EPILOG

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Gespannt verfolgte ich die kleine Gestallt, mit meinen Augen, wie sie die halbleere Straße hinunter sprintete und schließlich, in eine der schmutzigen Gassen abbog. Untertauchend versteckte sich der kleine Junge hinter einem der Müllcontainer, drückte seinen zitternden Körper an die Backsteinmauer und presste sich die Hände auf seinen Mund, um die angsterfüllten Schluchzer zu verstummen. Unaufhaltsam flossen die Tränen über die weichen Wangen des völlig verängstigten Kindes und verschmierten das Blut auf ihnen zu hässlichen Striemen.

Ein polterndes Geräusch riss sowohl meine, als auch die Aufmerksamkeit des Kleinen zu dem Eingang der Gasse, wo nun eine wütend wirkende Menge an Muskelbergen auftauchte. "Diese dreckige Ratte! Wenn ich den Burschen meine Finger kriege, werde ich ihm das Genick brechen!", knurrte einer der Männer dunkel und ließ dabei bedrohlich seine Knochen knacken. Mit erhobener Braue musterte ich das Treiben und den unverkennbaren 'Boss'. Auch der Junge schien dies mitbekommen zu haben, denn ein lautes Wimmern entfuhr ihm und zog somit das Gehör seiner Verfolger auf sich.

"Oh...", schmunzelte der breit gebaute Mann und machte einen Schritt in das schattige Spalier, "Wie es mir scheint werde ich meinen Spaß wohl heute Nacht noch bekommen." Immer weiter trat der Kerl über das nasse Kopfstein und nährte sich dem zitternden Bündel, welches ohne Aussicht auf Flucht hinter dem Container hockte und sich hektisch umsah. 

"Na, wen haben wir denn hier? Wenn das Mal nicht die kleine, dreckige Ratte ist.", flötend baute sich der 'Boss' vor dem Jungen auf; hinter ihm seine Lakaien, "Warum denn plötzlich so ängstlich, mh? Vorhin als du einige meiner Männer kaltblütig ermordet hast, sahst du dabei noch sehr zufrieden aus. Aber jetzt...jetzt scheinst du wie eine Porzellanpuppe gleich zu zerbrechen." Lüstern streckte sich die riesige Pranke des triebgesteuerten Manne's nach dem Zwerg aus und umfasste seinen dünnen Hals; drückte genüsslich zu, während er sich dem erstarrtem Gesicht annäherte und mit der Zunge über die blasse Haut leckte.

"N-Nicht...", hauchte der Junge und versuchte mit seinen Händen den Brocken von sich zu schieben. Höhnisch entkam diesem ein Lachen und fasste den Kleinen nur noch härter an.
"Jetzt stell dich nicht so an! Wenn ich richtig informiert bin, bist du doch bei den South Side Huren aufgewachsen.", ungeniert fuhren die Grabscher des Typen unter das Blut beschmierte Hemd, "Wie wäre es wenn du mir mal zeigst, was dir die scharfen Ladies dir beigebracht haben..?" Weinend kniff der kleine Junge seine Augen zusammen und schüttelte mit seinem Kopf, was den dreckigen Kerl nur noch mehr anspornte im seinem Tun weiter zu machen.

Wütend leuchteten meine Augen bei diesem Anblick weiß auf, während sich in meinen Händen knisternde Blitze bildeten. Gefährlich langsam erhob ich mich aus meiner beobachteten Position und ließ mich schließlich von dem Hausdach fallen. Lautlos kam ich hinter den Männern auf dem Boden auf und neigte meinen Kopf leicht zur Seite.

"Nimm sofort deine schmierigen Griffel von ihm!", meine Stimme hallte schneidend durch die Gasse und ließ jeden noch so einzelnen Mucks verstummen. Überrascht über das plötzliche Auftauchen meiner Wenigkeit, stoppte der dreckige Kerl und neun Augenpaare drehte sich zu mir um. Belustigt fuhren die Blicke der aufgegeilten Typen über meine göttliche Gestallt.
"Sonst was?", grinste deren Anführer und trat dicht an mich heran. Unbeeindruckt hielt ich dem Augenkontakt stand.
"Das willst du nicht wissen, was sonst passiert. Also nimm deine Schoßhündchen an die Leine, klemm dir deinen Schwanz zwischen die Beine und zieh ab!"

Erneut lachte der Muskelbrocken auf und wollte nach mir greifen, stockte jedoch kurz davor. Erstickt versuchte der dreckige Kerl nach Luft zu schnappen, während sich meine Finger tief in sein inneres Fleisch bohrten, sein Herz umschlossen und es schlussendlich herausrissen. Leblos sank die stinkende Hülle auf die nassen Steine; die Augen tot in den dunklen Nachthimmel gerichtet.

Desinteressiert ließ ich den verklungenden Herzmuskel, mit einem platschen neben seinen ehemaligen Besitzer fallen und wand mich den restlichen acht Opfern zu. "Nun, wer ist der Nächste?" Wie zu Stein erstarrt starten die Lakaien auf die Leiche vor ihren Füßen, bevor sie sich in Bewegung setzten und wie wildgewordene Tiere auf mich stürzten. Irre grinsend ließ ich die grellen Blitze, zwischen meinen Fingern, um meinen gesamten Körper zischen, lud die kühle Nachtluft elektrisch auf und verwandelte mich in den tödlichen Racheengel der ich war.

Gerade als der erste Schoßhund mich erreicht hatte, schnellte ich schneller als Licht um ihn herum und riss ihm, mit einem knirschenden Geräusch das Haupt vom Hals. Fast gleichzeitig stürzte ich mich als Nächstes auf die nächsten drei Köter, durchbohrte sie mit meinen leuchtenden Schlingen und spaltete ihre Körper, bevor ich mich den letzten Männern widmete, die bereits versuchten das Weite zu suchen.

Mit vor Wahnsinn glänzenden Augen tauchte ich vor ihnen auf und versperrte ihnen den Fluchtweg. "Wo wollt ihr denn hin?", gespielt unschuldig sah ich die vier an, "Die Party ist doch noch nicht vorbei." Flehend und bettelnd wichen die Hunde vor mir zurück; streckten ihre Hände betend gen Himmel. Schmunzelnd schüttelte ich darüber meinen Kopf. "Gott, kann euch nicht helfen.", klärte ich sie belustigt auf, "Niemand kann dies!" Damit stürzte ich mich auf die vier Kerle, schlitzte sie auf, riss ihnen die Eingeweide aus dem Leib und zerfetzte ihre dreckigen Körper in der Luft, bis nur noch ein feiner Blutregen auf mich herab nieselte.

Genugtuung machte sich in mir breit und befriedigend sah ich auf mein Werk zu meinen Füßen, als mich ein unterdrücktes plinsen meinen Blick heben ließ. Mit weit aufgerissenen Augen starrte der kleine Junge auf den Leichenhaufen und hob sie ruckartig, während ich mich auf ihn zubewegte. Beschwichtigend hob meine rot beschmierten Hände neben meinen Kopf und meinte beschützend: "Hey, alles gut diese widerlichen Männer können dir nichts mehr antun, Kleiner. Niemand kann das, hörst du? Nie wieder wird dir jemand Leid und Schmerz zufügen, denn du stehst jetzt unter meinem Schutz, ja?"

Verwundert über meine eigenen Worte, die plötzlich ein Eigenleben zu führen schienen, stockte ich. Wie ein Déjà-vu überrollten mich mit einmal Bilder von dem Tag, an dem er mich ebenfalls aus einer Gosse gerettet hatte und mein persönlicher Schutzengel geworden wahr. Schlagartig fing mein Herz an schneller gegen meine Rippen zu schlagen und schwer musste ich schlucken, als ich mich an die vergangenen Tage erinnerte.

Liebevoll verzogen sich meine Lippen zu einem ehrlichem Lächeln, während sich still und heimlich eine Träne aus meinem Augenwinkel löste. Vorsicht und langsam, um meinen neuen Seelenschatz nicht zu verschrecken streckten sich meine Finger nach ihm aus, fuhren über seine porzellane Wange und wischten die blutigen Schlieren von ihr.

"Wie ist dein Name, Kleiner?"

Zögerlicher biss sich der Junge auf seine Unterlippe und flüsterte schließlich: "H-H-Hyacinth..."

Glücklich über eine Reaktion breitete sich mein Grinsen aus.

"Und ich bin Peter. Peter Pan!"
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"Am zweiten Stern rechts vorbei und dann immer geradeaus bis zur Morgendämmerung."~Peter Pan; J.M.Barrie

Und somit ist meine erste Novell zu Ende. Es war sehr spaßig mal ein anderes Genre zu schreiben und hatte meiner Fantasie mal gutgetan, aber natürlich sitze ich schon an meinem nächsten Werk namens Lizenz zum Zugzwang, welcher der dritte Teil meiner LIZENZ-REIHE sein wird. Wer also Lust und Freude hat, weitere Geschichten von mir zu lesen, ist zur jeder Tageszeit willkommen!

Mellarie-Bellancia

PS: Eventuell wird es auch hiervon einen weiteren Teil geben;)

Nimmerland - Forever deathWo Geschichten leben. Entdecke jetzt