Kapitel 30

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Es sind mittlerweile schon ein paar Jahre vergangen, seitdem ich das letzte Mal in Konohagakure war. Diese Missionen sind viel zu anspruchsvoll und nehmen meine ganze Zeit ein. Ich war ja auch weit gereist. Fern von den Grenzen des Feuerreichs.
Aber Kakashi konnte ich das alles nicht abschlagen, außerdem hatte ich auch einiges wieder gut zu machen, nach all dem, was ich dem Dorf und besonders Naruto angetan hatte.
Jetzt konnte ich endlich wieder zu ihm. Wahrscheinlich nicht für eine lange Zeit, aber wenigstens kurz. Wie es ihm wohl geht? Er hat auf keinen meiner Briefe geantwortet...
Ich muss zugeben, dass es mich ziemlich verletzt hat, aber wahrscheinlich gibt es dafür eine logische Erklärung. Vermutlich wurden sie abgefangen... oder er hat mit mir abgeschlossen.
Nein, daran darf ich erst gar nicht denken. Er war der einzige Grund, weshalb ich die ganze Zeit durchhalten konnte und wenn er jetzt nicht mehr auf mich wartet, dann weiß ich auch nicht weiter.
Naruto war der Sinn meines Lebens und meine Familie geworden.
Allerdings ist schon zu viel Zeit vergangen und Menschen verändern sich, auch mein Naruto. Aber ich brauche Gewissheit. Davor werde ich gar nichts beschließen.
Endlich im Dorf angekommen mache ich mich auf den Weg zum Hauptsitz des Hokagen. Kakashi saß am Schreibtisch und erledigte Papierkram. Seine liebste Aufgabe, soweit ich weiß...
„Sasuke!" sofort sah er auf und lief um den Tisch zu mir herum, „Da bist du ja. Und du bist gesund, ich freue mich ja so, dich zu sehen"
Überrascht von seiner Umarmung umarmte ich ihn leicht zurück. Erleichterung machte sich in mir breit. Ich war zu Hause, also fast. Aber diese Vertrautheit bewirkte, dass Wärme durch meine Brust fuhr.
„Ja, da bin ich" antwortete ich meinem ehemaligen Sensei.
Ich erstattete dann den benötigten Bericht und konnte mich kaum noch zusammen reißen, nicht gleich zu Naruto zu stürmen.
Als ich etwas später das Gebäude verlassen konnte, atmete ich erstmal die nun kühlere Abendluft ein. Die Sonne war noch nicht ganz unter gegangen und die Schatten zogen sich lange über die Straßen. Nacheinander schalteten sich die Laternen ein und ich machte mich auf den Weg Richtung Narutos (und Hinatas) Haus.
Endlich, dachte ich mir, endlich kann ich ihn und unsere Kinder wieder sehen. Sie müssten mittlerweile schon zwei oder drei Jahre alt sein. Ich hatte so viel verpasst. Viel zu viel. Und das alles nur wegen meiner Vergangenheit, die ich wieder gut zu machen versuche. Und nun vernachlässige ich die Gegenwart. Für Boruto und Sarada werde ich nur ein Fremder sein...
Als ich um die Ecke bog, lief ich fast in jemanden rein.
„Oh, Verzeih- Sasuke?" rief Hinata überrascht aus. „Du bist wieder zurück? Das wusste ich gar nicht! Naruto hat mir nichts davon erzählt, der wird gleich was zu hören bekommen!"
„Guten Abend, Hinata. Ja ich bin wieder da, Naruto weiß auch noch nichts davon" ich bemühte mich um ein leichtes Lächeln, doch als ich in das Wägelchen blickte, welches Hinata vor sich hin schon, gefror mir das Blut in den Adern.
Dort lag ein Kind drinnen. Eins, das ich noch nie gesehen hatte. Mit ihren neugierigen blauen Augen blickte sie mich fremde Person an. Über ihren kleinen Babybäckchen konnte man zwei kleine Striche erkennen, genauso wie Boruto sie hatte. Doch ihre kurzen Härchen waren dunkler... ich blickte Hinata mit aufgerissen Augen an.
„Ist alles in Ordnung, Sasuke? Du siehst so blass aus?" fragte die Mutter dieses Kindes, welches hoffentlich nicht auch noch Narutos war, mich.
„Ja- ich- ich hab nur was vergessen" brachte ich gerade so hervor, drehte mich um und verschwand ohne auf ihre Reaktion zu achten.
Ich musste zu Naruto. Das konnte nicht wahr sein. Das durfte es nicht!
Sein Chakra war auch nach all der Zeit nicht schwer für mich zu finden und sofort fand ich ihn mit Iruka bei Ichirakus Ramen.
„Naruto" brachte ich hervor. Sofort drehte er sich erschrocken um.
„Sasuke?" kam es von Iruka verwirrt.
„Wir müssen reden" ohne eine Antwort zu erwarten zog ich mich in eine abgelegenere Stelle des Dorfes zurück, Naruto folgte mir.
Seine Haare waren nun kürzer, zu kurz. Er trug auch seine Ninja-Uniform, woraus ich schließe, dass er mit Iruka direkt nach dem Dienst essen gehen wollte- bis ich sie unterbrach.
