Als der Wagen langsamer wurde, rückte er etwas von ihr ab.
Er wollte noch einmal ihr warmes Mahagoni sehen, ehe die Militärpolizei sie aus dem Wagen und in unterschiedliche Kerker werfen würde.
Auch Cassy musterte ihn noch einmal stumm. Sie strich ihm seine einzelnen Strähnen aus der Stirn und folgte dem Strom und der Form seiner Stahlblauen Augen.
Als die Kutsche schliesslich zum stehen kam, hob er eine Hand an ihr Kinn und küsste sie ein letztes Mal.
Auch wenn er sich äusserlich im Griff hatte, konnte Cassy seinen ganzen Schmerz in diesem Kuss spüren.
Ein letztes Mal schlang sie ihre Arme um seinen Hals und nahm ihn in den Arm.
"Bitte" flüsterte sie erneut. Dann öffnete sich die Kutschentür.
Das Anhörungsgefängnis, lag direkt unter dem Gerichtsgebäude. Die enge, steile Treppe führte zu 3 kleinen Zellen hinunter. Hier würde sie also auf ihre Anhörung warten.
Sie schoben Cassy die Stufen hinunter direkt in die mittlere Zelle. Levi brachten sie zu ihrer rechten unter.
Sie fragte sich, wie es ihrer Schwester und ihrer Mutter wohl ergangen war. Gab es damals auch ein Gerichtsverfahren? Ihr Vater hatte niemals darüber gesprochen.
Alles was sie wusste war, dass ab diesem Zeitpunkt mehrmals im Jahr Sondereinheiten der Militärpolizei bei ihnen einbrachen. Anders konnte man das gewaltsame Vorgehen nicht beschreiben. Diese Männer waren keine Polizisten. Aber sie wurden von ihnen eingesetzt.
Sie sollten Cassy im Auge behalten und überprüfen, ob sich über die Jahre etwas in ihr entwickelte.
Sie strich im Gedanken über ihre Unterarme.
Diesen Teil, hatte sie damals vor Erwin und Levi verschwiegen.
Tatsache war jedoch, dass es bei diesen Besuchen nie bei einfachen Tests geblieben war.
Die ersten 2 Jahre hatten sie Freude daran gehabt, sie zu misshandeln.
Tritte, Schläge und leichte Verbrennungen. Alles was auf Dauer keine weiteren Spuren hinter lies. Am schlimmsten war jedoch das würgen gewesen.
Mehrfach hatte sie das Gefühl gehabt zu sterben und währe an diesen Tagen auch gerne bereit dazu gewesen.
Wenn sie weinte kürte das den Sieger ihrer 3 Peiniger. Weinte sie zu früh, fingen sie vorne an.
Das dritte und vierte Jahr war am schlimmsten gewesen.
In ihren Augen, war sie nun alt genug gewesen, um auf neue Weise mit ihr Spass zu haben.
Nicht, dass sie ihre alten Spielereien dafür ausliessen. Sie erweiterten ihr Repertoire und damit die Zeit die der sie hoffte, einfach sterben zu können.
Sie blickte auf ihre Narben. Sie waren keinesfalls willkürlich.
Seid dieser Zeit, trug sie die Initialen des Mannes den sie mit 14 getötet hatte.
LF Larry Fridge der Anführer von ihnen. Jedes Mal hatte er sich erneut mit diesen Testschnitten auf ihrer Haut verewigt.
Doch an diesem letzten Tag waren sie unaufmerksam gewesen. Zu aller Überraschung gab es ein erhöhtes Aufkommen von Militärsoldaten. Auch die Mauergarnison und sogar der Aufklärungstrupp war an diesem Tag vertreten gewesen.
Das erste Mal das Cassy verstand, dass auch diese Männer keine grenzenlose Macht besassen.
Auch sie hatten vor etwas Angst gehabt.
Larry fühlte sich derart sicher, dass er das Messer direkt neben ihr liegen lies, nachdem er mit ihr fertig war. Er hatte abschätzend aus dem Fenster gesehen als Cassy ihn von hinten niedergestochen hatte.
Blutüberströmt flüchtete sie anschliessend aus ihrem Haus.
An diesem Tag fand sie die Hilfe, die ihr das Leben gerettet hatte.
Sie konnte den Weg, den sie gegangen war kaum bereuen. Er hatte ihr einen neues Leben eröffnet. Eine neue Hoffnung. Wer konnte ahnen, dass es so schnell zu Ende sein würde.
Gerne hätte sie Levis Stimme gehört. Doch was sollte sie sagen.
Die Wachen waren schon seid ein paar Stunden abgezogen worden. Cassy vermutete, dass sie zur Nacht die Anzahl der Polizisten verringerten.
Sie würde versuchen zu schlafen. Nicht das sie daran glaubte, dass sie es konnte.
