Kapitel 19

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Ich atmete aus und drehte mich um, auf den Weg nach Hause, als ich meinen Namen hörte.
„Naruto"
Vor mir erschienen aus der Dunkelheit zwei emotionslose, schwarze Augen.
„Sa- Sasuke..." ich starrte ihn ungläubig an. Er sagte nichts.
„Es- ich- ich kann das erklären. Oh Gott, was habe ich getan" ich fasste mir mit der Hand verzweifelt an den Kopf. Ich war von der guten Laune an diesem Abend so berauscht, dass ich nicht nachgedacht hatte. Zudem war Sasuke schon so lange weg, ohne ein Lebenszeichen von ihm bekommen zu haben. Ich spürte Tränen in meine Augen steigen, doch sah ihn wieder an. Es fiel mir nicht leicht. Bevor ich meine Gedanken aussprechen konnte, unterbrach mich der Uchiha.
„Nicht hier" und sofort teleportierte er uns in die kleine Wohnung, die unauffällig am Rande des Dorfes lag. Wir hatten sie uns als Alibi besorgt, damit keiner Verdacht schöpfen konnte.
Und jetzt saßen wir hier, schweigend. Sasuke brach die Stille zuerst.
„Also?"
Mich störte es, dass er so ruhig blieb. Warum schrie er mich nicht an? Das wäre mir gerade lieber...
„Es- es tut mir leid..." mein Blick war auf den Boden gerichtet.
„Ich will keine Entschuldigung" er stand auf und kam langsam auf mich zu. Aus Angst trat ich jeden Schritt zurück, den er nach vorne ging. Jetzt merkte ich die Wand hinter mir und presste mich daran.
„Warum hast du Hinata geküsst?" Er schlug mit seiner Faust neben mich gegen die Wand. Ich zuckte leicht zusammen und schaute in glühend rote Augen.
„Warum hast du mich betrogen? Wieso hast du es so weit kommen lassen?!" er schrie mich schon fast verzweifelt an. Vielleicht war mir die Stille von eben doch lieber gewesen.
Seine Frage machte mich langsam wütend.
„Wieso es soweit kam?" schrie ich zurück.
„Du bist doch immer wochenlang unterwegs, ohne dass ich ein Lebenszeichen von dir erhalte! Und wenn du da bist, redest du kaum mit mir. Du lässt dir auch nie helfen. Mit Hinata kann ich über alles reden, im Gegensatz zu dir!"
Sasuke schnaubte verärgert: „Du verstehst es nicht, oder? Ich darf darüber nicht reden und ich will es auch gar nicht! Warum kannst du das nicht akzeptieren?"
„Ich soll akzeptieren, dass meine Freunde leiden? Und dann auch noch du, als mein Freund?! Das kann doch nicht dein Ernst sein? Ich habe das Gefühl, du würdest mich wieder aus deinem Leben schieben. Ich hab dich die ganze Zeit vermisst, Sasuke!" ich sah ihn mit verzweifeltem Blick an.
„Du und mich vermisst? Das hab ich ja eben gut sehen können"
Ungläubig sah ich dem Uchiha nach, wie er sich umdrehte und aus dem Zimmer verschwand. Nachdem er die Tür zugeknallt hatte, hörte ich ein Poltern von draußen.
Kraftlos ließ ich mich die Wand hinunter gleiten. War das gerade wirklich passiert?

Die nächsten Tage hörte ich weder von Sasuke, noch er von mir. In der Zeit verließ ich auch nicht meine Wohnung und am zweiten Tag kamen auch schon Sakura und Hinata, um zu fragen, ob alles in Ordnung sei. Ich antwortete ihnen aber nicht.
Als ich am dritten Morgen nach dem Streit in den Spiegel sah, fielen mir meine längeren Haare auf. Stimmt, ich hatte sie mir für Sasuke wachsen lassen. Doch jetzt war es wohl unnötig. Mit einer Handbewegung öffnete ich meine Schublade und griff nach der Schere. Ich schnitt mir eine Strähne nach der anderen ab, bis sie ganz kurz waren. Der eigene Anblick war ungewohnt, doch irgendwie gefiel es mir. Ich fuhr mir durch meine nun kurzen Haare und lächelte leicht. Es hatte etwas befreiendes.

