Mein Magen grummelt, obwohl ich mich heute morgen im Tavolo 24 am reichhaltigen Frühstücksbuffet bedient habe. Bereits zu früher Stunde haben wir unser Hotel am Stadtrand von Seoul verlassen und sind mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu unserem Zielort gefahren.
Der schwarze Mantel streifte meine Knie, die nur von einer dünnen Strumpfhose bedeckt sind. Ich trage lediglich ein anliegendes Wollkleid darunter, das meine schlanke Figur betont. Seit ich mit Jin zusammengekommen bin, habe ich zwar mehrere Kilos zugenommen, doch ich fühle mich wohler denn je in meinem Körper. Endlich war ich mehr als Haut und Knochen, wie meine Zwillingsschwester Hannah so gern sagt.
Eigentlich ist mein Koffer vollkommen falsch gepackt für einen Touristenurlaub in Südkorea, doch da ich mit Jin hier bin und damit genau weiß, dass ich nicht mit einer Wanderung durch Matsch oder etwas Ähnlichem rechnen muss (zumindest sofern er mich nicht vorwarnt), bin ich hervorragend ausgerüstet.
Mein Blick schweift zu dem Südkoreaner, der zielsicher neben mir geht. Er trägt ebenfalls einen langen schwarzen Mantel und darunter einen schicken Anzug, mit dem er für das Daelim Museum genauso passend gekleidet ist, wie für das Seoul Arts Center Opern Haus, in welchem wir nach dem Abendessen das Musical 'König der Löwen' anschauen werden.
In Stuttgart haben Jin und ich das Theater und die Musicals für uns entdeckt. Wir besuchten regelmäßig Veranstaltungen dort und schon seit Jin zurück nach Südkorea geflogen ist, wo er sein Studium beendet hat, freue ich mich auf unseren gemeinsamen Urlaub in Seoul, um auch dort endlich das Theater zu besuchen. Schon seit meiner Ankunft vor drei Tagen habe ich diesem Abend entgegen gefiebert und nun war es endlich so weit. Jin hat den gesamten Urlaub geplant und überraschte mich so jeden Tag mit einem schönen Programm, doch ich weiß, dass diesen Tag einfach nichts toppen kann.
Mein Freund senkt den Blick auf mich und sieht mich aus seinen tiefbraunen Augen voller Ruhe an. Ein liebevolles Lächeln schieb sich auf mein Gesicht und er legt mir den Arme um die Taille, während er wieder nach vorn sieht und mich wie ein Fels in der Brandung durch die hektischen Menschenmenge auf dem Bürgersteig schleußt.
"Du wirst das Cleo lieben, das verspreche ich dir!"
Zuversichtlich sieht er mich an, ehe wir an einer roten Fußgängerampel halten und mit den anderen Passanten warten, bis wir die viel befahrene Straße gefahrlos überqueren können.
"Ich nehme dich beim Wort." Verschwörerisch zwinkere ich ihm zu und weiß, dass ich genau das tun kann. Jin hat mich nicht ein einziges Mal enttäuscht, wenn er mir sein Wort gegeben hat. Eine Eigenschaft, die ich an ihm überaus schätze.
Wenige Minuten später erreichen wir das Restaurant und werden von einem Kellner ganz in schwarz zu einem Zweiertisch am Fenster gebracht. Es ist früher Abend und die Dämmerung senkt sich langsam über die Stadt, während die Lichter hinter den unzähligen Fenstern angeschaltet werden und der Umgebung Helligkeit verleihen.
In den letzten drei Jahren haben sich meine Koreanisch-Kenntnisse deutlich verbessert. So weiß ich, dass Samgyeopsal ein Grillteller mit verschiedenen Fleischsorten ist und dazu Paprika, Nudeln und große Salatblätter gereicht werden. Gejang identifiziere ich mittlerweile als Meeresfrüchte und mieden das Gericht deshalb. Bei Japchae handelt es sich um Fadennudeln mit Gemüsestreifen und Algen. Manchmal wird dazu auch Fleisch hinzugefügt. Und obwohl ich jeden Tag übe und durch Jin den besten Lehrer überhaupt habe, brauche ich öfter als einmal seine Hilfe um die Karte zu verstehen.
"Habe ich dir heute bereits gesagt, wie hübsch du aussiehst?", fragt der Südkoreaner und sieht mich mit leicht nach oben gezogenen Mundwinkeln an.
Auf dem Tisch zwischen uns brennt eine hohe Kerze in einem vergoldeten Kerzenständer, daneben steht eine einzelne Rose in einer hohen Vase. Das Licht ist gedimmt, weshalb sich lange Schatten über unsere Gesichter ziehen. Das Ambiente des Restaurant war trotz der großen Fenster und ansonsten modernen Gestaltung sehr romantisch und privat gehalten.
DU LIEST GERADE
Granatapfel [ II - 2019 ]
Teen Fiction"Na schön kleine Lady. Ich habe keinerlei Interesse wie ein Schoßhündchen an deinem Rockzipfel zu hängen. Führ mich herum und vergiss dann einfach, dass es mich gibt. Ich brauche keinen Babysitter. Und erwarte bloß nicht, dass ich dir vor Dankbarkei...