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Schritte liessen sie aufschrecken. Lachend kamen 3 Männer die Treppe hinunter. Sichtlich angetrunken grinste einer nach dem anderen in die Zellen hinein.
Cassy erstarrte. Sie trugen keine Uniform, aber sie kannte alle von ihnen.
Den grossen muskulösen und den schmierigen Schwarzhaarigen aus der Unterstadt. Doch was sie am meisten erschreckte war der dritte von ihnen.
Wenn sie sich recht erinnerte, war sein Name Larson gewesen. Damals war er Larrys rechte Hand.
Levi sprang auf. Er versuchte ihre Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
"Besucht ihr schonmal euere zukünftige Endstation?"
Larson grinste. "Ahh nein. Ich hab gehört meine Verabredung ist hier." Er ging auf Cassys Zelle zu.
Levi packte die Wut. "Du wirst sie in Ruhe lassen!"
Aber Larson legte seine Hand an Cassys Gittertür. Er hatte tatsächlich einen Schlüssel.
"Was bildest du dir ein. Ich kenn sie schliesslich schon länger als du." Larson sprach fast lieblich änderte jedoch seinen Ton zu einem tiefen Groll als er weiter sprach: "Dieses kleine Miststück hat schliesslich meinen Bruder getötet."
Cassy war mittlerweile aufgestanden. Sie war nicht mehr das kleine Mädchen von damals.
Wenn er die Zelle betreten würde, dann würde sie ihm den Arsch aufreissen.
Larson machte 2 Schritte in ihre Zelle und verschwand aus Levis Sichtfeld.
Das nächste was er sah, war wie Larson rücklings aus der Zelle flog. Er schlitterte über den Boden und hielt nur knapp vor der Wand an.
"Ich bin zu alt zum spielen." sagte Cassy wütend.
"Kleine Schlampe" knurrte Larson. "Als ich hörte, das du beim Aufklärungstrupp warst, habe ich schon sowas erwartet... Krug!"
Cassy war schockiert, als der grosse Blonde erneut seine Waffe auf Levi richtete.
"Ich glaube diesmal wirst du nicht dazwischen gehen können." Krug grinste ekelhaft.
"Also sei schön brav, wenn.." "CASS, NEIN!" unterbrach Levi ihn energisch.
Cassy war wie erstarrt. Sie wusste nicht was sie machen sollte. Niemals konnte sie zulassen, das sie Levi wegen ihr erschiessen würden. Genauso wenig wollte sie sich ihnen, wieder hilflos ergeben.
Sie konnte keine Barriere nutzen und alle 3 gleichzeitig ausschalten.
Also entschied sie sich für das, was ihr am wichtigsten war.
Traurig schloss sie die Augen und lies den Kopf hängen. "Braves Mädchen." grinste Larson als er aufstand und erneut ihre Zelle betrat.
"Nein!" Levi fühlte sich noch nie so hilflos. Die Waffe war ihm egal. Er hatte nur Augen für die 2 Männer, die die Zelle neben ihm betraten.
Cassy antwortete emotionslos: "Es ist alles gut... Es ist nicht das erste Mal."
Levi wusste nicht was schlimmer war. Sehen zu können oder nur zu hören, was nebenan passierte.
Ein Schrei zog ihn aus seiner stummen Verzweiflung. "Verdammtes Miststück.. Hat mir auf die Zunge gebissen." Larson lisbelte schmerzhaft.
Das nächste was Levi hörte, musste eine Backpfeife gewesen sein. Gefolgt von einem rumpeln. War sie gestürzt?
Er rüttelte an seiner Zellentür. "Ich werd dir Manieren beibringen" knurrte Larson immer noch nicht fähig richtig zu sprechen.
Levi hörte Cassy leise vor Schmerzen aufstöhnen. Er wusste selbst nur zu gut, wie sich Tritte in einen Körper anhörten. Als Cass anfing zu würgen, war es absolut sicher, was passiert war.
Als er Stoff reissen hörte, blendete ihn blanker Wut. Er ignorierte den Schmerz der sich in seinen Händen ausbreite, als er gegen die Trennwand der beiden Zellen schlug.
Erst als sich Verzweiflung mit ein mischte. Sackte er mit dem Rücken an der Wand hinunter.
Es machte keinen Unterschied. Solange er hier drin war konnte er nichts machen.
Er wollte das nicht mit anhören. Aber sie lies es, für ihn über sich ergehen. Alles was er hingegen tun konnte, war sich für sie zusammen zu reissen.
Cassandra biss die Zähne zusammen. Sie wollte es für Levi nicht noch schlimmer machen. Er sollte nicht das hier, als letztes von ihr in Erinnerung behalten.
