Expedition hinter die Mauer

109 4 0
                                    

Cassandra war Hundemüde. Es war dumm gewesen, aber sie hatte keine Minute der letzten Nacht verschwenden wollen. Sie hatte die restliche Nacht in Levis Armen verbracht und sich gezwungen nicht zu schlafen.
In der Dämmerung, hatte sie sich alle Mühe gegeben sein Zimmer zu verlassen ohne ihn zu wecken.
Sie hatte sich zurück zu Petra ins Zimmer geschlichen. Zum Glück war sie noch selig am Schlummern.

Nun hatte sie bereits ihren Dienst angetreten, ohne zu Frühstücken und war dabei die Pferde in ihrem Stall vorzubereiten. Sie nutze die Zeit und überprüfte ein letztes Mal das Sattelzeug. Nichts wollte sie dem Zufall überlassen. Von Petra erntete sie interessierte Schulterblicke. Sie sagte jedoch nichts. Cassandra war sich nicht sicher, ob diese Blicke auf ihre Fehlzeit beim Frühstück oder auf das Schlafzimmer bezogen waren. Sie schob es schliesslich beiseite. Wenn Petra soweit war. Würde sie schon etwas sagen. 

Sie hatte bereits einen Grossteil der Pferde vorbereitet, als Levi den Stall betrat. 
"Du hast gar nichts gefrühstückt." sagte er und hielt ihr einen Apfel hin. Cassy seufzte. Ihre Nervosität war zurück.
"Ich bekomm nichts runter, wenn ich nervös bin." sagte sie ohne mit der Arbeit aufzuhören. 
Levi sah sie ernst an und legte ihr vorsichtig eine Hand auf ihre Schulter. Cassy hielt sofort inne und drehte sich zu ihm. Petra verlies gerade mit den ersten Pferden den Stall. 
"Keine Dummheiten!" wiederholte er sich von gestern. "Nicht absichtlich." entgegnete Cassy.
Levi lächelte nicht. Aber seine Augen sprachen Bände.
In ihnen war alles vertreten. Doch Wärme und Sorge schimmerten am stärksten.

Ein letztes Mal küsste er sie. Viel zu kurz, für seinen Geschmack. Aber er hoffte das sie verstand, was er damit aussagen wollte.
Er legte seine Stirn an ihre und blickte ihr vielsagend in ihr wundervolles Mahagoni. 

Petras sprach ungewöhnlich laut. "Ja genau! Er ist im Stall."
Cassy lies Levi schmunzelnd los und wendete sich sofort von ihm ab. 
Sie biss einmal vom Apfel ab und fütterte den Rest ihrem Pferd.
Levi beobachtete sie aus den Augenwinkeln, als Eld eintrat. 
Cassy konzentrierte sich weiter auf ihre Arbeit. Doch sie zögerte nicht Petra ein dankbares lächeln zu zu werfen, was sie mit einem zwinkern erwiderte. 

Mit dem Zug durch die Strassen zu reiten, hatte sie sich angenehmer vorgestellt als es tatsächlich war. Sie mochte das Getuschel und die Blicke überhaupt nicht. 
Sie war froh, dass nicht Ben sondern Petra und Eld an ihrer Seite ritten. Ben war hinter ihr. Er ritt mit Gunther und Auruo. Gegen Gunther hatte sie nichts, aber Auruo empfand sie ähnlich anstrengend. 
Sie hörte Erwins Stimme durch die Strassen hallen, konzentrierte sich jedoch darauf, die ansteigende Nervosität runter zu atmen. Sie fragte sich, ob es jemals einen Neuling gab, der sich vor Aufregung vollgekotzt hatte. Es fühlte sich jedenfalls so an, als währe sie kurz davor.
Sie blickte über die Schulter und hoffte, dass sie besser aussah als Ben hinter ihr. 
Eld sprach sie schliesslich an. "Mach dir keine Sorgen. Als Neuling überlässt du uns die Arbeit." Er versuchte sie aufmunternd anzulächeln. Aber sie dachte nur an Levis Worte... Es ging immer etwas schief. Ein falsches Sicherheitsgefühl konnte sie nicht brauchen. 
Dennoch war sie dankbar und es beruhigte  zu wissen, dass sie nicht sofort selber ran musste. 

Erwin schrie und die Formation machte sich im Galopp auf, durch das Tor. Sie atmete einmal tief durch und ehe sie es begriff, war sie bereits auf der anderen Seite der riesigen Mauer. 
Unerklärlicherweise packte sie die Euphorie. Sie hatte niemals das Gefühl gehabt sich hinter den Mauern eingesperrt zu fühlen. Aber nun konnte sie bis zum Horizont blicken, ohne das dieser von einer eben jener Mauer verdeckt wurde. Ihr war etwas unwohl, als ihr klar wurde, wie weit die Bäume tatsächlich entfernt waren. Die riesige Grasfläche über die sie ritten, machte es Titanen schwer zu übersehen. Aber sie bot auch keinerlei Hilfestellung. 
Solange sie sich keinem Titanen stellen würden müssen, währe alles in Ordnung.
Doch das Gefühl änderte sich schnell, als die ersten roten Lichter aufleuchteten. 
Für eine Weile liefen sie dem Hauptteil der Titanen einfach davon. Cassy wusste nicht ob überhaupt welche davon bekämpft wurden. Aber die roten Leuchten wurden immer mehr. 

Das Wetter zog sich zu und stark einsetzender Regen erschwerte die Sicht zunehmend.
Sie konnte nicht mehr einschätzen wie weit sie von den Bäumen entfernt waren. 
Cassy erschrak, als ein Reiter aus der Mitte der Formation zu ihnen aufschloss.
Er sprach mit Levi und Eld, die vorweg ritten. Dann bog er zurück in die Mitte der Formation. 
"Ben?" Eld hatte sein Tempo verlangsamt und hatte zu Ben und Cassy aufgeschlossen. 
"Befehl vom Kommandanten. Unsere Einheit wird abgezogen. Die Wagen des Unterstützungstrupps sind bei dem Bodenverhältnissen zu langsam um das Tempo beizubehalten. Die äussere Flanke soll auf unsere Position auf rutschen. Hast du die Nachricht überbracht stösst du zu uns ins Zentrum. Wir halten die innere linke Flanke. Der aktive Versorgungstrupp übernimmt die rechte."
Cassy schaute Ben mitfühlend ins Gesicht. 
Als Botenreiter hatte er zwar den Vorteil, sich aus allem raus halten zu können. Aber er musste auch allein hier draussen die einzelnen Truppen finden.
Cassy beneidete ihn nicht. 

Augenblicklich wendete sie mit den anderen ins Zentrum und blickte Ben hinterher, der sich auf dem Weg an die äussere Flanke machte. 
Der passive Versorgungstrupp bestand aus 5 Wagen. Sie fuhren direkt hinter dem Kommandanten und lagen so im hinteren Zentrum. 
Wenn sie nicht mehr hinterher kamen, bedeutete das, eine zweite, kleinere Formation zum Schutz zu bilden.
Diese Formation war kleiner und engmaschiger, da die Soldaten des passiven Versorgungstrupps am anfälligsten waren.
Sobald sie die Wagen gefunden hatte, würden sie in Sichtweite zu ihnen und mit angepassten Tempo weiter vordringen. 

Cassy dachte nach. Unter diesen Wagen gehörte auch jener des Wissenschaftstrupps. 
Sie wusste nicht genau, wo sich Glen befand. Aber er hatte erwähnt mit dem Wagen zu schaffen zu haben. 

"Das pisst mich jetzt so richtig an." Cassy versuchte zu sehen, was Levi schon sehen konnte. 
Dann erkannte sie es. 3 der Wagen, hatten sich im Schlamm fest gefahren. Ein weiterer schien beim Versuch auszuweichen umgekippt zu sein.
Ohne diese Ausrüstung war das Bauen eines Stützpunktes unmöglich.  
Der Verlust von einem oder maximal 2 Wagen währe vertretbar gewesen. Aber 4 zu verlieren, war nicht tragbar.
Levi bellte bereits Befehle zu Auruo, Gunther und Eld bevor Cassy das Ausmass völlig in sich aufnehmen konnte. 
Zumindest die letzte Kutsche, musste erst vor kurzem umgestürzt sein.

Sie sprang ab und lief auf den Soldaten zu, der unter der umgekippten Kutsche eingeklemmt im Matsch lag.
Der Wagen hatte zwar seine Ladung verloren, schien aber noch in Takt zu sein.
Geschockt hielt sie für eine Sekunde inne, als sie Johan erkannte.
Panik lag in seinen Augen. Wie schwer er verletzt war, konnte Cassy nicht ausmachen. Es war gut möglich, dass der Schlamm und der weiche Boden ihn vor schlimmeren bewahrt hatte. 
"Ihr 3!" rief Cassy und blickte in die panischen Augen der anderen Kutscher. "Schnell ich brauch hier Hilfe. Wenn wir den Wagen aufgestellt bekommen, können wir 2 Pferde umspannen und schonmal eine Ladung retten!"
Levi beobachtete Sie aufmerksam. Er selbst sicherte die direkte Umgebung, während die anderen 3 ausserhalb ihrer Sichtweite Patrouille ritten. 

Petra stand neben ihr. Sie warf die restliche Ladung von der Ladefläche um das Aufstellen des Wagen einfacher zu machen. Cassy hatte währenddessen die Pferde los gemacht.
Sie waren ein Sicherheitsrisiko und würden beim aufstellen nur stören.
Als die 3 anderen sich an der Seite aufreihten, war es ein leichtes die Kutsche zu 5 aufzustellen. 
 
Während die anderen, die Kutsche aus dem Loch schoben, bückte sich Cassy zu Johan hinunter. Ihr Gesicht gefror als ihr klar wurde, dass sie ihn nicht retten konnten. Die Kutsche hatte seine Hüfte komplett zertrümmert. Sie seufzte. Was sollten sie tun. Ihn hier alleine im wachen Zustand  zurück lassen, empfand sie als falsch. 
Sie musterte die umgekippte Kutsche. Sie war tatsächlich abgesehen vom Stoff einwandfrei. 
Ihr kam eine Idee. Sie wollte gerade aufstehen, als Johan nach ihrer Hand griff. 
"Bitte." flehte Johan. "Bitte lasst mich nicht zurück."  
 Levi beobachtete sie. Was würde sie jetzt tun. Er war sichtlich verletzt. Zu schwer, als das er es schaffen würde. 

Weil du es verdient hast Staffel 0 // A Levi Love StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt