Mama spioniert - Teil 27

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Weil Helmut Hanske den ganzen Tag arbeiten musste, gab es bei ihm zu Hause schon seit Jahren immer erst am Abend etwas Warmes zu Essen. Heute gab es Eisbein, sein Lieblingsessen. Als er hereinkam, schnupperte er, nahm den typischen Geruch wahr und lächelte. Liesel kam ihm entgegengerannt, umarmte ihn kurz und rannte wieder ins Esszimmer.

„Komm schnell Papa! Dein Essen wird kalt!", rief sie und drückte sich eine Kartoffel mit der Gabel klein. Ein wenig aus der Puste kam ihr Vater ohne seine Anzugjacke an den Tisch und rieb sich die Hände, als Berta ihm den Teller füllte.

Neugierig warf er einen Blick auf Liesel und freute sich, dass sie heute wieder so fröhlich war. Keine Spur mehr von der Hysterie. Ihm fiel ein Stein vom Herzen. Mit großem Appetit machte er sich über sein Eisbein her und wunderte sich, als Liesel sich hinterher noch ein kleines Stück Muskelfleisch geben ließ. Das machte sie sonst nie. Wenn es Eisbein gab, dann aß sie immer wie ein Spatz.

„Du wirst schon bald so schön rund sein, wie deine Mutter, wenn du so viel isst", lachte er mit vollem Mund.

Schelmisch grinste Liesel ihn an.

„Das macht nichts, wenn ich zunehme. Außerdem ist da noch genug Spielraum nach oben, bis ich so aussehe wie Mutti."

Fröhlich lachte sie ihre Eltern an und die waren erleichtert, dass es ihr anscheinend wieder gut ging.

„Was hat der Arzt denn heute gesagt? Warst du überhaupt dort?", fragte Papa und Liesel nickte.

„Es war richtig toll! Danach habe ich mich so wohlgefühlt wie noch nie! Ich könnte noch immer Bäume ausreißen und ein ganzes Eisbein allein aufessen."

Sie strahlte ihren Vater an. Der freute sich und war erleichtert.

„Na, das scheint ja endlich mal was gebracht zu haben. Musst du denn jetzt noch öfter da hin oder hat sich das jetzt erledigt?"

Liesel war einer Panik nahe! „Nein, Nein! Das hat sich überhaupt nicht erledigt. Ich sagte ja schon, man kann die Hysterie nur eindämmen, aber nicht wirklich heilen. Übermorgen soll ich wieder kommen. Ich soll immer ganz früh, noch vor der Schule da sein. Dann will er sich besonders viel Zeit für mich nehmen."

„Noch vor der Schule?!" Fridi war empört. „Ich will aber nicht jeden Tag so früh aufstehen und dann dort die ganze Zeit auf dich warten!"

„Du brauchst mich nicht mehr hinbringen und die Kutsche brauche ich auch nicht. Die Praxis ist ja nur ein paar Straßen weiter. Da kann ich allein hingehen. Das ist überhaupt kein Problem."

Fridi war erleichtert. Damit war für ihn das Thema Hysterie erledigt. Seinen Papa quälte aber später am Abend noch eine ganz andere Sorge. Hatte der Doktor jetzt auch das »andere Problem« behoben?

Das wollte er unbedingt in Erfahrung bringen und so schlich er sich kurz nach dem Liesel ins Bett gegangen war auf die Etage der Kinder. Leise ging er den Flur entlang und blieb an ihrer Tür stehen. Heute stand sie nicht offen und es war auch kein Lichtschein unter ihrer Tür zu sehen. Er lauschte auf Geräusche aus ihrem Zimmer, aber es war rein gar nichts zu hören. Leise drückte er die Klinke herunter und sah Liesel in ihrem Bett schlafen. Sie hatte ihr Nachthemd an und die Puppe, die sie schon seit Kindertagen besaß, lag neben ihr auf dem Kopfkissen.

Gott sei Dank! Da hatte die Behandlung auch geholfen. Beruhigt schloss er die Tür und ging wieder hinunter. Obwohl er müde war, setzte er sich in seinen Sessel, schaltete seine Leselampe an und schaute in die Zeitung.

„Hat sie denn erzählt, was er mit ihr gemacht hat? Denn es scheint ihr ja wieder richtig gut zugehen", fragte er seine Frau über den Rand der Zeitung hinweg.

Das Geheimnis der weiblichen LustWo Geschichten leben. Entdecke jetzt