Ein Vater?

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Cassandra konnte nicht sagen, wie lange sie so standen. Sie hatte Angst, das er ihre roten Wangen sehen würde, sobald sie los lies.
Was machte sie hier? Das war doch alles gar nicht nötig gewesen und dennoch lies er es zu.

Levi atmete einmal tief durch. Da war noch etwas, was er schon lange los werden wollte.
"Es tut mir leid, wie ich dich behandelt habe, als wir das erste mal über deine Familie sprachen." Cassy lächelte. Antwortete aber nicht. "Cass?" fragte er.
Er wollte keinen Namen verwenden, den andere für sie nutzten. Er wollte seinen eigenen. Cassandras Herz blieb einen Moment stehen.
Ihre Schwester war die einzige gewesen, die sie jemals so genannt hatte.

Verwundert hob sie ihren Kopf und blickte ihm erneut in die Augen. Ein funkeln lag in ihren Augen. "Wie hast du mich genannt?"
Er sah sie verwundert an. "Stimmt was nicht?" Cassy schenkte ihm ein breites lächeln. Schüttelte aber abwinkend den Kopf.

Sie lies von ihm ab und ging langsam die Stufen hoch. Ihr schwirrte der Kopf. Das war nicht wirklich gewesen. Es war nur eine Show, weil sie nicht aufgepasst hatte. Weil er sie ohne grosse Eskalation beschützen musste. Aber seine Augen und diese Worte, sprachen eine andere Sprache.
Levi sah ihr zu, wie sie die Stufen hinauf stieg und unsicher vor der Tür stehen blieb. Was machte er hier nur. Es hätte viel weniger benötigt um klar zu machen, dass er sie beschützen würde. Stattdessen hatte er sich hinreissen lassen, als er sie in seinem Arm hielt. Sie sah nicht nur so aus. Sie fühlte sich auch viel zu zerbrechlich an, für eine Welt die es liebte zu zerstören... und egal wie häufig er darüber nachdachte. Er hatte das Gefühl, dass er der einzige war, der sie beschützen konnte.

Cassandra klopfte an die Tür und wartete. Doch niemand öffnete. Der Vollständigkeit halber rüttelte sie an der Tür. Nichts. Sie drehte sich zur Treppe und ihr Blick fiel auf die kleine Taverne nicht weit entfernt.
Sie lief die Stufen zurück. "Vielleicht haben wir in der Taverne mehr Glück."
Levi blickte über die Schulter und ging voraus.
Mittlerweile war es später Nachmittag. Die Taverne musste also voll gefüllt sein.

"Sieh dich um." sagte Levi zu ihr. "Ich hab dich im Auge."
Cassy nickte kurz, dann drückte sie sich durch die Menschenmenge auf die Theke zu.
"Entschuldigen!" rief sie und mehrere verwunderte Köpfe drehten sich zu ihr um.
Sie ignorierte sie. "Ich suche einen Mann." Ein betrunkener Glatzkopf ging auf sie zu und legte ihr seinen Arm um die Schulter. "Glückwunsch Mäuschen! Du hast mich gefunden."
Levi knurrte als er sich aufmachte diesem Kerl die Fresse zu polieren. Doch Cassy schubste ihn bereits weg. "Ich suche meinen Vater." Er wurde Aufdringlicher. "Du kannst mich nennen wie du willst, wenn ich dir..." Ein erstickten stöhnen beendete sein Satz, als Cassandra ihm ihr Knie zwischen seine Beine rammte.
Fluchend stürzte er auf die Knie, ehe er sich wütend versuchte aufzuraffen.
Levi stellte sich zu ihr und funkelte den Glatzkopf gefährlich an. Dieser hielt sofort inne.
Cassy drehte sich wieder um. "Sein Name ist Thorsten. Er lebte vor 3 Jahren noch in dem Haus da drüben."
Der Wirt grinste sie an. "Meine Gäste haben so viele Namen, da fällt es mir manchmal echt schwer mich zu erinnern."
Levi warf ihm eine Münze auf den Tisch und der Wirt grinste breit. "Aber ich glaube Thorsten ist einer unserer Stammkunden. Er sitzt immer an den hintersten Tisch, an der Treppe"

Beide wendeten sich ab und folgten seiner Beschreibung zum hintersten Tisch.
Cassy blieb stehen, als sie den Mann, den der Wirt beschrieb, an den Tisch sitzen sah.
"Ist er das?" fragte sie Levi. Cassy musterte ihn ausgiebig. Er sah herunter gekommen aus. Noch mehr als sie es in Erinnerung hatte. Sie nickte.
Sie ging auf den Tisch zu und blieb stehen. Levi hielt sich im Hintergrund. Es dauerte eine weile bis Thorsten aufblickte. Seine Augen füllten sich mit Tränen als er weinen ihren Namen rief, aufstand und sie in den Arm nahm.
Cassandra hätte nicht gedacht, das auch sie sich derart freuen würde ihren Vater zu sehen.
Sie setzte sich zu ihm und lächelte ihn an, als währe nie etwas gewesen.

