Ivy
Ich wollte wirklich nicht wegrennen und Bucky stehenlassen, aber als ich das Bild von diesem Mann sah, da konnte ich einfach nicht anders. Es hatte sich angefühlt als hätte mir jemand in den Magen geboxt. Mir war immernoch übel, aber mittlerweile lag ich in meinem Zimmer auf meinem Bett und dachte nach. Über die Vergangenheit, die Zukunft und die Gegenwart. Alles war so verwirrend. Leider war mein Leben so. Verwirrend.
Ein Klopfen an der Tür riss mich aus meinen Gedanken. "Wer ist da?", fragte ich und setzte mich aufrecht hin. Sosehr ich das Team auch mochte, mit Leuten wie Steve und Tony wollte ich jetzt nicht reden. "Ich bin's. Nat. Darf ich rein?" Seufzend ließ ich mich wieder in mein Kissen sinken. "Ja. Komm ruhig rein.", antwortete ich müde. Ich hörte wie sich die Tür öffnete, aber ich nahm den Blick nicht von der Decke. "Die Decke ist schön weiß oder?", sagte ich, als ich merkte wie Nat sich auf die Bettkante sah. Zuerst sah sie mich verwirrt und dann besorgt an. "Ist alles gut Ivy?", fragte sie vorsichtig. Mein ganzer Körper schrie Nein. Nein, mir ging es nicht gut! Ich kannte den Mann auf dem Bild. Ich dachte ich würde ihn nie wieder sehen, aber anscheinend hatte ich mich getäuscht. Ich wollte mich aber nicht getäuscht haben. Denn das bedeutete wiederum, dass dieser Mann immernoch da draußen war und mir immernoch was antun könnte. Oder noch schlimmer. Er tat Danny oder Bucky etwas an. "Ja ja. Mir geht's gut.", log ich. Zweifelnd sah Nat mich an, also zwang ich mich zu einem schwachen Lächeln. An Nats Gesichtsausdruck konnte ich jedoch sehen, dass sie es mir nicht abkaufte, also konnte ich das Lächeln auch gleich sein lassen. "Mir geht's wirklich gut.", sagte ich nochmal, in der Hoffnung, Nat würde mich dadurch alleine lassen. Denn genau das wollte ich jetzt sein. Allein. "Bin nur müde.", sagte ich, als Nats Blick immernoch zweifelnd war. Sie seufzte nur nicht überzeugt. "Wenn irgendetwas ist, sag Jarvis er soll mir Bescheid sagen.", sagte sie. Ich nickte nur und starrte wieder die Decke an. Ich merkte, wie die Matratze sich hob als Nat aufstand. Als nächstes hörte ich wie sich die Tür öffnete und danach wieder schloss. Jetzt war ich wieder allein. Auch wenn ich allein sein wollte, fühlte ich mich jetzt doch irgendwie einsam. Langsam verließ eine Träne mein Auge. Ihr folgten mehr, bis ich weinend in meinem Bett lag und laut schluchzte. Warum konnte ich nicht einfach vergessen? Warum konnte ich mit diesem Teil meines Lebens nicht abschließen? Ich wollte es doch so sehr. Warum gelang es mir dann nicht?
Ein weiteres Klopfen an der Tür ließ mich aufschrecken. Jetzt wollte ich nichtmal mit Wanda oder Nat reden. Und Danny sollte mich so nicht sehen, also schwieg ich einfach. "Ivy?", hörte ich eine Stimme von draußen. Sofort sprang ich aus dem Bett, lief zur Tür und riss sie auf. Vor mir stand Bucky. Glücklich ihn zu sehen, sprang ich ihm immernoch weinend in die Arme. Sofort fühlte ich mich sicherer. Vorsichtig trug Bucky mich in mein Zimmer und schloss die Tür. Ohne mich loszulassen setzte er mich aufs Bett und setzte sich neben mich. Ich weinte immernoch. Irgendwie nahmen die Tränen kein Ende, aber irgendwie wollte ich auch nicht aufhören. Bei Bucky konnte ich Schwäche zeigen. Bei ihm wusste ich, er würde mich nicht verurteilen, weil ich als Prinzessin Schwäche zeigte. Und dafür liebte ich ihn. Ja. Ich liebte ihn. Darüber hatte ich auch nachgedacht. Über Bucky und mich. Über uns. Und mir fiel auf, wie viel Bucky mir bedeutete. Trotz dieser kurzen Zeit. Jetzt war aber nicht der richtige Zeitpunkt, um ihm das zu sagen.
Bucky saß einfach nur da und hielt mich, während ich weinte. Er sagte nichts. Er war einfach da. Nachdem ich mich wieder einigermaßen beruhigt hatte, ließ Bucky mich nicht los, hielt mich aber ein Stück von sich. "Geht's wieder?", fragte er und musterte mein von Tränen nasses Gesicht. Ich nickte. Und diesmal log ich nicht. Es ging mir wirklich besser. Bucky angelte sich ein Taschentuch von meinem Nachttisch und wischte mir damit behutsam die Tränen aus dem Gesicht. Dankbar sah ich ihn an. Obwohl er von außen so kalt und distanziert wirkte, steckte in ihm ein weicher Kern und diesen Kern zeigte er mir immerwieder. Und immerwieder verliebte ich mich ein bisschen mehr in ihn. "Danke.", flüsterte ich leise und legte meinen Kopf auf seiner Schulter ab. Beruhigend strich Bucky mir über den Rücken. "Willst du drüber reden?", fragte er. Ich wusste, das war meine Entscheidung. Wenn ich nein sagte, würde Bucky das akzeptieren und dann müsste ich nie wieder darüber reden. Es war so verlockend, aber ein Teil von mir schrie mich an, ich solle endlich mit jemandem reden und Bucky sei der Richtige. Hin und hergerissen wiegte ich Vor- und Nachteile ab. "Du musst nicht.", sagte Bucky, als er meine Unsicherheit bemerkte. "Nein. Schon gut. Es wird Zeit, dass ich darüber rede und du bist der Einzige mit dem ich darüber reden will.", sagte ich. Ja. Ich würde ihm davon erzählen. Heute müsste ich diese ganze Last nicht mehr mit mir allein herumschleppen.
Seufzend stand ich auf und setzte mich so auf die Bettkante, sodass ich durchs Fenster New York betrachten konnte. Mittlerweile hatte die Abenddämmerung schon eingesetzt und tränkte die Stadt in ein rotoranges Licht. "Versprich mir, dass du es niemandem erzählst.", sagte ich und brach die entstandene Stille. Bucky hatte sich neben mich gesetzt, nahm seinen Blick jedoch nicht von mir. "Versprich mir, dass du niemandem erzählst, was ich dir jetzt sage." Ernst und etwas flehend sah ich ihn an. Ich sah etwas Sorge in seine Augen aufblitzen. Trotzdem antwortete er mit ernster Stimme. "Versprochen." Ich holte noch einmal tief Luft, bevor ich begann.
"Es ist schon eine ganze Weile her.", begann ich und richtete meinen Blick wieder aus dem Fenster. "Ich wollte einfach mal von zu Hause weg. Es wurde mir alles zu viel, verstehst du? Das ganze Lächeln, obwohl ich nicht glücklich war. Dieses ganze so tun als ob. Es hat mich einfach fertig gemacht. Ich wollte einfach mal durchatmen. Also kam ich hierher. Auf die Erde. Nicht hier nach New York. Ich landete in Deutschland. Um genauer zu sein Berlin. Es war toll. Ich verbrachte ungefähr zwei Wochen dort. Ich hatte eine kleine Mietwohnung und jeden Tag hab ich etwas mehr von der Stadt gesehen. Danach wollte ich wieder nach Hause. Ich lief gerade ein letztes Mal durch die Straßen als mich jemand von hinten packte und mich in einen Laster zog. Ich wurde ohnmächtig. Als ich aufwachte, lag ich in einer Zelle. Es war kalt und dunkel. Ich hatte keine Ahnung wo ich war und wie lange ich dort war. Ich wusste nur, wer auch immer mich dahingebracht hatte, wollte nichts gutes und ich hatte recht. Sie haben meine Fähigkeiten mit Experimenten getestet und verstärkt. Danach verkauften sie mich an den höchstbietenden. So landete ich am Ende in Russland. Dort empfang mich ein Mann und erzählte mir von der Organisation an die ich verkauft wurde. Sie selbst sahen sich als Retter der Menschheit, doch ihre Methoden waren grauenvoll." "Hydra", hörte ich Bucky neben mir leise flüstern. Ich nickte mit finsterem Blick. "Deshalb hast du bei dem Bild so reagiert. Du hast Pierce wiedererkannt." Wieder nickte ich. "Wie bist