Nachdem ich meinen Bruder Moritz am Morgen in der Schule abgesetzt und die Fahrt zur Hochschule hinter mich gebracht habe, treffe ich mich mit Paddy vor dem Kaffeeautomaten. Wie immer um die Zeit kurz vor Vorlesungsbeginn ist die Hölle los und schweigend stehen wir nebeneinander in der Schlange. Nicht nur ich bin heute morgen noch zu Müde um eine Konversation zu führen. Leider sind wir beide wohl nur ein kleiner Prozentsatz aller hier anwesenden Studenten, denn um uns herum plappern und plaudern die jungen Frauen und Männer wie am laufenden Band.
Als ich mich zu Paddy umdrehe und ihr einen genervten Blick schenke erkenne ich weiterhinten im Flur unsere Dozentin des Kurses Erziehungswissenschaften. Frau Kälberer werden wir heute Nachmittag erst wieder haben, also mache ich mir keine Gedanken um unsere Pünktlichkeit. Denn im Gegensatz zu eben dieser Dozentin ist unsere Donzentin für der Morgenvorlesung immer ihre akademische 15 Minuten zu spät dran.
Nachdem wir endlich einen Kaffee und einen Latte Macchiatto aus dem Automaten bekommen haben, machen Paddy und ich uns Seite an Seite auf den Weg zu unserer ersten Vorlesung. Meine Motivation, mich mit Deutsch herumzuschlagen, ist nicht besonders groß, aber da wir beide uns für dieses Hauptfach im Grundschul-Lehramt entschieden haben, besitzen wir keine große Wahl.
Auf dem Weg zu unserem Hörsaal passieren wir ein anderes Zimmer an dessen geöffneter Tür ein Zettel hängt. Die Schriftzeichen darauf kann ich zwar nicht lesen, aber ich weiß auch so was in dem Raum stattfindet. Eine weitere Einführungsveranstaltung unserer Austauschschüler. Während wir an dem Raum vorbei gehen kann ich mich selbst nicht davon abhalten den Kopf zu drehen und einen Blick in's Innere zu werfen.
Zwei Mädchen und ein Junge sitzen über irgendetwas gebeugt in der ersten Reihe. Entweder hat einer von ihnen den Witz des Jahrhunderts gerissen, oder sie schauen sich irgendetwas verdammt Lustiges an. Zumindest entnehme ich das dem lauten Lachen der drei. In der zweiten Reihe erkenne ich ein anderes Mädchen, dass gerade ein Selfie von sich und einer weiteren Austauschstudentin macht. Das fünfte Mädchen steht mit dem Hintern an den Tisch gelenkt ebenfalls in der zweiten Reihe und unterhält sich gerade mit den vier Studenten in der dritten Reihe. Im Vorbeilaufen kann ich zwar nicht erkennen mit wem von ihnen sie hauptsächlich spricht, doch mit Sicherheit besitzt sie nur die Aufmerksamkeit von dreien. Der vierte von ihnen ist vollkommen mit seinem Smartphone beschäftigt und ich wage zu bezweifeln, dass er den Einschlag einer Bombe mitbekommen würde.
Als hätte er meinen Blick auf sich gespürt, hebt er jedoch schon in der nächsten Sekunde den Kopf und sein dunkler Blick trifft auf mein Gesicht. Meine Atmung setzt aus und ich fühle mich ertappt, als hätte ich gerade eben verbotenerweise in die Plätzchendose gefasst. Ohne eine Miene zu verziehen beobachtet er mich, bis ich zwei Schritte später aus deinem Blickfeld und hinter der Wand verschwinde.
Seufzend nehme ich mein klopfendes Herz zur Kenntniss. Während sich der Blick aus Jin's dunklen Augen in mein Gehirn gebrannt zu haben scheint, versuche ich mich wieder auf den Weg vor mir zu konzentrieren. Patrizia's prüfenden Blick ignoriere ich so gut ich kann, denn im Moment will ich nicht über meinen merkwürdigen Schützling sprechen.
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Granatapfel [ II - 2019 ]
Teen Fiction"Na schön kleine Lady. Ich habe keinerlei Interesse wie ein Schoßhündchen an deinem Rockzipfel zu hängen. Führ mich herum und vergiss dann einfach, dass es mich gibt. Ich brauche keinen Babysitter. Und erwarte bloß nicht, dass ich dir vor Dankbarkei...