Kapitel 9

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Felix' Sicht:


Ich war geschockt, Lea so zu sehen. Ich wusste, dass sie Narben hatte, aber nicht, dass es so viele waren. Ihre Rippen standen weit raus, sie hatte einen großen Spalt zwischen ihren Beinen. Sie bestand nur aus vernarbter Haut und Knochen. Es war schrecklich. Auch der Arzt war geschockt. Er sah sich die Wunden an und säuberte sie. Dabei verzog Lea immer wieder das Gesicht. Es musste ziemlich schmerzvoll sein, Desinfizierungsmittel auf offene Wunden zu kommen.

Der Arzt verband die noch nicht verheilten Wunden und wir setzten uns wieder auf die beiden Stühle vor dem Schreibtisch des Arztes.

„Ich nehme an, sie wohnen bei ihren Eltern?", fragte der Arzt ruhig.

Lea schüttelte nur den Kopf und sah auf den Boden. Nervös spielte sie mit ihrem Oberteil. Sie hatte noch fast nichts gesagt, sondern war die ganze Zeit ruhig.

„Wo dann?"

Lea blieb still.

„Da sie noch nicht 18 sind und anscheinend keinen festen Wohnsitz haben, müssen sie wahrscheinlich noch für 1 Jahr in ein Heim."

Leas Augen weiteten sich. Ich wusste, dass sie das auf keinen Fall wollte.

„Sie wohnt bei mir", sagte ich schnell, ohne groß darüber nachzudenken.

Lea sah verwirrt zu mir, aber blieb immer noch still.

„Nun gut. Wenn ich dann ihre Daten aufnehmen könnte?", sagte der Arzt ebenfalls etwas verwirrt.

Schnell sagte ich ihm meine Adresse, meinen Namen und mein Geburtsdatum und dann konnten wir gehen.

Die Stille, die von Lea ausging, beunruhigte mich. Wollte sie das überhaupt? Wäre sie vielleicht doch lieber im Heim, als bei mir zu wohnen?

„Danke, Felix", sagte Lea zaghaft und sah mich an.

Ich lächelte sie an.

„Kein Ding!"

Wir stiegen ins Auto und ich erzählte Taddl gut gelaunt, dass wir nun eine neue Mitbewohnerin hatten. Ich wusste, was er dachte, obwohl er es, wahrscheinlich wegen Lea, nicht aussprach. Er dachte, dass das alls zu unüberlegt und überstürz war. Damit hatte er vollkommen recht, aber ich hörte auf mein Bauchgefühl, welches mir sagte, dass es richtig war, ihr zu helfen.

Die Fahrt über waren wir still. Taddl stellte keine Fragen, was wahrscheinlich auch besser so war.

Als wir endlich wieder Zuhause angekommen waren, gingen wir sofort in unsere Wohnung. Immer noch waren wir still, doch die Stille war nicht unangenehm.

„Geh am besten schon in die Wohnung, ich kläre alles.", sagte ich und deutete in die Richtung, in der mein Zimmer lag. Sie nickte und verschwand darin.

„Yo Dner! Was hat der Doc gesagt?", fragte Taddl endlich mal wieder gut gelaunt.

„Ehm.... Also eigentlich nichts... nur, dass Lea ins Heim muss... und ich wusste, dass sie es auf keinen Fall wollte. Deswegen hab' ich halt gesagt, dass sie bei mir wohnt.", sagte ich verlegen und kratzte mich am Kopf.

„Ehm... ok? Findest du das nicht ein bisschen überstürzt? Aber naja, mir machts nichts aus!", sagte Taddl gut gelaunt.

Ich hätte mit allem gerechnet, aber nicht damit, dass es ihm egal war.

Verwirrt sah ich ihn an, aber er ging einfach an mir vorbei und klopfte mir nur auf die Schulter. Ich ging in meine Wohnung um nach Lea zu schauen.

„Alles in Ordnung?", fragte ich sie vorsichtig.

„Ja", antwortete sie.

Ich wusste, dass es nicht stimmte, aber ich harkte nicht weiter nach.

Sie ging zu meinem Arbeitsplatz und sah sich die beiden Bildschirme an.

„Was war das eben?", fragte sie mich.

Ich dachte kurz nach, was sie mit „eben" meinte.

„Das war ein Fan. Ich mach' Youtube. Und ja.. es kommt halt öfter mal vor, dass ich auf der Straße erkannt werde und dann um ein Foto oder Autogram gefragt werde."

„Ok. Und bist du sehr erfolgreich?"

„Du kannst ja mal raten, wie viele Abonnenten ich hab'", sagte ich grinsend.

„100?", fragte sie zaghaft.

„Mehr"

„500"

„Mehr"

„Gib' mir einen Tipp!", sagte sie und ich sah in ihren Augen ein leichtes Glitzern, anscheinend machte es ihr Spaß.

„Es sind viel viel viel mehr, als du geschätzt hast. Also 500.000 kommt schon eher heran, aber ist trotzdem noch falsch."

Ihre Augen weiteten sich bei der Zahl und ich grinste sie verlegen an.

„6-600.000?", fragte sie stotternd.

„Mehr"

"Okay, ich sage jetzt ne unrealistische Zahl und du musst sagen, wie weit ich über deiner drüber liege, ok?"

Ich nickte.

„900.000", sagte sie und ein leichtes Grinsen schlich sich in ihr Gesicht.

„Du liegst so um die 900.000 falsch."

„Hä? Also doch nicht so viele?"

„Ne ne, du lagst noch 900.000 drunter!", rief ich lachend.

„Wirklich?", ihre Augen weitete sich noch mehr und ich konnte mir ein weiteres Lachen nicht unterdrücken.

„A-Also 1.800.000?"

Ich nickte nur.

„Oh mein Gott", sagte sie, sah mich an und ich bekam durch ihre immer noch vor Schreck geöffneten Augen einen riesigen Lachanfall.

Hurt (Dner FF) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt