Kapitel 16

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L U Z I F E R

Die Tage flossen zäh dahin und hinter der verschlossenen Tür war Fluffy zweifellos noch immer putzmunter.
Es war schwülheiß, besonders in den großen Klassenzimmern, wo wir unsere Arbeiten schrieben. Für die Prüfungen hatten wir neue, ganz besondere Federn bekommen, die mit einem Zauberspruch gegen Schummeln behext waren.
Wir hatten auch praktische Prüfungen. Professor Flitwick rief uns nacheinander in sein Klassenzimmer und ließ uns zeigen, ob wir einen Ananas-Stepptanz auf seinem Schreibtisch hinlegen konnten. Bei Professor McGonagall mussten wir eine Maus in eine Schnupftabaksdose verwandeln -Punkte gab es, wenn es eine schöne Dose wurde, Punktabzug, wenn sie einen Schnurrbart hatte. Snape machte uns alle nervös, sogar ich war nervös, wir spürten seinen Atem im Nacken, während die anderen verzweifelt versuchten, sich an die Zutaten für den Vergesslichkeitstrank zu erinnern. Ich machte einfach, auch wenn mich es störte wie mich Snape die ganze Zeit im Nacken hängt.
Die allerletzte Prüfung hatten wir in Geschichte der Zauberei. Eine Stunde lang mussten wir Fragen über schrullige alte Zauberer beantworten, die selbst umrührende Kessel erfunden hatten, und dann hatten wir frei, eine ganze herrliche Woche lang, bis es die Zeugnisse gab. Der Geist von Professor Binns wies uns an, unsere Federkiele aus den Händen zu legen und ihre Pergamentblätter zusammenzurollen.
„Das war viel leichter, als ich dachte", sagte Hermine, als wir uns den Grüppchen anschlossen, die auf das sonnendurchflutete Schlossgelände hinauspilgerten. „Die Benimmregeln für Werwölfe von 1637 und den Aufstand von Elfrich dem Eifrigen hätte ich gar nicht pauken müssen."
Hermine sprach hinterher immer gern die Arbeiten durch, aber Ron meinte, ihm werde ganz schlecht bei dem Gedanken. Also wanderten wir hinunter zum See und legten uns unter einen Baum. Die Weasley-Zwillinge und Lee Jordan kitzelten die Tentakeln eines riesigen Tintenfischs, der sich im ufernahen warmen Wasser suhlte.
„Endlich keine Lernerei mehr", seufzte Ron und streckte sich glücklich auf dem Gras aus. „Du könntest auch etwas fröhlicher aussehen, Harry, wir haben noch eine Woche, bis wir erfahren, wie schlecht wir abgeschnitten haben, also kein Grund, sich jetzt schon Sorgen zu machen."
Harry rieb sich die Stirn.
„Ich möchte wissen, was das bedeutet!", stieß er zornig hervor. „Meine Narbe tut die ganze Zeit weh - das ist schon mal vorgekommen, aber so schlimm war es noch nie!"
„Geh zu Madam Pomfrey", schlug Hermine vor.
„Ich bin nicht krank", sagte Harry. „Ich glaube, es ist ein Warnzeichen ... es bedeutet Gefahr ..."
Ron mochte sich deswegen nicht aus der Ruhe bringen lassen, dafür war es ihm zu heiß.
„Entspann dich, Harry. Hermine und Luzi haben Recht, der Stein ist in Sicherheit, solange Dumbledore hier ist. Außerdem haben wir immer noch keinen Beweis dafür, dass Snape herausgefunden hat, wie er an Fluffy vorbeikommen kann. Einmal hat er ihm fast das Bein abgerissen und so schnell wird Snape es nicht wieder versuchen. Und ehe Hagrid Dumbledore im Stich lässt, spielt Neville Quidditch in der englischen Nationalmannschaft."
Harry nickte, Er versuchte etwas zu erklären, doch Hermine meinte: „Das sind nur die Prüfungen. Gestern Nacht bin ich aufgewacht und war schon halb durch meine Aufzeichnungen über Verwandlungskunst, bis mir einfiel, dass wir das schon hinter uns haben."
Meine Augen folgten einer Eule, die mit einem Brief im Schnabel am hellblauen Himmel hinüber zur Schule flatterte. Hagrid war der Einzige, der Harry je Briefe schickte. Mir schickte meistens keiner Briefe, schon traurig..