Für Levi sah er wie die tausend anderen verlorenen aus, die in ihrem Leben hier gestrandet waren. Cass schien ihr Kastanienbraunes Haar mit den leichten Naturlocken von ihm zu haben.
Allerdings standen sie ihr bei weitem besser.
Er entschied sie erstmal allein zu lassen und kümmerte sich stattdessen um einen sicheren Schlafplatz.
"Nachdem du fort warst... Ich hab dich gesucht.. Wo warst du.. Ich dachte schon du wärst..."
Cassandra schüttelte den Kopf.
"Es ist viel passiert. Ich muss mit dir reden. Am besten wo es ruhiger ist. In unserem alten zuhause." Thorsten wirkte nervös, nickte aber und ging mit ihr.
Levi beobachtete sie über die Schulter. Er würde ihnen direkt folgen, sobald er konnte.

Cassandra schritt mit ihrem Vater die Stufen hinauf, als Levi gerade die Taverne verlies.
Thorsten schien ihn nicht zu bemerken. Er schloss seine Tür auf und ging hinein.
Cassy stand einen Moment an der Schwelle. Sie musste sich überwinden, ihrem Vater zu folgen.
Zu viele schlechte Erinnerungen kamen in ihr hoch.
Ihre letzten Stunden in diesem Haus, waren alles andere als angenehm gewesen.
 Levi hatte sie schon fast erreicht, als sie schliesslich eintrat.
"Es tut mir so Leid Cassy. Das ist nicht da war...Was ich tun wollte... Das war unverzeihlich!" Thorsten jammerte kläglich und Cassy versuchte ihn zu beruhigen. Es war Levi, der zornig antwortete.
"Was für ein mieses Drecksschwein, ist bereit seine eigene Tochter zu verkaufen... und was für ein scheiss Schweinestall ist denn das hier." Er schloss die Tür hinter sich und blieb bei ihr stehen.
Staub war hier das geringste Problem. Denn neben dem Müll waren es 2 alte grosse Blutlachen, die seine Aufmerksamkeit erregten. Über die Zeit waren sie in den Stein eingesickert, sodass sie nicht mehr ohne weiteres zu entfernen waren.

Thorsten war geschockt, doch Cassy versuchte erneut ihn zu beruhigen. "Dad. Es ist alles in Ordnung. Levi ist mit mir hier." Das beruhigte Thorsten keineswegs: "Waa.. Was machen sie hier mit meiner Tochter?" Levi funkelte ihn wütend an: "Im Gegensatz zu dir Abschaum verw..."
"Das reicht jetzt!" Cassy zischte barsch über die Schulter und Levi verstummte.
"Wir suchen das Buch von Mum" Cassy sprach einfühlend auf ihren Vater ein. Doch dieser schüttelte panisch den Kopf, während er zu Levi blickte. Er flüsterte eindringlich auf Cassandra ein. in der Hoffnung Levi könne es nicht hören.
"Nein! Er wird dich umbringen, wenn er es hat.. Wenn er weiss was drin steht.. Wenn er weiss wer du bist. Allein das Buch zu besitzen..." Wahre Angst lag in seinen Augen. Cassy hingegen lächelte ihn weiterhin aufmunternd zu und machte sich keine Mühe ihren Ton zu mindern.
"Er weiss es!" sagte sie eindringlich, in die grossen flehenden Augen ihres Vaters.
"Er weiss es und hilft mir dennoch. Hast du es noch?" Ihr Vater blickte sie ungläubig an.
Vor ihm stand seine 17 jährige Tochter mit dem Kettenhund des Kommandanten des Aufklärungstrupps und erzählte ihm, sie währe bei ihnen sicher.
Er senkte den Kopf, bevor er resigniert sprach. "Ich musste deiner Mutter versprechen, es dir auszuhändigen sobald du danach fragst."
Cassy grinste Levi über die Schulter zu. Sie erstarrte für einen Moment in der Bewegung, als sie seine Ausstrahlung wahrnahm.
Er wirkte angespannt. Sein Blick hatte sich verdunkelt und seine Körperhaltung war beinahe verkrampft.
Sie wendete sich wieder ihrem Vater zu. "Wo ist es?" fragte sie und warf erneut einen  Schulterblick zur Tür. "Ich kann es morgen für dich holen. Ihr könnt heute Nacht hier bleiben."

"Vergiss es!" zischte Levi und hatte bereits die Tür geöffnet. Cassy lächelte entschuldigend
"Wir kommen morgen wieder."

Weil du es verdient hast Staffel 0 // A Levi Love StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt