KAPITEL 21

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Peter

"DU VERDAMMTER BASTARD, WAS HAST DU GETAN?!", brüllend trat ich in die große Halle ein und ließ die gesamte Kathedrale dabei erzittern. Überrascht durch mein plötzliches Auftreten sah der Priester von seinem Buch auf, welches auf dem Alter verweilte und um dessen Einband mehrere, fackelnde Kerzen standen.
"Ich weiß nicht wovon du sprichst, Pan.", ruhig trat der alte Mann hinter dem steinernem Podest hervor und musterte meine siebzehnjährigen Hülle, die im nächsten Augenblick in schwarzen Flammen aufging und mein wahres Wesen zum Vorschein brachte, "Aber wie währe es, wenn du mir von deiner Unannehmlichkeit erzählst? Vielleicht finden wir dann ja eine Lösung."

Ein bitteres Lachen entkam mir, bevor ich meine Hand erhob und den Priester gegen die Wand fliegen ließ. Dumpf prallte der alte Mann von dem Stein ab und landete auf dem schwarzen Marmorboden. "Du bist meine Unannehmlichkeit, Pater!", zischte ich, "Was erlaubst du dir eigentlich, einfach in Nimmerland aufzutauchen und dort Unruhe zu stiften?" Erneut erhob sich der Priester, durch meinen Einfluss in die Luft und wurde gegen den kühlen Stein der Kathedrale gedrückt.
"Ich...weiß nicht, wo von du redest, Pan.", versuchte der alte Mann sich heraus zu reden.
"Ach Nein?", wütend ballte ich meine Finger zur Faust und nahm ihm so die Luft zum atmen, "Und wieso hast du dann die Elementarier auf meine Jungs gehetzt und Raven dabei ermordet? Und dieser Junge - du hast ihn manipuliert. Du zerstörst mit Absicht das Gleichgewicht meiner Insel, nur um mir einen Vorgeschmack zu bieten, wie weit du gehen würdest um an Teddy heranzukommen? Oh Pater, du weißt ja gar nicht, was für Elend du damit über dich selbst bringst."
"Elend bringst du nur über dich selbst, Pan.", erwiderte der alte Mann, "Du magst zwar durch das neue Herz, wieder gestärkt sein, aber dennoch fehlt dir enorme Kraft. Du zerfällst innerlich und egal, wie viele Jungen du noch umbringen wirst, um deinen nie endenden Hunger zu versuchen zu stillen. Mit dir geht es zu Ende - Tag, um Tag. Jedoch könntest du dein Leiden stoppen, indem-"
"Ich mich an Teddy vergehe und ihn der schwarzen Kathedrale ausliefere? Träum weiter, Pater!", machte ich ihm klar.

Anerkennend hob der Priester seine Brauen und sah mich, schon beinahe aus reumütigen Augen an. "Du nimmst also tatsächlich den Tod in kauf, um diesen Jungen zu beschützen - ich wusste doch, dass dich die Insel noch nicht ganz verdorben hat, Pan."
"Ich bin der Tod, Pater und nur, weil man mit diesem Wort eine schreckliche Dunkelheit verbindet, heißt es nicht, dass am Ende des Tunnels kein Licht auf einen wartet.", verteidigte ich das eigentliche Ziel des Lebens und wurde zum Schluss hin, immer leiser. Ich verstand nicht, wie so viele Angst vor etwas haben konnten, was in seinem Innersten, dich so wunderschön war.
"Ich weiß, mein Junge.", redete der Pater auf mich ein und seufzte, "Ich kann mich noch daran erinnern, wie du damals, frech und listig, zu mir in die Kathedrale kamst und einfach so beschloss, daraus einen Treffpunkt der Totenländer zu machen. Anfänglich wahr ich wenig begeistert davon, das ein Kind sich meine geliebte Kirche unter den Nagel riss, aber dann hast du mich eines besseren belehrt. Du gabst mir eine menschliche Form und den Auftrag, der Hüter der heiligen Hallen zu werden. Du schufst den Rat und mit ihm Reiche, in denen diejenigen Zuflucht finden können, die verlassen, beschädigt und anders sind. Du hast dir somit das Vertrauen und den Respekt, aller Ratsmitglieder und besonders das meiner erwonnen."