Plötzlich sprang Harry auf die Beine
„Wo willst du hin?", sagte Ron schläfrig.
„Mir ist eben was eingefallen", sagte Harry. Er war bleich
geworden. „Wir müssen zu Hagrid, und zwar gleich." „Warum?", keuchte Hermine, mühsam Schritt haltend. „Findest du es nicht ein wenig merkwürdig", sagte Harry,
den grasbewachsenen Abhang emporhastend, „dass Hagrid sich nichts sehnlicher wünscht als einen Drachen und dann überraschend ein Fremder auftaucht, der zufällig gerade ein Ei in der Tasche hat? Wie viele Leute laufen mit Dracheneiern herum, wo es doch gegen das Zauberergesetz ist? Ein Glück, dass er Hagrid gefunden hat. Warum hab ich das nicht schon vorher gesehen?"
„Worauf willst du hinaus?", fragte ich, doch Harry, der jetzt über das Schlossgelände zum Wald hinüberrannte, antwortete nicht.
Hagrid saß in einem Lehnstuhl vor seiner Hütte, die Ärmel und Hosenbeine hochgerollt; über eine große Schüssel gebeugt enthülste er Erbsen.
„Hallooh", sagte er lächelnd. „Fertig mit den Prüfungen? Wollt ihr was trinken?"
„Ja, bitte", sagte Ron, doch Harry schnitt ihm das Wort ab.
„Nein, keine Zeit, Hagrid, ich muss dich was fragen. Erinnerst du dich noch an die Nacht, in der du Norbert gewonnen hast? Wie sah der Fremde aus, mit dem du Karten gespielt hast?"
„Weiß nicht", sagte Hagrid lässig, „er wollte seinen Kapuzenmantel nicht ablegen."
Er sah, wie verdutzt die drei waren, und hob die Augenbrauen.
„Das ist nicht so ungewöhnlich, da gibt's 'ne Menge seltsames Volk im Eberkopf - das ist der Pub unten im Dorf Hätt 'n Drachenhändler sein können, oder? Sein Gesicht hab ich nicht gesehen, er hat seine Kapuze aufbehalten."
Harry ließ sich langsam neben der Erbsenschüssel zu Boden sinken.
„Worüber habt ihr gesprochen, Hagrid? Hast du zufällig Hogwarts erwähnt?"
„Könnte mal vorgekommen sein", sagte Hagrid und runzelte die Stirn, während er sich zu erinnern versuchte. Ich habe vielleicht ne Ahnung worauf Hatry hinaus will..
„ja ... er hat mich gefragt, was ich mache, und ich hab ihm gesagt, ich sei Wildhüter hier ... Er wollte hören, um was für Tiere ich mich kümmere ... also hab ich's ihm gesagt ... und auch, dass ich immer gerne einen Drachen haben wollte ... und dann ... ich weiß nicht mehr genau, weil er mir ständig was zu Trinken spendiert hat ... Wartet mal ... ja, dann hat er gesagt, er hätte ein Drachenei und wir könnten darum spielen, Karten, wenn ich wollte ... aber er müsse sicher sein, dass ich damit umgehen könne, er wolle es nur in gute Hände abgeben ... Also hab ich ihm gesagt, im Vergleich zu Fluffy wär ein Drache doch ein Kinderspiel ..."
„Und schien er ... schien er sich für Fluffy zu interessieren?", fragte Harry mit angestrengt ruhiger Stimme.
„Nun - ja - wie viele dreiköpfige Hunde trifft. man schon, selbst um Hogwarts herum? Also hab ich ihm gesagt, Fluffy ist ein Schoßhündchen, wenn man weiß, wie man ihn beruhigt, spiel ihm einfach 'n wenig Musik vor, und er wird auf der Stelle einschlafen -"
Plötzlich trat Entsetzen auf Hagrids Gesicht.
„Das hätt ich euch nicht sagen sollen!", sprudelte er hervor. „Vergesst es! Hei - wo lauft ihr hin?"

