Der Detektiv - Teil 37

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„Lieselotte! Hör auf zu träumen!" Fräulein Wagner schaute Liesel scharf an und die versuchte sich auf den Unterricht zu konzentrieren. Doch es dauerte nicht lange, da schweiften ihre Gedanken wieder ab.

Eigentlich interessierte sie sich nicht dafür, was in der Zeitung stand. Hin und wieder schaute sie sich aber die Werbeanzeigen an und eine dieser Anzeigen ließ sie seit gestern Abend nicht mehr los. Das Detektivbüro Heinrich Schult bot seine Dienste an und warb mit einer sehr hohen Erfolgsquote.

Dieser Heinrich Schult bot an, untreue Ehepartner zu entlarven und er behauptete, sehr gut darin zu sein. Wie wäre es, wenn sie nach der Schule einfach mit der Kutsche nach Berlin hineinfuhr und sich einmal anhörte, was dieser Detektiv verlangte und was er ihr bot?

Bis Papa von der Arbeit kam, wäre sie ganz sicher wieder zurück. Aber sie war sich nicht sicher, ob der Kutscher den Mund halten würde. Der stand immer loyal zu Papa und sie hätte ihm wohl einen triftigen Grund nennen müssen, wenn sie ihn darum bitten wollte, ihrem Vater nichts zu erzählen.

Es blieb ihr wohl nichts anderes übrig, als sich von ihrem mageren Taschengeld eine Droschke zu mieten. Für ihre Behandlung bei Karl gab Papa ihr extra Geld, aber das zählte er ihr jeden Monat genau ab. Taschengeld gab er ihr nur 2 Mark im Monat. Das war mehr als viele andere bekamen, aber große Sprünge konnte sie damit nicht machen. Wenn sie alles zusammenkratzen würde, dann wäre es vielleicht genug für die Droschke. Aber wie sollte sie den Detektiv bezahlen?

Sie musste morgen unbedingt mit Karl reden. Vielleicht konnte der ihr Geld für den Detektiv geben und vielleicht konnte dieser Heinrich Schult Maria sogar in flagranti erwischen, wie sie Karl mit ihrem Liebhaber betrog. Liesel grinste bei dieser Vorstellung.

In diesem Moment traf sie etwas am Kopf und sie erschrak.

„Du sollst aufpassen! Was ist nur los mit dir? Das gibt einen Eintrag in mein Buch!"

Fräulein Wagner hatte mit einem sehr kleinen und leichten Stück Kreide geworfen und sie genau an der Stirn getroffen. Über mehrere Wochen hinweg war Fräulein Wagner wie ausgewechselt. Sie war freundlich und nett und niemand wurde von ihr bestraft. In dieser Zeit schickte sie die Mädchen noch nicht einmal zum Hausmeister, wenn ihr Maß voll war. Doch dann hatte sich ihr Verhalten erneut geändert.

Mit Schrecken dachte Fräulein Wagner an den Moment in der Bibliothek zurück, als sie im großen Brockhaus Lexikon nach dem Wort »Antipinoxe« suchte. Sie wollte endlich wissen, mit was für einer Krankheit sie sich da herumschlagen musste. Doch als sie die Seite aufschlug, war ihr ein Witz entgegengesprungen.

»Antipinoxe ist ein erfundenes Wort ohne jeglichen Sinn. Es wird benutzt, um Kinder und Lehrlinge in die Irre zu führen.«

Noch gut konnte sie sich an ihren fassungslosen Schrei erinnern, mit dem sie die Bibliothek erbeben ließ. Alle Besucher hatten sie angesehen, als wäre sie verrückt geworden, weil sie so laut geschrien hatte! Dieser Doktor Westphal hatte sie hereingelegt!

Er hatte sie eine ganze Woche lang leiden lassen, für gar nichts! Tag und Nacht hatte sie seine Salbe benutzt. Es war so schlimm gewesen, dass sie kaum laufen konnte. Doch das Schlimmste war, dass ihre Schülerinnen sie inzwischen für weich hielten. Seit Wochen machten sie, was immer ihnen einfiel und sie ignorierten sie, weil sie glaubten, es würde ihnen nichts mehr passieren.

Doch sie hatte es allen gezeigt! Ihren Stock hatte sie wohlweislich behalten und nicht weggeworfen. Als hätte sie geahnt, dass sie ihn irgendwann noch einmal brauchen würde. Jetzt war sie zurück in alter Stärke und ihre Schülerinnen fürchteten sie erneut.

Am liebsten hätte sie diesen Doktor Westphal ermordet! Doch das ging natürlich nicht. Sie hätte ihn auch gern vor Gericht gezerrt. Doch auch das ging nicht. Wie hätte sie dem Richter erzählen sollen, was er ihr angetan hatte?

Das Geheimnis der weiblichen LustWo Geschichten leben. Entdecke jetzt