KAPITEL 27

5 1 0
                                    


~viele Jahre zurück~
Teddy

"Okay, was bist du?", fragend schielte ich zu dem braunhaarigem Jungen, während ich die Leichen ihrer Habseligkeiten beraubte und sie mir selbst in die Taschen steckte. Mit erhobenen Brauen beobachtete Peter Pan mich dabei; seine Arme vor der Brust verschränkt.
"Das sagte ich doch bereits. Ich bin der Hüter der verlorenen Seelen."
"Und ich bin eine, oder warum hast du dich meiner Warnung, deine Zunge zu verlieren, widersetzt?", bohrte ich weiter nach und erhob mich; sah dem Jungen vor mir direkt in seine nun wieder grün leuchtenden Augen.

Ein freches Grinsen breitete sich auf Peter Pan's Lippen. "Nein.", schüttelte er mit dem Kopf, "In dich habe ich mich einfach nur Schock verliebt." Überrascht von dieser direkten Aussage, hielt ich in meinem Tuen inne. Ich spürte wie mir die Hitze zu Kopf stieg und wandte mein Gesicht schnell ab, in der Hoffnung das mein neues Anhängsel nicht meine roten Wangen bemerkte. Gespielt laut räusperte ich mich: "N-Natürlich und ich bin der Teufel." Peter's Grinsen wurde breiter und mit lässigen Schritten ging er um mich herum, bis wir uns wieder in die Augen schauen konnten.
"Ich glaube, dass die Beschreibung 'gefallender Engel' besser zu dir passt, mein Teddybär."
"Ach ja?", herausfordernd funkelte ich dem Jungen entgegen, "Was macht dich denn da so sicher? Schließlich hast du doch gerade selbst gesehen zu was ich im Stande bin zu tun - ein beseelter Engel währe dazu nicht fähig."
"Deswegen bist du auch ein Gefallender. Ein Aufständiger der sich nicht um andere und deren Gefühle schert. Du bist ein Rebell, der sich nicht unter die Worte eines anderen stellt und der grausamen Welt zeigen will, was für ein Monster sie erschaffen haben."

Ich wusste nicht warum die Worte eines Fremden mich so verletzten, doch bei der ausgesprochenen Wahrheit fuhr ein Stich durch meine Brust. Zischend biss ich meine Zähne aufeinander und versuchte, unter dem plötzlichem Schwindel nicht zusammenzubrechen. "Du...betitelst mich als Ungeheuer...obwohl du selbst eines bist, das ohne zu...zu zögern Leben auslischt?" Stützende Arme schlangen sich, um meinen immer schwerer werdenden Körper und hielten mich aufrecht; pressten mich gegen eine tote Brust, während sich geschmeidige Finger unter mein Kinn legten und es leicht nach oben drückten.
"Oh, Teddybär.~", säuselte es dicht vor meinem Gesicht, so das ich den warmen Atem Peter Pan's auf meinen eigenen Lippen spüren konnte, "Wir mögen beide sehr dunkle Seiten an uns haben, aber niemals würde ich dich auf diese reduzieren. Ich bin nicht wie die Menschen, die denken alles und jeden beherrschen zu können. Ich bin nicht wie diese dreckigen Wesen, die sich selbst Gott schimpfen und eine Figur anbeten die sie verachtet. Ich bin Peter Pan, der Hüter der Verlassenen und der Verlorenen. Ich kümmere mich um meine Schützlinge, gebe ihn ein neues Zuhause und ein wahrhaftiges Leben. Ich gebe ihnen eine Familie, einen Ort der Freiheit und des Friedens. Ich gebe denen eine zweite Chance die es wirklich verdient haben und zeige ihnen, dass auch sie etwas bedeutendes sind." Nur schwach linste ich zwischen meinen halb geschlossenen Liedern zu dem braunhaarigem empor, während ich spürte wie mein Dasein immer weiter aus seiner fleischlichen Hülle entwich. "Aber du, Teddy bist etwas ganz besonderes, was selbst mein lebloses Herz wieder zum schlagen bringt. Du beraubst mich all meiner tot geglaubten Gefühle und Emotionen. Du verdrehst mir meinen eigentlich längst verlorenen Verstand. Du hauchst in meine jungenliche Gestallt wieder Existenz hinein. Du bist derjenige der mich plötzlich wieder fühlen lässt.", ein irre wirkendes Lächeln stahl sich auf Peter Pan's Lippen, während er meinen fast leblosen Körper in seinen Armen hielt, "Du bringst das längst versiegte Blut in meinen Adern zum kochen; mein verdorbenes Herz zum schlagen. Du bist derjenige der mich schwer atmen lässt, weil sich meine Brust jedesmal zusammen zieht und mir alle Luft aus den Lungen presst wenn ich dich sehe, dich rieche und fühle. Du lässt die kaputte Uhr in mir weiter ticken, als währe sie nie stehengeblieben. Du machst mich lebendiger als ich je wahr. Du bist der der mich sterben lässt...und deswegen kann ich nicht zulassen, dass das Gleiche mit dir geschieht!"

Vorsichtig legte Peter meinen reglosen Körper auf dem harten Stein ab und strich mir federleicht über die sommersprossige Wange, bevor er mit der selben Hand in seinen Brustkorb fuhr. Knackend gaben seine porösen Rippen unter seinen Fingern nach die nach dem entseelten Muskel griffen und es ihm aus seiner Brust rissen. Fast schon anmutig hielt der Junge sein kristallenes Herz in die Höhe; betrachtete das rot-schwarz funkelnde Ding ehrfürchtig.

"Bei dir wird es einen besseren Platz haben, als bei mir...", flüsterte Peter Pan und sah auf mich hinab, "In dir wird es wieder Leben finden und dir die Ewigkeit schenken, während mir sie weggenommen wird." Langsam führte er sein Herz zu meiner Brust, hielt es über die linke Seite und presste es schließlich an den leeren Platz, der nur darauf gewartet hat endlich ausgefüllt zu werden.

"Und jetzt...jetzt geht es nach Nimmerland, mein Schatz!"
___________
You're not dead, but not alive either. You're just a ghost with a beating heart.~Mellarie-Bellancia

Langsam neigt sich nicht nur Peter Pan's Leben dem Ende hin zu, sondern auch dieses Buch, einer hoffentlich grausam, wunderschönen Reihe...

Nimmerland - Forever deathWo Geschichten leben. Entdecke jetzt