auch nichts Geschäftliches."

„Aber jetzt ist es geschäftlich."

„Ja?", fragt er, stößt sich von seinem Tisch ab und geht ein, zwei, drei Schritte auf mich zu, bis er direkt vor mir steht.

Ich vergesse fast zu atmen.

Wieder einmal stelle ich fest, wie groß er ist. Ich muss meinen Kopf sogar etwas in den Nacken legen, um ihm ins Gesicht zu sehen.

Wer ist dieser Mann? Was geht in ihm vor?

Ich weiß genau, dass jetzt der Zeitpunkt gekommen ist, an dem ich mich von ihm verabschieden und sein Büro verlassen sollte, aber ich kann mich einfach nicht rühren. Dabei habe ich dieses Mal keinen Tropfen Alkohol im Blut und überhaupt keinen guten Grund, ihm nicht auszuweichen.

Er rührt sich ebenfalls nicht. Aber allein seine Nähe fühlt sich wie tausend kleine Stromschläge an, die geradewegs in meinen Unterleib schießen. Fassungslos nehme ich meine Reaktion auf meinen Boss zur Kenntnis. Was ist nur mit diesem Mann? Verfügt er über ein Zaubermittel, mit dem er Frauen in willenlose Wesen verwandeln kann? Obwohl willenlos kaum das richtige Wort ist, denn mein Körper weiß nur zu gut, was er will und reagiert entsprechend. Ich spüre, wie meine Nippel sich verhärten und ich zwischen den Beinen feucht werde. Und das alles nur, weil er mir so nahe ist. 

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