„Sasuke- seit wann bist du wieder im Dorf?" kam es von Naruto, als er mich erreichte. Ich konnte auch in der Dunkelheit sehen, wie zwiegespalten er in der Situation war.
„Seit heute Mittag. Ich hatte Bericht bei Kakashi erstattet und- traf auf Hinata"
Man konnte hören, wie ihm das Herz in die Hose rutschte.
„Sag mir, dass das nicht wahr ist Naruto. Bitte sag mir, dass dieses Mädchen nicht deine Tochter ist" flehte ich ihn schon fast verzweifelt an.
Mir wurde schlecht und ich hatte große Angst vor der Antwort. Ich kannte sie ja eigentlich schon, doch wollte ich es nicht akzeptieren.
„Ich- ich kann das erklä-" fing er an sich rausreden zu wollen, aber ich wollte jetzt keine Abschweifungen mehr.
„Ja oder nein..!" meine Stimme wurde lauter. Hoffentlich merkte er nicht, dass ich leicht zu Zittern begann, aus Angst und aus Wut.
„ ... Ja" kam es nun leise von ihm, „Sie ist meine Tochter" es war nicht viel mehr als ein Flüstern, doch vernahm ich die Worte klar und deutlich.
Es herrschte einen Moment Ruhe.
„Wieso..?" brachte ich hervor. Ich wusste nicht ob ich weinen musste oder es überhaupt konnte.
„ ‚Wieso' fragst du? Wieso?!" langsam wurde Naruto wütend.
„Weil du dich in den letzten Monaten, nein, Jahren nie gemeldet hast! Ich habe keinen einzigen Brief von dir erhalten. Nichtmal ein Lebenszeichen! Du hättest tot sein können. Und unsere Kinder? Hast du auch mal an sie gedacht?" sprudelte alles aus dem Uzumaki heraus.
Also kamen meine Briefe nie an...
Aber durch seine Wut merkte ich, wie auch ich wütend wurde.
„Ich hatte dir geschrieben. Jede Woche! Mehrmals!" sofort wurde mir klar, dass es jetzt auch nichts mehr brachte, wütend zu werden. Ich atmete einmal tief durch und setzte wieder zum Reden an.
„Die Briefe wurden wohl abgefangen oder sind aufgrund der Distanz verloren gegangen. Dafür kann ich nichts und es tut mir auch leid. Aber warum- warum hast du mich so betrogen? Du hast ein Kind mit einer anderen. Hast du kein schlechtes Gewissen? Oder nie überlegt wie es wird, wenn ich zurück komme?"
„Wag es nicht, mir das jetzt vorzuwerfen. Ich habe an meine Kinder gedacht. Hinata war für mich da und sie war eine sehr gute Mutter, denn sie war auch da! Nur weil du deine schlechten Taten für dein Gewissen wieder gut machen musst und glaubst, das würde dein Fehlen rechtfertigen, kannst du nicht einfach mich, deine Familie, im Stich lassen!
Du lebst zu sehr in der Vergangenheit, Sasuke.
Das hast du schon immer. Du wolltest dein Leben lang deinen Clan rächen und hast mich verlassen. Dann wolltest du Itachis Tod rächen und mein Dorf zerstören, anstatt zu mir zurück zu kommen und es wieder aufzubauen. Zu einem besseren Konohagakure.
Du hast immer nur an dich gedacht, also dachte auch ich an meinen Sohn und mich selbst und habe eine Person gefunden, die das auch tut" sein Blick wurde undurchdringlich.
Diesen Naruto kannte ich nicht mehr, aber er hatte Recht. Ich bin wohl nicht dazu bestimmt, mein Leben mit jemandem zu teilen, selbst wenn ich es so wollte. Meine Natur war das nicht.
„Es ist vorbei, Sasuke. Ich kann das so nicht mehr" waren Narutos letzte Worte zu mir, bevor er zu Iruka zurückkehrte und mich in der Dunkelheit stehen ließ.
So hatte ich mir meine Rückkehr nach Konoha nicht vorgestellt. Ich beschloss, zu Sakura über die Nacht zu gehen. Dann konnte ich auch kurz meine Tochter sehen. Nach kurzer Überlegung wurde mir klar, keine Bindung mit ihr aufzubauen. Sie sollte mich nicht vermissen und dann hassen, dass ich nie da war. Lieber sollte sie mich erst gar nicht kennen.
Sakura schlief auch schon, als ich an der Tür klopfte. Jedoch wurde sie schnell wach und freute sich sehr, mich zu sehen.
Bevor sie mich mit Fragen überhäufen konnte, sagte ich ihr gleich, dass ich müde sei und morgen wieder abreisen würde. Ich wäre nur für den Bericht gekommen.
Man konnte ihre Enttäuschung direkt sehen, aber sie verstand es auch. Um sie morgen nicht zu wecken, legte ich mich auch im Wohnzimmer schlafen.
Die Wahrheit war, dass ich jetzt nicht neben jemand anderen schlafen konnte und wollte. Ich musste erstmal nachdenken, wie es für mich jetzt weiter gehen sollte, ohne Sinn in meinem Leben.

SasuNaru~ Wie es wirklich warWo Geschichten leben. Entdecke jetzt