An diesem Abend kam ich von der bisher längsten Mission zurück. Ich wollte Naruto eigentlich überraschen, doch er war nicht in der Wohnung, also suchte ich ihn und fand ihn auch schnell. Er begleitete Hinata nach Hause, da wollte ich nicht reinplatzen. Zudem hatte ich mit ihr nichts zu tun, weshalb ich mich entschloss, zu warten.
Als die Beiden vor ihrem Anwesen waren, standen sie mir etwas zu lange dort und dann küsste Naruto sie auch noch. Ich hatte schon immer ein schlechtes Gefühl, was die Beziehung zwischen ihnen anging und es tat mir weh, dass ich Recht behielt.
Und als Naruto mir einiges vorwarf, wurde ich nur noch wütender. Was versteht er nicht daran, dass meine Missionen streng geheim waren und nur der Hokage darüber Bescheid wissen darf? Außerdem hatte ich die meisten Probleme meines Lebens alleine gelöst und es hatte größtenteils geklappt. Bevor ich ihn ungewollt verletzen konnte, verschwand ich lieber.
Jetzt, drei Tage später, hatte ich mich etwas beruhigt und wollte versuchen, mit Naruto zu reden. Doch wieder war er nicht in der Wohnung. Wo treibt der sich denn wieder rum?
Genervt lokalisierte ich sein Chakra und bemerkte, dass er nicht alleine war. Hinatas Chakra war bei ihm und ich spürte wieder Wut in mir aufkommen. Eine Szene wollte ich allerdings nicht machen und dann noch am helligten Tag. Also tat ich das, was ein Ninja in diesem Falle tun musste: observieren.
Als sie in mein Blickfeld kamen, fielen mir sofort Narutos kurze Haare auf. Hatte er sie wegen mir geschnitten? Traurig darüber beobachtete ich die Beiden weiter, wie sie in Richtung des Hyuga-Anwesens liefen. Sie redeten über belangloses Zeug und nicht wie erwartet über den Kuss.
„Sag mal Naruto. Wieso warst du die letzten Tage eigentlich nicht erreichbar?"
Jetzt horchte ich auf. Naruto brauchte etwas länger zum Antworten und es machte mich ungeduldig.
„Naja. Kurz nachdem ich dich nach Hause gebracht hatte, kam Sasuke wieder von seiner Mission zurück" fing er an. Hinata hörte aufmerksam zu.
„Und, irgendwie hatten wir uns dann gestritten. Diesmal war es aber kein normaler Streit unter Freunden, sondern etwas ernster. Ich weiß wirklich nicht, ob es wieder gut zwischen uns wird" hörte ich den Blondhaarigen erzählen. Hinata fragte weder nach, noch unterbrach sie ihn. Jetzt verstand ich, was Naruto an ihr schätzte.
„Weißt du, immer wenn meine Schwester und ich uns schlimm gestritten hatten, hab ich mir danach Mut gefasst und mich bei ihr entschuldigt, ob ich am Streit Schuld war oder nicht. Und sie verzeihte mir danach auch immer sofort. Vielleicht solltest du den ersten Schritt machen und wer weiß, ob es Sasuke nicht genauso geht, wie dir?" erklärte sie ruhig mit einem Lächeln. Dieses Mädchen war die Verständnis in Person.
„Ja, womöglich hast du recht" sagte er, doch sah niedergeschlagen zu Boden.
„Ich weiß nur nicht, ob Sasuke mir wirklich zu hören wird..."
Dachte er wirklich, ich sei so verständnislos? Ich ließ jetzt von den Beiden ab und wusste was zu tun war. Ich werde heute Abend zu Naruto gehen und ihm zuhören. Hoffentlich kann ich Ruhe bewahren und raste nicht mehr so aus, wie vor drei Tagen.