Dieses Mal würde sie nicht weinen. Sie würde nicht vor Schmerzen aufschreien und sie würde nicht flehen.
Es war ekelhaft, wie Larson sich ihr aufdrängte. Er war ein Sadist, genau wie sein Bruder. Es machte ihm kein Spass, wenn sie nicht deutlich zeigte, dass sie unter ihm litt.
Wie damals schlug er sie. Warf sie gegen Gegenstände, schlug ihren Kopf gegen die Wand bis sie blutete.
Verdrehte ihr ihre Arme und schnitt ihr mit seinem Messer Muster in die Haut, bis er endlich den genüsslichen Schmerz hörte, den er hören wollte.Levi hatte die Augen geschlossen. Er dachte an ihre Aussage, dass es nicht das erste mal sei, dass sie so etwas durchmachen musste. Ihre Ausstrahlung in den ersten Wochen kamen ihm in den Sinn. Das alte Blut im Haus von Thorsten.
Er hörte Cassy leise krächzen. "Bist du verrückt man! Du bringst sie noch um!"
Levi riss den Kopf hoch. "Das wird mir zu heiss. Wir sind doch eigentlich nur hier um ihre Augen zu checken!" Der schwarzhaarige verlies ihre Zelle.
Cassy keuchte nach Luft. "Du hättest noch viel schlimmeres verdient. Aber keine Sorge, ich komm dich wieder besuchen." knurrte Larson.
Cassys Gitter schepperten und Larson öffnete die Tür.
Da war sie wieder, die blanke Wut gepaart mit Verzweiflung, als Larson sichtbar für Levi in die Gitterstäbe griff.
Seine Hand und das Gitter trieften vor Blut. Auch sein Hemd und seine Hose waren von oben bis unten befleckt.
Grinsend stellte er sich vor Levi. "Nächstes Mal lassen wir dich zuschauen. Das war mir eindeutig zu leise heute."
Kalte Wut schwang in Levis ruhiger Stimme mit: "Wenn wir uns das nächste Mal begegnen, werden WIR miteinander spielen. Die Freude wird dann ganz auf meiner Seite sein."
"Kommt schon! Wir sind schon viel zu lange hier! Bald kommt die Ablösung!"
Kurz darauf war es toten still. Alles was Levi hören konnte, war Cassys schwerer Atem.
Er konnte sie weder sehen noch berühren und fragen wie es ihr ging war lächerlich.
Wie sollte es ihr schon gehen.
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Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis die ersten Wachen die Treppe hinunter kamen.
"Mein Gott! Was ist denn hier passiert?"
Levi sah ihre aufrichtig geschockten Gesichter. Wieder fragte er sich, ob es besser war es nicht zu sehen. "Sie nach, ob sie noch lebt."
Angespannt wartete er auf die Antwort des Soldaten "Ja. Sie ist nur bewusstlos."
Der zweite Soldat kam zu Levi. "Was ist hier passiert?"
Levi erzählte ihn von den Vorfällen der Nacht. Ihrem Sicherheitsproblem mit einer ausführlichen Personenbeschreibung.
"Scheisse" fluchte der erste von ihnen. "Das hätte nicht passieren dürfen! Die Anhörung beginnt schon in einer halben Stunde. Schnell hol einen Arzt!"
Levi hatte kaum Zeit, sich weiter Gedanken zu machen. Denn kurz darauf standen bereits 2 weitere Militärpolizisten vor seiner Tür um ihn abzuholen.
Er riss sich zusammen so gut er konnte. Auf den Weg nach oben, musste er an Cassys Zelle vorbei.
Nur wenige Schritte hatte er geschafft, bevor er schockiert stehen blieb.
Ihre Zelle war völlig verwüstet. Die Wände mit Blut beschmiert. Cassy lehnte leblos mit den Rücken zu ihm am Gitter. Ihre Haare verdeckten ihr Gesicht und ein Teil des Rückens.
Dennoch konnte er das Blut erkennen, dass ihr den Rücken runter lief und sich am Boden sammelte.
Fast automatisch ging er auf sie zu. Er wollte zu ihr, doch die Militärpolizisten liessen ihn nicht.
Levi dachte nicht mehr nach. Er versuchte sich aus dem Griff der Soldaten zu befreien. Den Blick fest auf Cass gerichtet. Doch hatte er gegen 3 keine Chance.
Wenn sie nicht überlebte... Er würde sie finden. Alle 3...

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Weil du es verdient hast Staffel 0 // A Levi Love Story
FanfictionCassandra ist 14 als sie sich entschliesst, ihren Vater zu verlassen und die Rekrutenschule zu besuchen. Mit dem Aufklärungstrupp als klares Ziel vor Augen, pfeift sie mit 17 auf den Status der Jahrgangsbesten und wählt zur Verwunderung der anderen...