"Wieso gefällt mir die Idee kein Stück?" Handro fährt sich irritiert durch sein dunkelbraunes, mattes Haar. Sein Brustkorb wird mit jedem Atemzug schwerer. Es beschleicht ihm ein seltsamer Vorbote, der mit einer Kühle aus dem dunklen, dreckigen Keller hervorkriecht, um sich über jeden einzelnen von ihnen zu legen.
Nachdem Kia die drei Freunde zusammengerufen hat, ging er zunächst von dem schlimmsten Szenario aus. Doch der Wahnsinn der Wyrian steht ihr ins Gesicht geschrieben. Obwohl er mehrfach den schwarzen Humor gelobt hat, lächelt sie nicht. Nein. Kia meint es ernst. Der geschmiedete Plan soll ausgeführt werden. Es wird in einer Katastrophe enden. So wie immer. Nach all der Zeit sollte die Verrücktheit der Wyrians Alltag geworden sein und doch überraschen sie ihn immer wieder.
Trotz des fragwürdigen Aufmunterungsversuches geht ihm eine sichtbare Veränderung nicht aus dem Kopf. Es ist das erste Mal, dass sie die Freunde ihres Bruders um einen Gefallen bittet. Die Lage vermag ernster zu sein als angenommen.
Seit er vor anderthalb Jahren Raxa das Leben gerettet und dabei schwer verwundet wurde, kann er selbst nicht mehr am Kampf teilnehmen. Darum bekommt er Raxa selten zu Gesicht. Es wundert ihn, dass ausgerechnet er von Kia kontaktiert wurde. Noch merkwürdiger erscheint es, dass sie nach ein paar Augenblicken aus dem Haus verschwunden ist und die Gäste mit Maqua allein gelassen hat. Besorgt spielt er an seine etlichen Ohrenpiercings rum.
"Vielleicht weil sie von Kia stammt?", witzelt Fana und kichert leicht. Ihr Zwergfell stellt sich in Alarmbereitschaft. Als einzige Freundin der jungen Wyrian fällt es ihr schwer nicht vor Sorgen zusammen zu brechen. Sie zieht ihre graue Bäckerjungenmütze tiefer ins Gesicht.
In letzter Zeit hat sie kaum Zeit mit Kia verbringen dürfen und sich darum über eine Nachricht gefreut. Doch seit sie mit dieser Gesellschaft in den Keller abgestellt wurde, beschleicht sich das Gefühl von Gefahr. Wenn Kia ihren größten Rivalen Kess einlädt, dann nur, weil es sich um den Weltuntergang handelt.
"Hey, hört auf. Sie bekommt das nachher mit und ihr wisst wie furchteinflößend sie sein kann." Mit diesen Worten schüttelt sich besagter Mann, der seine Hände in die Außentaschen seiner glutroten Lederjacke vergräbt. Als bester Freund Raxas sollte er dieses Treffen möglicherweise als wichtig erachten, doch allein der Gedanken an Kia lässt ihm das Blut gefrieren. Nach einem traumatischen Kindheitserlebnis -durch besagte Frau, die er namentlich nicht nennen möchte - hat er gehofft, ihr aus dem Weg gehen zu können.
Doch möglicherweise hat er nicht mit ihrem großen Bruderkomplex gerechnet - oder mit ihrem einnehmbarem Wesen, welches nur zum Vorschein kommt, um ihn danach erneut zu zerfleischen.
"Stellt euch nicht so an. Wollt ihr Kia nicht auch endlich wieder lächeln sehen? Seit Raxa vor anderthalb Jahren schwer verletzt worden ist, hat sie sich komplett eingesperrt und redet vorwiegend nur noch mit ihren Skeletten." Maqua baut sich bedrohlich auf und verschränkt zornig seine Arme.
"Das stimmt nicht ganz", widerspricht Fana feixend, "immer, wenn Raxa und Hax in eine Schlacht ziehen, reist sie zu ihrer Mutter, um dort mit ihr gewaltige Schutzzauber zu wirken. Ich denke, dass die beiden ihre Familie aus dem Hintergrund viel unterstützen." Für einen Augenblick wird alles still um sie herum. Verdutzt blicken sich die Anwesenden gegenseitig an.
"Woher weißt du das, Fana?" Maqua tritt erstaunt vor und legt seinen Kopf schief. Seine bernsteinfarbenen Augen glänzen vor Neugier. Fana streckt grinsend ihre Zunge raus und zeigt kichernd mit allen Fingern auf sich, um ihm ihre Überlegenheit zu demonstrieren. Ihr schulterlanges Haar leuchtet korallenfarben entgegen, als ob ihr Auftritt endlich gekommen sei und sie nun mit ihrer Präsenz angeben könne.
"Mutter und Tochter schreiben sich täglich Briefe. Als Postbotin kann ich mir das ein oder andere leisten, weißt du?" Sie streckt erneut ihre Zunge raus.
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Die Abenteuer der Wyrians
FantasyRaxa Wyrian hat mehr Schlachten erlebt, als viele seiner gleichaltrigen Kameraden und dennoch kann er sich davon nicht losreißen seine Familie und Freunde beschützen zu wollen. Doch sowohl Hauptmann Hax als auch seine Schwester Kia Wyrian wissen, da...