Die Nacht vor der Abreise

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Die Sterne des ewigen Kosmos funkeln hell. Die ruhige Nacht, in der die Polarlichter wie das seichte Meer toben, bringt im Innern eines besagtem Sandsteinhauses eine klirrende Kälte zum Vorschein, die bis zu dem Veteranen hervortritt, der sich nachdenklich über die Pläne des neusten Modells eines Maschinengewehrs stützt. Seit dem gestrigen Tag übt sich Okala im Trübsal blasen. Der Grund dafür ist klar definiert.

Nach dem Vorfall im Keller hat seine Schwester einen sichtlichen Schaden davon getragen. Obwohl er den wahren Grund für ihr Unwohlsein nicht begreift. Sie ist der Inbegriff der Bosheit. Dagegen haben weder Maqua noch Kia eine Chance. Bedauerlicherweise hat er das Treffen zwischen Raxa und seiner Schwester miterlebt. Stundenlang tobte der Schrecken, der sich Okala schimpfte. Er wundert sich, dass sein Freund diese schwere Stunde überlebt hat. Doch ob er den schweren Schlag verkraften wird, weiß nur Granaltania selbst.

Vorsichtig linst er durch seine schwere Eisentür. Die Stille beunruhigt ihn zutiefst. Bis vor kurzem hat er ihr unentwegtes Seufzen ertragen müssen. Ob sie sich gefangen hat? Handro wagt es sich aus seiner schützenden Kammer hinaus in die freie Wildbahn. In der Hoffnung, dass er nicht Granaltania geopfert wird, läuft er den langen Flur entlang und bleibt vor dem Ende des Ganges stehen. Nur die kleinen aufflackernden Wandlichter in Form von Kirschblüten erhellen den Weg.

Eines seiner abstehenden Ohren lehnt er gegen das kühle lavendelfarbige Gestein der Tür an. Er hält seinen Atem an und horcht auf. Ein leises Ticken ist zu vernehmen. Das wird von ihrer lebensgroßen Sanduhr ausgehen. Okala beruhigt das Geräusch des durchfließenden Sandes. Dieses Gefühl kann er nicht nachempfinden. Handro würde durchdrehen.

"Schwester?" Der Veteran klopft vorsichtig an. Doch kein Geräusch ertönt. Möglicherweise ist sie eingeschlafen. Vielleicht sollte er sie nicht stören. Doch aus einem unerklärlichen Grund hat er den Eingang zum Käfig unterbewusst geöffnet.

Ehe er sich versieht, steht er mitten in ihrem Schlafgemach - mit der Türklinke in der Hand. Verwundert über seine Stärke betrachtet er den Gegenstand in seiner Hand. Das Haus ist zerfallener als er in Betracht gezogen hat. Möglicherweise sollte er die Reparaturen des Eigenheims nicht immer verschieben. Seine Schwester wird durchdrehen, wenn er ihren Bereich weiter zerstört. Auch wenn dies unbeabsichtigt geschieht.

Das Schlafzimmer wirkt mit den zusammen gewürfelten Möbeln chaotisch wie eh und je. Sie hat ein Fabel für merkwürdige Antiquitäten. Die Sanduhr ist nicht der einzige Beweis für ihre einzigartige Persönlichkeit. Die Sammlung Karaffen und die Vorliebe für alte Puppenhäuser vervollständigen seine Beweisführung.

Obwohl die Dunkelheit dem Raum innewohnt, kann er seine Schwester in ihrem Bett ausmachen. Seine Mundwinkel zucken unweigerlich hoch. Vor Erschöpfung ist sie eingeschlafen. Er streicht ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Manchmal kann seine Schwester wirklich friedlich und zugleich unvorsichtig sein. Schließlich ist Okala in einem leichten Kleid eingeschlafen. Das milde Herbstwetter könnte ihrer Gesundheit zum Verhängnis werden. Handro zieht zwei Decken aus dem Kleiderschrank hervor und deckt sie damit liebevoll zu.

Wenn diese friedlichen Augenblicke nur ewig halten könnten. Doch er weiß, dass das Fortbestehen ihrer Spezies vom Ausgang des Krieges abhängig ist. Als ein Sternschauer vom Himmel fällt, erkennt er einen Brief vor sich. Neugierig beugt er sich über das Pergamentpapier. Die Verstimmung seiner Schwester rührt anderweitig. Damit hätte er rechnen müssen. Nun ergibt die merkwürdige Überraschung der Tochter Wyrians Sinn.

Raxa begibt sich auf eine lange Reise, um ein Heilmittel zu finden. Es heißt kein Lebewohl und dennoch kann niemand sicher sein, ob und in welcher Verfassung sie sich wiedersehen werden.

Ein Tantro außerhalb des Schutzgebiets ist frische Beute für jeden Menschen. Zudem existieren noch weitere Rassen, die ihnen wegen ihrer Macht nach dem Leben trachten. Zugleich fehlt die Unterstützung des besten Soldaten im Kampf um den Schutz der Tantros. Niemand kann sich sicher sein wie lange das Heer ohne ihn standhalten werden. Es bedeutet einen Kampf gegen die Zeit. Bedauerlicherweise kann er nichts für seinen Freund tun. Seit seiner Kriegsverletzung ist er ein einziges Wrack. Handro wird in der Abwesenheit des Soldaten auf Okala aufpassen. Und wird sehnlichst auf seine Rückkehr warten.

Die Abenteuer der WyriansWo Geschichten leben. Entdecke jetzt