21:28 Uhr. Wo bleibt er nur? Ich wartete schon 3 Stunden auf ihn, doch er kam nicht. In der Zeit hatte ich aber Gelegenheit, in Ruhe nachzudenken, wie ich auf verschiedene Erklärungen von Naruto reagieren könnte, ohne die Nerven zu verlieren.
22:53 Uhr. Immer noch nichts. Sollte ich gehen und es morgen nochmal versuchen?
Nein, ich muss geduldig bleiben. Er kommt noch.
23:37 Uhr. Ich hörte, wie die Tür aufgeschlossen wurde und jemand herein trat. Die Schlüssel wurden auf das Regal an der Tür gelegt und Naruto kam ins Zimmer.
„Sasuke?! Was machst du denn hier?" seine Stimme hatte einen schmerzenden Unterton.
„Ich wollte mit dir reden. Wegen dieser Sache letztens" versuchte ich so ruhig wie möglich zu sagen. Ich stand auf und lief langsam auf ihn zu. Sein Blick war nach unten gerichtet, doch ich konnte jetzt sein Gesicht besser erkennen. Er hatte tiefe Augenringe und leicht glasige Augen. Ich spürte einen Stich in der Brust.
„Naruto... es- es tut mir leid. Es tut mir leid, dass ich so wütend war und dir nicht zuhören konnte"
Überrascht sah der Blonde mich jetzt an. Seine blauen Augen hatten jetzt wieder ein kleines Funkeln, was mich in meinen Worten bestätigte. Es war noch nichts verloren.
„Wirklich? Du bist nicht sauer oder verlässt mich? Ich- Ich dachte ich würde dich nie wieder sehen, geschweige denn mit dir reden" ihm entwich eine Träne aus dem Augenwinkel, doch ich wischte sie ihm gleich weg.
„Ich könnte dich nie einfach so verlassen" ich lächelte ihn an, in der Hoffnung, es würde ihn beruhigen. „Und jetzt erzähl mir alles, ja?"
Das leuchten in seinen Augen wurde größer.
„Okay. Also, du bist, seit du wieder auf Missionen gehst, kaum da. Du redest nicht darüber, obwohl ich merke, dass es dich sehr beschäftigt.
Zudem... zudem bist du im Allgemeinen viel verschlossener. Ich habe das Gefühl, du würdest mich aus deinem Leben schieben" die Worte sprudelten aus ihm heraus und jedes tat mir im Herzen weh, da ich nie bemerkt hatte, wie es ihm geht.
„Sasuke... ist alles in Ordnung?"
Bevor ich es realisieren konnte, lief mir jetzt eine Träne die Wange hinunter.
„Ja. Ich- ich hatte nur nie bemerkt, dass es dir so geht. Ich war viel zu sehr auf meine Missionen fokussiert, dass ich alles um mich herum vergaß. Es tut mir leid"
Nach einem kurzen zögern zog mich Naruto in eine Umarmung.
Es brauchte nicht lange, bis ich erwiderte und wir standen einfach nur da und genossen unsere gegenseitige Anwesenheit.
Nach einer Weile fragte der Uzumaki: „Kannst du vielleicht hier schlafen? Mir würde das jetzt viel bedeuten..."
Ich merkte, wie ich leicht errötete und nickte nur kurz. Paar Minuten später lagen wir zusammen im Bett und Naruto in meinem Arm. Er lehnte seinen Kopf gegen meine Brust und ich merkte, dass er schnell eingeschlafen war. Ich lag noch eine Weile wach und starrte an die Decke, froh, ihn neben mir zu haben. Nur noch seinen Duft riechend schlief ich dann auch ein.

SasuNaru~ Wie es wirklich warWo Geschichten leben. Entdecke jetzt