Das Mädchen im Zug - Teil 22

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Wenn Liesel einen wirklich gut aussehenden und stilvoll gekleideten Mann beschreiben müsste, dann hätte sie genau diesen Mann beschrieben, der anscheinend gut gelaunt, nur ein paar Schritte vor ihr mit seinem Gehstock ganz allein durch die Stadt schlenderte.

Er trug einen sehr teuren Zylinder, eine hervorragend sitzende Anzugjacke in Bordeaux, eine schwarze Hose mit Bügelfalte und wunderbar glänzende Schuhe, die ein wenig spitz zu liefen, wie es gerade Mode war. Mit einem gewissen Abstand folgte sie ihm und betrachtete ihn immer wieder aus der Ferne. Mein Gott, sah dieser Kerl gut aus! Er war kein Jüngelchen mehr, sondern ein gestandener Mann mit breiten Schultern und einem kraftvollen Gang.

Ganz sicher war er ein paar Jahre älter als sie. Doch das war nichts Schlimmes. Ihr Papa war sogar ganze 15 Jahre älter als ihre Mutter. So etwas war ganz normal. Ob er wohl verheiratet war? Sie konnte sich nicht vorstellen, dass dieser Mann noch immer auf dem Markt sein sollte. Auf den hätten sich die Frauen doch gestürzt und ihn mit Haut und Haaren verspeist!

Erfreut sah sie, wie er am Bahnhof zu seiner wartenden Kutsche ging und eine Reisetasche herausholte. Gleich darauf fuhr der Kutscher ohne seinen Fahrgast davon. Vielleicht wollte der Mann ja mit dem Zug verreisen, genau wie sie? Vielleicht hatten sie ja sogar das gleiche Ziel? Wer konnte das schon wissen?

Auf dem Weg zum Bahnsteig ließ sie ihn nicht aus den Augen. Als er stehenblieb, ging sie ganz langsam an ihm vorbei und blieb etwa fünf Schritte vor ihm stehen, sodass er sie gut sehen konnte. Sie drehte sich nicht zu ihm um, sondern schaute in die Richtung, aus der der Zug kommen sollte. Dabei klopfte ihr Herz vor Aufregung. Ob er sie wohl bemerkt hatte? 

Karl freute sich auf seine Reise und lauschte dem Mann in seiner Reichsbahnuniform mit der roten Kelle in der Hand. Mit lauter Stimme verkündete er, dass der Zug nach Magdeburg gleich eintreffen würde und ermahnte die Reisenden, vorsichtig zu sein.

Nur wenige Schritte entfernt stand eine junge Frau in einem herrlichen, blauen Kleid, mit langen schwarzen Locken. Diese Lockenpracht zog Karl sofort in ihren Bann. Ganz unauffällig ging er zwei Schritte näher an die Frau heran. Noch hatte sie ihn nicht bemerkt, denn sie schaute in die Richtung, aus der der Zug kommen sollte. Anscheinend hatte sie keine Ahnung, wie viel Aufmerksamkeit sie in diesem umwerfend schönen Kleid erregte. Es saß perfekt an ihrem schlanken Körper und brachte ihre jugendliche Gestalt so richtig zur Geltung.

Groß war sie, selbst ohne ihre hohen Absätze. Karl mochte alle Frauen, aber wenn sie groß und so schlank wie diese wunderschöne waren, dann wurde er ganz schwach. Ein kleines, leichtes Köfferchen und einen Sonnenschirm hatte sie dabei. Ganz gerade stand sie da und als Karl endlich neben ihr stand, und von der Seite einen kurzen Blick in ihr Gesicht wagte, blieb ihm die Luft weg. Was für eine Schönheit! Herr, steh mir bei!

Sofort stellte er sich vor, wie diese junge Frau ihr Kleid ablegte, wie sie auf seinen Behandlungsstuhl stieg und wie sie die Schenkel öffnete. Er merkte, wie sein Körper reagierte und wie sein Herz schneller schlug. Der kleine Hut auf ihrem Kopf und die schicken Handschuhe passten perfekt zu ihrem Kleid. In diesem Moment drehte sie sich noch weiter von ihm weg in Richtung Gleis, denn der Zug fuhr langsam in den Bahnhof ein.

Als er hielt, öffnete Karl die Tür und hielt sie der jungen Frau auf. Sie lächelte ihn dankbar an, hatte aber Schwierigkeiten mit ihrem langen Kleid, ihrem Köfferchen und ihrem Sonnenschirm. Sofort nahm Karl ihr das Köfferchen ab, stellte es in den Zug und reichte ihr die Hand. Wieder schenkte sie ihm ihr herrliches Lächeln. Im Zug nahm er einfach ihr Köfferchen auf und betrat vor ihr das Abteil. Dort suchte er zwei leere Bänke und verstaute das Gepäck oben in der Ablage. Galant bot er ihr eine der beiden Sitzbänke zur Auswahl. 

Sie setzte sich ihm gegenüber ans Fenster und lächelte ihn schon wieder an. „Danke, das war wirklich sehr nett von ihnen."

Karl nickte ihr mit einem Lächeln zu und schaute sie an, während sie kurz aus dem Fenster sah. Auch wenn Liesel sich selbst in diese Situation gebracht hatte, so hatte sie jetzt doch ein wenig Angst vor diesem Mann. Er hatte breite Schultern und er hatte seine große Tasche mit Leichtigkeit oben in dem Gepäckfach verstaut. Dieser Mann war nicht nur eindrucksvoll, sondern auch sehr stark. Was wäre, wenn er nicht so nett wäre wie er aussah?

Das Geheimnis der weiblichen LustWo Geschichten leben. Entdecke jetzt