du entkommen?", fragte Bucky und sah mich entsetzt und besorgt an. "Bei Hydra hatte ich jemanden, der auf mich aufpassen sollte. Ich wurde rund um die Uhr bewacht, wenn ich nicht gerade duschen war oder mich umgezogen hab. Ich hab mich mit der Wache unterhalten und er schien eigentlich ganz nett. Er war nur wegen seinem Vater bei Hydra. Dieser hat ihn gezwungen dort zu sein. Sein Name war Lucas. Wir haben uns angefreundet und da hat er mir verraten, dass er und ein paar Andere einen Ausbruch planen. Natürlich war ich neugierig. Aus diesem Loch zu entkommen, war sehr verlockend. Also habe ich sie begleitet. Wir schafften es Bucky. Wir schafften es zu entkommen.", sagte ich. Bei den letzten beiden Sätzen wurde meine Stimme jedoch trauriger. "Was ist passiert?", fragte Bucky vorsichtig. Mit seinem besorgtem Blick musterte er mein Gesicht. "Sie haben ihn umgebracht. Wir waren schon draußen, als einem der Anderen ins Bein geschossen wurde. Lucas rannte zurück, um ihm zu helfen. Da haben sie ihn erschossen." Jeder normale Mensch hätte sich jetzt lautstark entschuldigt und gesagt wie Leid es ihm tat. Bucky nicht. Bucky war einfach nur da und hielt mich, während mir schon wieder die Tränen in die Augen traten und meine Sicht verschwamm. "Wie lange warst du dort?", fragte er jetzt. Ich hörte die Wut in seinen Worten, aber keine Wut auf mich. Wut auf Hydra. "Fünf Jahre.", antwortete ich leise. Buckys Griff verstärkte sich etwas und er zog mich noch näher an sich. "Bitte sag den Anderen nichts.", flehte ich ihn an. Wenn die Anderen davon erfuhren, dann wäre nichts mehr wie es war. "Wissen Thor und Loki davon?", fragte Bucky ohne auf meine Bitte einzugehen. Leise seufzte ich und nickte. "Thor und Loki sind die Einzigen, die davon wissen. Mutter und Vater habe ich nichts erzählt. Es war schon schwer genug, Thor und Loki zu überreden mich wieder auf die Erde zu lassen. Vater und Mutter hätten mich aber wahrscheinlich für den Rest meines Lebens in Asgard eingesperrt. Da Zeit in Asgard jedoch anders vergeht, glaubten sie mir die Auszeit. Sie haben vergessen, dass die Zeit hier anders vergeht. Während ich hier fünf Jahre gefangen war, waren es in Asgard ein Jahr, vier Monate und fünfundzwanzig Tage." Bucky nickte, ließ mich aber nicht los. "Daher die Albträume oder?", fragte er dann und sah mich verstehend und mitleidig an. Wieder nickte ich. "Ich erzähle es keinem, aber denk dran. Du hast Tony versprochen keine Geheimnisse mehr zu haben. Irgendwann wirst du es ihnen erzählen müssen." "Ich weiß. Es ist nur, ich fühle mich einfach noch nicht bereit dafür. Wenn ich es den Anderen jetzt sage, dann wäre nichts mehr wie es war. Dann würden mich alle wie diese hilflose, kleine Porzellanprinzessin behandeln, welche nur durch Mitleid am Leben bleiben kann.", sagte ich und spuckte die Worte des letzten Satzes regelrecht aus. Mit Mitleid konnte ich noch nie wirklich was anfangen. Mit Mitleid kam man nicht weit. Freundschaft war etwas tolles. Oder Liebe. Von mir aus auch Wut und Trauer, aber Mitleid fand ich genauso schlimm wie Arroganz. "Hast du Hunger?", fragte mich Bucky plötzlich. Als Antwort knurrte mein Magen laut. Bucky lachte leise und zog mich dann auf die Beine. "Dann holen wir dir mal was zu Essen.", sagte er und zog mich aus meinem Zimmer.
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Enemies to Lovers? ~Bucky FF
Fanfic"Es ist schön dich wiederzusehen. Ich habe dich schon erwartet", sagte der Mann. "Das tut mir sehr leid für sie, denn ich habe sie keinesfalls vermisst", entgegnete ich. Kurz sah ich Wut in seinen Augen aufblitzen, jedoch wandte er im nächsten Momen...