Alex
Monate später
Widmung: Für alle, die Mitternachtsgespräche genauso sehr lieben wie ich. Für alle die, die ihren Menschen für Mitternachtsgespräche suchen oder gefunden haben.
Ich las die Widmung wieder und wieder. Meine Augen konnte ich von den 21 Wörtern nicht lösen. Auch als die anderen Jungs nach und nach eintrafen, saß ich immer noch wie festgewachsen in dem Drehstuhl vor dem Mischpult in Rafs Musikstudio.
Ich war am Vormittag durch Wien gelaufen, während die Jungs geschlafen hatten. Am späten Vormittag war es vergleichsweise leer und ich konnte ohne viel aufsehen in Ruhe den Tag beginnen. Ich machte am Bäcker halt, bei dem ich so gut wie immer vorbeiging, wenn wir bei Raf waren. Hundert Meter weiter, nachdem ich mir einen schwarzen Kaffee gekauft hatte, kam ich an einer Buchhandlung vorbei. Eigentlich wäre ich einfach weiter gegangen. Sie verkauften mehr Jugendromane, die ich nie las, doch das Buch im Schaufenster ließ mich innehalten. "Every Night at 12" stand in goldener Schrift auf dem Cover. Schwarz und dunkel bei dominierten das Cover. In der Mitte bekam durch ein Fenster Einblick in eine Küche, wo ein Mann und eine Frau miteinander zu reden schien. Mein Magen hatte sich zusammen gezogen, als ich den Namen der Autorin gelesen hatte. Es war Maylas Buch. Sie hatte es veröffentlicht. Ich hatte erneut heftig schlucken müssen, die Augen geschlossen und wieder geöffnet, um zu gucken, ob ich nicht träumte, doch das Buch strahlte mich immer noch aus dem Schaufenster an. Über dem Buch häng ein Schild mit der Aufschrift "Meistverkaufte New Adult Roman dieses Jahr." Darunter waren noch einige Rückmeldungen zu dem Buch abgedruckt, doch das internierte mich weniger. Ich überlegte kurz, ob ich es einfach dabei belassen sollte, doch der Drang war zu groß, das Buch zu lesen.
Seit einer halben Stunde saß ich hier und war nicht weiter gekommen als die fucking Widmung. "Was is los?", fragte Jonas durch den Raum. Ich wanke nur ab und legte das Buch weg. Wieder fing ich an mich mit der Frage zu quälen, wäre ich nicht einfach gegangen. Ich glaubte Mayla, dass sie nichts Böses die ganze Zeit im Hinterkopf gehabt hatte, doch der Schmerz des Verrats hatte damals zu tief gesessen. Heute war er in den Hintergrund gerückt und machte einer Taubheit platzt, die ich noch nie zuvor gespürt hatte und die mich ängstigte.
Jeden Tag beim Aufstehen und beim Zubettgehen gehen sah ich ihr Gesicht vor mir, ihr lächeln und fragte ich 'was wäre wenn?'. Doch jetzt war es zu spät.
John kam zu mir und drehte das Buch um. Er guckte sich das Buch an und ein kleines Lächeln erschien auf seinen Lippen. "Sieht cool aus." Er warf mir einen langen Blick zu, bevor er "Tut es noch weh?" fragte. Ich warf ihm ein schmerzliches Lächeln zu. Daraufhin musterte er mich, bevor er mir mitfühlend auf die Schulter klopfte. Doch ich wollte sein Mitleid nicht, denn ich war selbst für meine Misere verantwortlich. Niemand trug die Schuld außer ich allein auf Kosten einer anderen Person, die ich wahrscheinlich tief verletzt hatte.
Raphael klatschte in die Hände, um unsere Aufmerksamkeit zu bekommen. "So ich spiel' euch die Tracks jetzt vor und ihr sagt mir wie ihr sie findet, okay?" Wir nickten einstimmig und machten uns bereit, die Werke von Bonze und Raf Camora für Palmen aus Plastik drei das erstmal ganz zu hören.
Am nächsten Morgen wachte ich in Hamburg auf. Mein Schlaf war kurz und nicht erholsam gewesen, doch der Tag war angebrochen also musste er genutzt werden.
Ich sah kurz bei Maxwell vorbei und wir rauchten gemeinsam den ersten Joint des Tages. "Digga, hast du eigentlich das Buch von Mayla gelesen?" Fragte ich mich nach einer kurzen Stille, in der wir einfach das Erwachen der Stadt und den Joint genossen. "Jap." Antwortete ich Rau. "Hat es sich gelohnt, sie dafür aufzugeben?"
Maxwell sog an seinem Joint und guckte mich dabei an. Ich liebte meinen besten Freund genau dafür. Er kannte mich am besten von allen. Er hatte mir im vergangenen Jahr oft diese Frage gestellt, weil er mitbekam, wie sehr mich die Leere, die Mayla in der kurzen Zeit, die wir zusammen hatten, gefüllt hatte und jetzt wieder leer war, schmerzte. Nie hatte ich auf diese Frage geantwortet. Doch jetzt, nach einem Jahr, musste ich die Wahrheit aussprechen. "Nein. Nein, es hat sich nicht gelohnt." Sagte ich ernst, wobei mir die Worte fast im Hals stecken blieben.
Mein Handy unterbrach die ernste Stimmung, die sich zwischen uns ausgebreitet hatte. Ich war froh drauf, denn ich verspürt wieder diesen alt bekannten Schmerz, den ich seit fast einem Jahr mit mir herumtrug. Pascal prangte auf meinem Bildschirm. "Ja?" Nahm ich ab. "Moin. Kannst du gleich ins Studio kommen? Ich habe mit Shao die ersten Pläne für Drehorte." "Klar. Komme gleich. Ich bring' Maxwell mit" fügte ich hinzu. "Super bis gleich." Hörte ich noch bevor Pascal auflegte. Fragend sah mich Maxwell an. "Wir müssen los. Die Arbeit ruft." Stöhnend stand Maxwell vom Stuhl auf und folgte mir in den Flur.
Das Treffen war nicht lange gegangen. Keiner hatte einen Einwand gegen die Vorschläge von Pascal und Shao. Allein schlenderte ich zurück zum Auto. Ich hatte noch einen Abstecher zu Snipes gemacht. Ich stoppte abrupt, als ich eine schmerzlich vertraute Stimme hörte. "Ja sorry ich bin ja gleich..." Als sie mich erblickte, hörte sie auf zu den und riss ihre Augen weit auf. Keiner von und beiden bewegte sich. Ich wagte es nicht zu blinzeln, aus Angst sie könnten mit einem Wimpernschlag verschwinden. "Mayla?", fragte ich atemlos. "Alex?" kam von ihr ungläubig.
E N D E
Schon wieder ist eine Geschichte rum. Ich hoffe euch hat die Reise genauso gut gefallen wie mir. Ich bedanke mich sehr für eure Unterstützung und hoffe, dass ihr bei meinen kommenden Geschichten (eine neue ist wieder in Planung) und bei meinen alten Gesichten mal vorbeischaut. Und wer weiß, viellicht sieht man die beiden in einer neuen Geschichte wieder.
Bis dahin hat es mich gefreut diese Geschichte mit euch teilen zu dürfen und ich bedanke mich nochmals für den Support. ✨
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Ein Orchester aus Tönen und Wörtern | LX FF
Fanfic«Ich hatte den Riss in meinem Herzen gerade erst mit Nadel und Faden unter größten schmerzen, ohne Narkose zu genäht, da konnte ich nicht das Risiko eingehen die wunde wieder aufreißen zu lassen. Das Risiko das es danach nicht mehr genesen würde war...