"Und dennoch tanzt Uhr mir auf der Nase herum."

"Weil du blind geworden bist! Damals hast du so viel Licht sowie Farbe ausgestrahlt und heute ist nichts mehr davon da; kein einziges Fünkchen. Dafür zurückgeblieben sind Schwärze und ein Wesen, dass sich von innen selbst zerstört. In dir steckt so viel Selbsthass und Trauer, dass es selbst mir, einem Geist, das Herz bricht. Und dann tauchtest du eines Tages plötzlich, mit diesem Jungen auf Nimmerland auf. Schon von Anfang an, merkten die Anderen und ich, dass dieses...Geschöpf...eine Macht aufwies, die stärker als all das wahr, was wir bis dahin kannten. Dein Teddy mag zwar wie ein normales Kind aussehen, aber der Schein trügt. Er ist ein Wesen, völlig in weiß verhüllt und dennoch dunkler als das tiefste schwarz. Aber da ist noch eine Seite an ihm; eine die dich berührt und dein wahres Ich zu Vorschein bringt. Ich habe euch beobachtet und gesehen, wie viel er dir bedeutet und wie viel du ihm. Ich habe gesehen, wie ihr miteinander umgeht; wie ihr euch gegenseitig beschützt und rettet. Du gabst ihm dein Herz, damit er mit dir, nach Nimmerland kommen konnte. Du hast dich selbst verraten, um ihn bei dir zu haben und das ist nun der Preis, den du dafür zahlen musst."

Ein brennendes Stechen durchflutete meinen Brustkorb und presste mir alle Luft aus den Lungen. Keuchend krallte ich meine Finger in den Stoff meines Gewandtes und unterdrückte einen lauten Aufschrei. Wie ätzende Lava brauste der Schmerz durch meinen Körper und schien mich verbrennen zu wollen. Blut spuckend ließ ich mich auf eine Knie nieder, wodurch sich der Zauber löste, den den Priester bis dato gegen die kalte Steinmauer gepresst hatte.

"W-Was...machst d-du...m-mit mir?!", presste ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor und sah zu dem alten Mann, in schwarzer Kutte empor.
"Ich mache gar nichts mit dir. Das bist ganz alleine du, Pan." Würgend spuckte ich erneut, einen Schwall schwarzes Blut auf den Boden und kämpfte gegen das Schwindelgefühl der Ohnmacht an. Ich durfte nicht nachgeben. Ich musste ihnen zeigen, dass ich stark war und mich nichts kleinkriegen konnte. Schwer atmend zwang ich meinen Oberkörper dazu, sich gerade aufzurichten. Ich musste durchhalten - für Teddy.
"So...einfach bin...ich nicht...z-zu besiegen...", grinste ich in die Richtung des Paters, welcher darauf nur zustimmend nickte.
"Da hast du recht. Deswegen haben wir diese Aufgabe, auch dir selbst überlassen, Peter Pan."

Ein erneuter Stich, durchfuhr mich und schien meine Gestallt zerreißen zu wollen. Schwer, mich nicht mehr bewegen könnend, schlug ich auf dem Marmor auf und blinzelte gegen die Dunkelheit an.

"So ist es fein.", hörte ich den Priester, wie durch Watte zu mir reden, "Ruh dich ein wenig aus und wenn du aufwachst, wird alles wie früher, vor diesem Rotschopf sein."

"W-W-Wehe d-du...kr-krümmst Teddy...a-auch nur ei-ein...H-H-Haar!", zischte ich, kaum noch bei Bewusstsein.

"Oh, du weißt doch, dass ich die Kathedrale nicht verlassen kann. Deswegen habe ich Aris gebeten, sich um deinen Schatz zu kümmern."
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You're not dead but not alive either. You're just a ghost with a beating heart.~Mellarie-Bellancia

Nun ist auch schon das einundzwanzigste Kapitel beendet und wir näheren uns langsam dem Schluss zu.

Nimmerland - Forever deathWo Geschichten leben. Entdecke jetzt