Harry, Ron, Hermine und ich sprachen kein Wort miteinander, bis wir in der Eingangshalle ankamen, die nach dem sonnendurchfluteten Schlosshof sehr kalt und düster wirkte.
„Wir müssen zu Dumbledore", sagte Harry. „Hagrid hat diesem Fremden gesagt, wie man an Fluffy vorbeikommt, und unter diesem Mantel war entweder Snape oder Voldemort - es muss ganz leicht gewesen sein, sobald er Hagrid betrunken gemacht hat. Ich kann nur hoffen, dass Dumbledore uns glaubt. Firenze hilft uns vielleicht, wenn Bane ihn nicht daran hindert. Wo ist eigentlich Dumbledores Arbeitszimmer?"
Wir sahen uns um, als hofften wir, ein Schild zu sehen, das ihnen den Weg wies. Nie hatten wir erfahren, wo Dumbledore lebte, und wir kannten auch keinen, der jemals zu Dumbledore geschickt worden war.
„Dann müssen wir eben -", begann Harry, doch plötzlich drang eine gebieterische Stimme durch die Halle.
„Was machen Sie drei denn hier drin?"
Es war Professor McGonagall, mit einem hohen Stapel Bücher in den Armen.
„Wir möchten Professor Dumbledore sprechen", sagte Hermine recht kühn, wie Harry und Ron fanden.
„Professor Dumbledore sprechen?", wiederholte Professor McGonagall, als ob daran etwas faul wäre. ,,warum?"
„Es ist sozusagen geheim", sagte Harry, bereute es jedoch gleich, denn Professor McGonagalls Nasenflügel fingen an zu beben.
„Professor Dumbledore ist vor zehn Minuten abgereist", sagte sie kühl. „Er hat eine eilige Eule vom Zaubereiministerium erhalten und ist sofort nach London geflogen."
„Er ist fort?", sagte Harry verzweifelt. „Gerade eben?"
„Professor Dumbledore ist ein sehr bedeutender Zauberer, Potter, er wird recht häufig in Anspruch genommen
„Aber es ist wichtig."
„Etwas, das Sie zu sagen haben, ist wichtiger als das Zaubereiministerium, Potter?"
„Sehen Sie", sagte Harry und ließ alle Vorsicht fahren, „Professor - es geht um den Stein der Weisen -"
Was immer Professor McGonagall erwartet hatte, das war es nicht. Die Bücher in ihren Armen plumpsten zu Boden.
„Woher wissen Sie das?", prustete sie los.
„Professor, Ich glaube - ich weiß - dass Sn..., dass jemand versuchen wird den Stein zu stehlen. Ich muss Professor Dumbledore sprechen."
Ich frage mich echt warum Harry sich so sicher sein kann das es Snape ist.

Professor  McGonagall musterte ihn mit einer Mischung aus Entsetzen und Misstrauen.
„Professor Dumbledore wird morgen zurück sein", sagte sie schließlich. „Ich weiß nicht, wie Sie von dem Stein erfahren haben, aber seien Sie versichert, dass niemand in der Lage ist, ihn zu stehlen, er ist bestens bewacht."
„Aber, Professor -"
„Potter, ich weiß, wovon ich spreche", sagte sie barsch. Sie bückte sich und hob die Bücher auf „Ich schlage vor, Sie gehen alle wieder nach draußen und genießen die Sonne."
Doch das taten wir nicht.
„Heute Nacht passiert es", sagte Harry, sobald er sicher war, dass Professor McGonagall uns nicht mehr hören konnte. „Heute Nacht steigt Snape durch die Falltür. Er hat alles herausgefunden, was er braucht, und jetzt hat er Dumbledore aus dem Weg geschafft. Diesen Brief hat er geschickt. Ich wette, im Zaubereiministerium kriegen sie einen gewaltigen Schrecken, wenn Dumbledore dort auftaucht."
„Aber was können wir -"
Hermine blieb der Mund offen. Harry, Ron und ich wirbelten herum.
Snape stand hinter uns. „Einen schönen Nachmittag", sagte er sanft.
Wir starrten ihn an.
„An so einem Tag solltet ihr nicht hier drin sein", sagte er
mit einem merkwürdigen, gequälten Lächeln.
„Wir waren-", begann ich, völlig ahnungslos, was ich
eigentlich sagen wollte.
„Seid besser etwas vorsichtiger", sagte Snape. „So, wie ihr
hier herumhängt, könnte man auf den Gedanken kommen, dass ihr etwas ausheckt. Und Gryffindor kann sich nun wirklich nicht leisten, noch mehr Punkte zu verlieren, oder?"
Harry wurde rot. Wir waren schon auf dem Weg nach draußen, als Snape uns zurückrief.
„Ich warne dich, Potter, noch so eine Nachtwanderung und ich werde persönlich dafür sorgen, dass du von der Schule verwiesen wirst. Einen schönen Tag noch."
Er schritt in Richtung Lehrerzimmer davon.
Draußen auf den steinernen Stufen drehte sich Harry zu den andern um.
„Ich weiß jetzt, was wir tun müssen", flüsterte er. „Einer von uns muss ein Auge auf Snape haben - vor dem Lehrerzimmer warten und ihm folgen, wenn er es verlässt. Am besten du, Hermine."
„Warum ich?"
„Ist doch klar", sagte Ron. „Du kannst so tun, als ob du auf Professor Flitwick wartest." Er ahmte Hermines Stimme nach: „Oh, Professor Flitwick, ich mache mir solche Sorgen, ich glaube, ich habe Frage vierzehn b falsch beantwortet ..."
„Ach, hör auf damit", sagte Hermine, doch sie war einverstanden, Snape zu überwachen.
„Und wir warten am besten draußen vor dem Korridor im dritten Stock", sagte Harry zu Ron und mir. „Komm mit."
Doch dieser Teil des Plans schlug fehl.

Harry Potter 1 /FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt