KAPITEL 25

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Teddy

Dunkel knallten die Donnerschläge über uns hinweg; gefolgt von knisternden Blitzen, die für einige Sekunden den schwarzen Himmel erhellten und die Insel in eine gruselige Atmosphäre tauchten. Mich dennoch nicht, von dem peitschenden Regen abhaltend, kämpfte ich mich den steilen Abhang hinauf, gefolgt von den anderen Verlorenen. Wir hatten uns dazu entschieden, den Dorfbaum zu verlassen, nachdem die kreischenden Geräusche der Elementarier und der anderen, gefährlichen Nimmerland's-Wesen immer näher gekommen wahren, um Zuflucht in der Felsen Landschaft zu finden.

Nicht wirklich sehen können wo ich hintrat, verfehlte ich die nächste Einkerbung, mit meinem Fuß und rutschte ab. Halt suchend, versuchte ich mich, mit meinen Fingern irgendwo festzukrallen. Dummerweise war der Stein viel zu glatt, weswegen ich misslich versagte, mich an irgendwas festzuhalten. Im letzten Augenblick, packte mich jedoch jemand an meinem Kragen und zog mich zwischen sich und den Abhang.

Überrumpelt keuchte ich auf und sah in das, in Schatten getauchte Gesicht, welches nur Millimeter vor meinem auftauchte. "Du solltest vielleicht besser aufpassen, wo du hin trittst.", zischte mir Chris grimmig zu. Überrumpelt durch seine plötzliche Nähe nickte ich nur.
"Alles gut bei dir, Teddy?", tauchte Farin neben uns auf und musterte meinen blondhaarigen Retter.
"Klar.", wank ich ab und machte mich daran, wieder zu klettern.

Es hatte uns alle überrascht, das Christopher sich dazu entschieden hatte uns weiter beizuwohnen, auch wenn ich es in seinen Augen gesehen hatte, dass es ihn große Überwindung gekostet hatte. Aber er tat es, um zu überleben und nicht (sofort) als Futter, für hungrige Bestien zu enden.

Mit einem letzten Zug, hievte ich mich über den Rand der Felswand und konnte somit endlich einen Regenverschwommenen Blick auf die Bergzinnen erhaschen.
"Was zum Henker, verbirgt sich eigentlich noch alles auf Nimmerland?" Erstaunt von den Felsen, die teils aus Eis, teils aus Gestein bestanden, trat Chris neben sich.
"Glaube mir, dass wenn ich dir das verrate, stürzt du dich liebend gerne selbst den Abhang zurück hinunter." Bitter entkam dem Blondem ein Schnauben: "Ah, und das, nehme ich an, soll dann wohl der Spaß sein, den Peter mir versprochen hat, bevor er mich hierher brachte."
"Er hat eben eine andere Auffassung davon." Damit setzte ich unseren Weg fort, dieses Mal mehr darauf bedacht nicht auszurutschen.
"Wie sieht diese Auffassung denn genau aus?", fragte mich die Stimme, die mich noch vor einigen Stunden als Mörder bezeichnet hatte.
"Woher der plötzliche Sinneswandel, mit mir zu sprechen?", stellte ich eine Gegenfrage, "Oder vorhin. Du hättest mich fallen lassen können, ich hätte mir eventuell das Genick gebrochen und du wärst mich losgeworden." Erneut gluckste es knapp hinter mir: "Erstens, währe dies viel zu einfach gewesen und die Jungs hätten mich dafür geköpft. Zweitens, habe ich gesehen, dass man dich nicht so leicht töten kann, wie du gerade vorgibst, Kleiner." Vor der nächsten Felswand blieb ich stehen und drehte mich zu Chris um; die anderen Jungen noch in knapper Entfernung.
"Was meinst du damit?"
"Genau das, was ich eben sagte.", lächelte der blondhaarige mich an und machte darauf eine ausladende Handbewegung, mit leichter Verbeugung Richtung Bergwand, "Engel zu erst!"
"Woher-"
"Wirst du jetzt etwa zum Schleimer?", unterbrach mich Lee und sah Chris abschätzend an, "Das wirkt bei Teddy nur leider nicht. Also steh da nicht so behämmert rum und beweg deinen Arsch da hoch, oder ich werde das für dich übernehmen." Mit erhobenen Händen richtet sich Blondie auf und machte sich daran, als Erster den Hang hinaufzukraxeln.

Ohne auf die Fragen der anderen Jungs zu reagieren, drehte ich mich von ihnen weg und folgte Chris; seine Worte meinen Kopf zermarternd. Irgendwas stimmte mit ihm nicht. Er wusste etwas, was nicht nur mich, am Ende in Schwierigkeiten bringen würde.

~•~

Erschöpft und bis auf die Knochen durchnässt, ließen sich die Verlorenen in der Höhle, unserem kurzfristig gewähltem Unterschlupf, nieder. Die Müdigkeit war ihnen ins Gesicht geschrieben und ließ sie auf eine abstruse Weise älter als sonst wirken. Es war als hätten sie ihre freche, unendliche Kindlichkeit verloren. Als hätte der Regen sie von ihnen gespült, wie eine Maske die immer mehr zu verblassen schien.

"Sie fangen an zu altern."

Mein Blick zuckte zu dem blondhaarigen, der neben mir stand und ebenfalls die schlafenden Jungen betrachtete. "Wer bist du wirklich?", fragte ich leise, darauf bedacht keinen der drei zu wecken. Ein mir nicht erschließendes Lächeln legte sich auf seine Lippen und langsam drehte er seinen Kopf zu mir.
"Der Schatten Nimmerland's.", gab er mir als Antwort. Verwirrt zog ich meine Augenbrauen zusammen.
"Was soll das heißen?", hakte ich nach.
"Vieles! Du kannst es dir ein bisschen so vorstellen, wie die Seele Peter Pan's, auf die diese Insel basiert.", erläuterte der Junge mir, der mit jedem seiner Worte verschwommener wurde, bis schlussendlich wirklich nur noch so etwas, wie ein grauer Schatten vor mir stand, "Du musst verstehen: Einst wahr der König der Verlorenen und Verlassenen, auch nur ein Kind, welches den Wunsch besaß, nicht mehr allein zu sein und ich einst ein Teil von ihm, bis er die schwarze Kathedrale, die Totenländer und damit auch Nimmerland erschuf, als er starb - damals hieß er auch noch Belial, bevor er seinen heutigen Namen, Peter Pan annahm."
"Schwarze Kathedrale und Totenländer? Was soll das sein?"
"Oh, dies ist eine andere, ebenfalls lange Geschichte die ich dir gerne ein anderes Mal erzählen werde. Jetzt soll es erst einmal um Pan's Reich, für Kinder die nichts mehr hatten gehen. Also, wo wahr ich stehen geblieben? Ach ja, genau!", kurz machte der Schatten eine Pause und fuhr dann fort, "Nun, um aber seinen Körper in junger Form aufrechtzuerhalten, musste er sein Innerstes aufspalten, heißt: Verstand, Seele und Gefühle vom physischen zu trennen. Mit diesen Attributen kreierte er schließlich ein Land, in dem Zeit nimmer mehr eine Rollen spielen sollte."

Noch misstrauisch dem ganzen gegenüber, musterte ich das wabernde Etwas. "Und du bist...Peter's Seele.", wiederholte ich das, was der Schatten zuvor gesagt hatte.
"Richtig!", klatschte er lautlos in seine Hände, "Ich bin jeder Stein, jede Pflanze und alles Wasser auf und um dieser Insel. Verstand hingegen ist jedes Tier und jedes Wesen, während Gefühl die Atmosphäre und das Wetter darstellt. Darum auch dieses heftige Unwetter - Pan geht es gar nicht gut."

"Fällt er, fällt die Insel auch!", kamen mir plötzlich die Worte der Nixe in den Sinn. Besorgt wand ich mich dem Höhleneingang zu und starrte in das Auge, des da draußen tosenden Sturms. Ein Schauer überlief mich eiskalt und ein plötzliches Stechen, breitete sich in meiner Brust aus. Ich musste zu ihm - Ich musste zu Peter!

"Hey, was hast du vor?"

Der Schatten schob sich in mein Blickfeld und versperrte mir den Weg. "Ich werde mein Versprechen einhalten, was ich Pan gab, als er mich mit nach Nimmerland nahm. Ich werde steht's an seiner Seite sein, egal was kommen mag!"
"Und was ist mit ihnen?", deutete die graue Seele hinter mich und ich sah über meine Schulter zurück, zu den schlafenden Verlorenen, dessen Antlitze eingefallen und knochig waren.
"Sie waren viele Unendlichkeiten lang meine Familie, haben für mich gekämpft und ich für sie. Aber wie Lee mir sagte: Man muss Prioritäten setzten, für die die einem wirklich etwas bedeuten. Lieber hinterlasse ich einen Haufen an Leichen, als Pan sterben zulassen."
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"Shit, I think I have feelings..."~Sasuke Uchiha

Was glaubt ihr, ist wohl mehr wert? Ein ganzes Leben, oder eine Unendlichkeit?

Nimmerland - Forever deathWo Geschichten leben. Entdecke jetzt