Kapitel 9

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(Überarbeitet am 24.02.18)

Nun stand ich schon seit 20 Minuten vor dem Fahrstuhl, konnte mich aber nicht dazu durchringen, ihn zu betreten. Die Bewohner warfen mir beim Einsteigen neugierige Blicke zu und der Portier, der hinter seinem Tresen saß, hatte mich schon seit einiger Zeit im Blick. Hoffentlich rief er nicht die Polizei, weil sich eine Verrückte im Eingangsbereich herumtrieb.

Nach dem ich mich gestern getraut hatte mein Büro zu verlassen, war ich auf dem schnellsten Weg nach Hause gegangen. Als ich an Mrs. Schmids Schreibtisch vorbeigegangen war, hatte ich versucht ihre neugierigen Blicke zu ignorieren. Ich fragte mich, wie viel sie mitbekommen hatte. Oder besser gesagt, wie viel sie gehört hatte. Zu Hause hatte ich dann erst mal eine schnelle Dusche genommen und mich dann im Internet über Dominanz und Unterwerfung informiert. Bei der Erinnerung an das Gesehene, lief mir ein kalter Schauer des Grauens über den Rücken. Einige der Dinge waren einfach nur furchteinflößend und beängstigend. Doch es gab auch einige Dinge, wie ich im Nachhinein zugeben musste, die mich erregt hatten.

Doch bei dem Gedanken an all die möglichen Dinge, die heute passieren könnten, verwuchsen meine Füße förmlich mit dem Boden.

„Miss?" Eine tiefe Stimme riss mich aus meinen Gedanken. Es war der Portier. Er stand dicht neben mir und betrachtete neugierig meine Kleidung.

„Sind Sie Miss Franklin?" Auf mein Nicken hin deutete er auf den Fahrstuhl.

„Mr. Cutler hat mich gerade angerufen und erkundigt ob Sie bereits eingetroffen sind. Er hat mich gebeten Ihnen den Code für das Penthouse zu geben." Er reichte mir einen kleinen Zettel, den ich mit zitternden Fingern entgegen nahm.

„Sie sollten Ihn nicht länger warten lassen." Mit diesen Worten drehte er sich um und begab sich wieder an seinen üblichen Platz hinter dem Tresen. Ob er wusste weshalb ich hier war?

Nach einigen Minuten schaffte ich es endlich den Fahrstuhl zu betreten und den Code einzugeben. Mit jeder Zahl, die auf dem Display verstrich, wurde meine Nervosität immer größer. Mein Herz raste und ich war schon fast am keuchen. Was würde gleich passieren? Mit einem Ping öffneten sich die Türen und ich stand in einem Foyer. Vor mir war nur eine Tür, die leicht angelehnt, aber nicht geschlossen war. Langsam und leise verließ ich den Aufzug und ging auf die Tür zu. Ich konnte meine Atmung nicht mehr kontrollieren und begann zu keuchen. Doch wie schon im Erdgeschoss, brachte ich es nicht über mich, die Tür aufzustoßen und seine Wohnung zu betreten. Also stand ich vor der Tür. Und warte. Doch ich wusste nicht worauf. Sollte ich reingehen und mich Dingen stellen, über die ich nichts wusste? Oder umdrehen und davon laufen? Mein Blick huschte zwischen der Tür und dem Aufzug hin und her. Obwohl mein Kopf mir sagte, dass ich mir so eine Gelegenheit nicht entgehen lassen sollte und endlich die Wohnung betreten sollte, taten meine Füße genau das Gegenteil. Langsam drehte ich mich nun von der Tür weg und ging wieder auf den Fahrstuhl zu. Doch bevor mein Finger den Knopf berühren konnte, hörte ich seine Stimme hinter mir.

„Willst du nicht hereinkommen?" Überrascht fuhr ich herum. James trat langsam hinter der Tür hervor und schaute mich mit einem breiten Grinsen an. Hatte er etwa die ganze Zeit hinter der Tür gestanden und mir bei meinen Überlegungen zugesehen? Konnte er mir meine inneren Zweifel ansehen?

Er trat beiseite, öffnete die Tür weiter und deutete mir mit einer höflichen Geste in die Wohnung zu treten. Nach einem letzten Zögern setzte ich mich in Bewegung und ging an ihm vorbei. Seine Wohnung war offen gestallte, die einzelnen Bereiche nur durch leichte Trennwände eingerammt. Die Außenwände waren Verglast und boten einen unglaublichen Ausblick. Rechts von mir führte eine Treppe in eine weitere Etage.

Alles war auf Hochglanz poliert und erstrahlte in edlem Glanz unter den riesigen modernen Leuchtern. Hinter mir hörte ich das typische Geräusch einer sich schließenden Tür und drehte mich zu James um.

„Ich freue mich sehr, dass du dich doch dafür entschieden hast hereinzukommen." Seine Hand legte sich auf meinen unteren Rücken und dirigiert mich in die Richtung eines großen Ledersofas.

„Einige Minuten sah es ja so aus als würdest du die Flucht ergreifen."

„Hast du mich etwa dabei beobachtet?" Er setzte sich neben mich und legte wie selbstverständlich seine Hand auf mein Bein.

„Das ist eins der Dinge ich gerne mache." Seine Hand streichelte über meinen Schenkel.

„Ich freue mich, dass du dich an meine Wünsche gehalten hast." Ich saß mit durchgestrecktem Rücken neben ihm und zerbrach mir den Kopf darüber, was ich ihm antworten könnte.

„Möchtest du etwas trinken?", fragte er mich endlich und brach das Schweigen.

„Ja, bitte." Er erhob sich von dem Sofa und ging in die Küche. Er verschwand aus meinem Blickfeld und ich hörte das auf und zugehen eines Schrankes. Mit zwei Gläsern und einer Flasche Wein kam er um die Ecke und setzte sich wieder neben mich.

„Du musst nicht so verkrampft sein. Ich werde nichts tun was dich verletzen könnte. Egal ob körperlich oder psychisch. Außerdem kann ich meine Partnerin nicht 24 Stunden 7 Tage die Woche dominieren.", sprach er meine größten Ängste an, während er uns Wein einschenkte und mir dann ein Glas reichte. Der Wein war gekühlt und rann in meine trockene Kehle. Nach wenigen Schlucken war mein Glas leer und James füllte es wieder nach.

„Was wirst du mit mir machen?" Verdammt! Warum klang ich bloß so unsicher? So war ich doch überhaupt nicht. Ich hatte mich bis jetzt noch nie von einem Mann so behandeln lassen. Warum sollte ich mich einem Mann unterwerfen? Alles tun was er von mir verlangte, ohne etwas tun zu können, ohne dabei eine Strafe zu riskieren? Panik machte sich in mir breit und ich bekam plötzlich keine Luft mehr.

„Ich kann das nicht." Panisch sprang ich von dem Sofa auf und entfernte mich von ihm.

„So bin ich nicht! Ich bin keine verängstige, unterwürfige Frau die keinen eigenen Willen hat. Ich will selbst entscheiden können! Mein Gott! Wir leben im 21. Jahrhundert! Wir Frauen haben die gleichen R ..."

„Stopp!" Er stand ebenfalls auf und kam mit ausgestreckten Armen auf mich zu.

„Es war und ist auch nicht meine Absicht dich zu zerbrechen und zu einer Frau zu machen die du nicht bist."

Vorsichtig legten sich seine Hände auf meine Schultern. Beruhigend sah er mich an.

„Ich bin dominant. Ja. Aber ich bin kein Sadist. Du musst dich nicht davor fürchten, dass ich dich verletze." Seine Hände strichen meine Arme herab und unsere Finger schlangen sich ineinander.

„Du wirst mich nicht dazu zwingen vor dir auf dem Boden zu kriechen und deine Schuhe zu küssen? Du wirst mich nicht an andere weiterreichen damit sie sich an meinem Körper vergreifen können?" Mit jedem Wort wurde meine Stimme immer leiser und leiser, bis sie beim letzten Wort brach.

„Wie schon gesagt, ich bin kein Sadist. Ich möchte dich verführen, möchte dass du unter meiner Obhut aufblühst." Seine Fingerknöchel streichelten meine Wange. „Und was die anderen Männer angeht ..." Er schwieg und betrachtete mich genau. Warum sprach er nicht weiter? Wollte er mich wirklich mit anderen teilen? Meine Stirn legte sich in Falten. Er lächelte.

„Ich teile nicht gerne. Wenn du in einer Beziehung mit mir bist, werde ich der einzige Mann sein der dich berührt. Der dich küsst." Seine Lippen legten sich über meine. „Und ich werde auch mit keiner anderen Frau schlafen. Und du brauchst dir keine Sorgen zu machen, dass ich dich im Alltag unterdrücke. Ich mag dich so wie du bist. Deine Ausstrahlung, deinen starken Charakter, dein Lachen. Ich möchte dich nicht ändern." Obwohl alles viel zu schnell ging, konnte ich mein Bedürfnis, ihn in die Arme zu nehmen, nicht unterdrücken. Also lehnte ich mich an ihn und bettete meinen Kopf unter seinem Kinn.

„Du magst mich?" Konnte das stimmen? Konnte man einen Menschen nur nach wenigen Tagen in sein Herz schließen?

„Ja, ich mag dich." Er beugte sich zu mir herab und drückte mir einen Kuss auf die Stirn. Seine Arme schlangen sich um meinen Körper und zogen mich noch näher an seinen.

„Ich mag dich auch." Mein Flüstern wurde von seiner breiten Brust gedämpft. Doch ich war mir sicher, dass er die Worte gehört hatte, denn ich konnte spüren wie sich seine Lippen an meiner Haut zu einem zufriedenen Lächeln verzogen.

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