Kapitel 16

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Charlie

Gegen Nachmittag verschwanden all ihre Gäste. Bis auf Ehlin und seine kleine Freundin. Joris tanzte mit der Sylphe am Flussufer. Charlie beobachtete die beiden sehnsüchtig. Abends würde er endlich Nanno wiedersehen. Er konnte es kaum erwarten.

Das kleine Irrlicht saß neben ihm. Sie lehnten sich an einen großen Baum.

„Meinst du, ich kann deine Sprache lernen?", fragte er das kleine Wesen.

Seine Freundin schüttelte den Kopf.

„Und deinen Namen? Meinst du, ich kann ihn aussprechen?", fragte er enttäuscht weiter. „Das wäre doch zumindest was, oder?"

Die winzige Person überlegte einen Moment, dann nickte sie.

„Ja? Meinst du? Also... Wie heißt du?"

„Fnips", sagte sie mit leiser, zwitschernder Stimme.

„Fnips?", wiederholte Charlie den Namen. Das Irrlicht, Fnips, nickte erfreut und zeigte dann auf Lucas.

Lucas sammelte gerade Feuerholz und ging an ihnen vorbei. Er sang eines seiner Lieblingslieder und traf dabei keinen einzigen Ton. Fnips hielt sich die Ohren zu und schimpfte. Auch Molly, die Blumen gesammelt hatte, um sich daraus einen Kranz zu flechten, verzog das Gesicht. Charlie lachte. „Ja, mir gefällt seine Singstimme auch nicht." Joris und Ehlin jedoch tanzten lachend und summend weiter. Als gäbe es auf der Welt nur sie beide.

Molly schmückte lächelnd ihr Haar mit dem Blumenkranz und setzte sich zu Charlie und Fnips.

„Ich denke, wir sollten Ehlin bald darum bitten, uns den Weg aus diesem Wald zu zeigen", sagte sie. „Ich will endlich wieder unter Menschen sein."

Charlie sah seufzend zu seinem Bruder. Dann dachte er an Nanno. „Ich möchte auch wieder unter Menschen, aber..."

„Du magst eine Nixe", beendete Molly seinen Satz. „Und auch Joris ist verliebt. Aber, die beiden sind keine Menschen. Und hier im Wald könnt ihr zwei nicht bleiben. Wo wollt ihr leben? Wie?"

„Ich weiß", stimmte Charlie zu. „Es gibt kein Haus in welchen wir wohnen könnten. Es gibt frisches Wasser und Früchte, aber Nahrung müssen wir uns mühsam zusammensammeln. Und all die Nixen im Fluss. Ich weiß, dass Nixen sehr gefährlich sind. Doch Nanno... Er ist wundervoll. Ich will ihn nicht verlassen."

„Du kannst ihm nicht in das Wasser folgen."

„Das kann ich wohl nicht." Charlie lehnte sich an den Baumstamm und sah in die Baumkrone. Violette und rosa Blätter. „Aber wenn ich gehe, sehe ich Nanno nie wieder. Und Joris sieht Ehlin nie mehr. Ich weiß, es waren nur ein paar Tage..."

Fnips sagte etwas, doch weder Molly noch Charlie verstanden sie. Sie flog auf Charlies Schulter und umarmte seinen Hals.

„Sieht so aus, als würdest du vermisst werden", murmelte Molly. Fnips nickte traurig.

„Was sage ich Nanno?", fragte Charlie. „Er will sicher nicht, dass ich gehe."

„Das du nicht hierbleiben kannst. Menschen gehören nicht in diesen Wald. Ich werde Ehlin gleich darum bitten, uns den Weg zu zeigen. Ich kann hier nicht mehr länger bleiben. Es ist zu gefährlich. Ich bin mir sicher, die Sylphe wird uns helfen."

Fnips zeigte protestierend auf Ehlin und Joris. Joris strich der Sylphe gerade verträumt durch das Haar.

„Ich stimme Fnips zu", sagte Charlie. „Ich denke nicht, dass Ehlin es gefallen wird, wenn wir gehen wollen. Auch wenn er uns helfen würde. Und was ist mit Joris?"

„Mit Joris? Was soll mit ihm sein? Er ist verliebt. Aber auch er wird einsehen, dass dies nicht sein kann. Er ist kein Teenager mehr." Lächelnd strich sie Charlie durch das rote Haar.

Charlie lachte trocken. „Du gehst davon aus, dass er ohne zu murren die Liebe seines Lebens verlässt? Sie dir die beiden doch an, Molly! Und ich? Wenn ich bleiben will?"

„Ihr könnt nicht bleiben, Charlie", widersprach Molly sofort. „Es geht nicht."

„Ich weiß! Aber mein Herz hat bereits gewählt! Und mein Herz wählt Nanno. Mein Verstand wählt die Steppe. Ich weiß nicht, Molly. Das ist nichts, was ich jetzt sofort entscheiden kann. Oder?"

Molly nahm ihn in den Arm und küsste seine Wange. Dabei achtete sie darauf, dass sie das Irrlicht nicht quetschte. Fnips sagte etwas leise und drückte sich eng an Charlies Hals. „Ich denke nicht, dass es hier etwas zu entscheiden gibt, Charlie", flüsterte Molly ihm zu.

„Mein Kopf weiß das, aber mein Herz will das nicht akzeptieren. Ich muss das mit Nanno besprechen. Und ich denke, Joris wird auch darüber nachdenken wollen. Gib uns etwas Zeit, ja? Wir haben ein paar Tage hier überlebt. Dann schaffen wir auch ein paar Tage mehr. Bitte."

„Na gut. Wenn du darauf bestehst. Auch wenn ich es für unnötig halte. Charlie. Du kannst hier nicht leben!" Molly wischte sich ein paar Tränen aus den Augen.

„Und wenn doch?" Charlies Blick wanderte wieder zu seinem Bruder und Ehlin.

Und wenn doch?

Molly nickte. „Ich wünsche mir, dass ihr zwei glücklich seid. Ihr seid inzwischen zu Familie geworden. Ich kann es nicht ertragen, euch wieder in Gefahr zu sehen. Dass diese eine Nixe dir nicht schaden will, ist ein Wunder. Aber was ist mit all den anderen Nixen?"

„Vielleicht kann ich mich mit ihnen anfreunden? Bei den Feen und den Nymphen ging es doch auch", überlegte Charlie. Doch dann schüttelte er den Kopf. „Nanno hat sich Sorgend darüber gemacht. Was passieren könnte, wenn die anderen Nixen von uns erfahren."

Molly nickte. „Nixen essen Menschen. Und sie ertränken uns zum Spaß. Würdest du wirklich dein Leben wir eine einzelne Nixe riskieren wollen?"

Fnips seufzte.

„Ja und nein", antwortete Charlie, während siebeobachteten, wie Ehlin Joris Wangen küsste.


(c: sasi)

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Joris und Ehlin (KI-Kunst)

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Joris und Ehlin (KI-Kunst)

NIXE - Zwischen Wasser und Wald (BL)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt