Kapitel 8 - Wie es wirklich war...

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Am Abend zuvor

Mit einem leisen Rascheln landete die letzte Schaufel Mist in der Schubkarre und Celia rieb sich über die Stirn. Abends war das Ausmisten zwar weit wenig anstrengend als tagsüber bei der stechenden Sonne, aber warm war es trotzdem. Tex rieb zufrieden seinen Kopf an ihrer Seite und suchte in der Hosentasche nach einer Möhre.
„Wie fühlst du dich, mein Großer?", murmelte Celia und rieb sich über ihre verletzte Hand. Die Schwellung war ein bisschen zurückgegangen und sie konnte wieder greifen, trotzdem pochte der Schmerz noch unter der Haut. Tex schaute sie aus großen Pferdeaugen an und schnaubte. „Du hast vielleicht bald ein Fohlen, auch wenn du es nie kennenlernen wirst", brummte die Schwarzhaarige missgelaunt und schloss die Boxentür. Flake wartete bestimmt zuhause schon auf sie und mit einem Blick auf die Uhr stellte die Dunkelhaarige fest, dass sie eigentlich schon auf dem Weg sein müsste.
„Ich weiß ja", gab Celia von sich und betrachtete ihre Hand. Irgendwie hatte sie das Gefühl, dass Tex genau wusste, dass sie ihre Verletzung mit Absicht herbeigeführt hatte und ihr deswegen Vorwürfe machte. Sie schaute zum wiederholten Mal in Richtung Parkplatz. Langsam wurde es dunkel und es war neun Uhr. Für gewöhnlich wurde sie spätestens um acht abgeholt, da Will um halb zehn seinen abendlichen Rundgang machte und dann gingen die Lichter aus.

Sarah war vor knapp einer Stunde abgeholt worden, sie kam seit Tagen entweder sehr früh morgens oder sehr spät abends. Natürlich ahnte Celia, was der Grund dahinter war. Oder vielmehr, wer der Grund war. Der Streit zwischen Will und Sarah war schließlich nicht gerade geheim und seitdem war Will auch nicht gerade gut drauf. Er nahm die Reiter im Unterricht viel mehr ran, stiefelte oft mit einem miesepetrigen Gesichtsausdruck herum und ihm fielen offenbar eine Menge Dinge ein, über die er sich aufregen konnte. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis die beiden wieder aufeinander krachten.

Sarah ging seit Tagen allen auf Horseland aus dem Weg, redete mit niemandem und ritt ausschließlich allein. Sie schwänzte den Unterricht, ging ohne Erlaubnis alleine Ausreiten, vernachlässigte das Turniertraining und schien ziemlich schnell an die Decke zu gehen. Gestern war sie sogar kurz mit Alma aneinandergeraten, weil sie zu laut geatmet hatte.
Will hatte wohl auf dem Ausritt, bei dem er ihr nachgeritten war, ein Machtwort gesprochen und daraufhin war Sarah so wütend geworden, dass sich die beiden sogar angebrüllt hatten. Seitdem war die Blondine nicht nur schlecht gelaunt, nein so bald Will in der Nähe war, schien sie auch den Tränen nah. Die Freundschaft der beiden hatte einen tiefen Riss abbekommen. Die anderen, allen voran Molly und Alma, planten schon verschiedenen Szenarien, um die beiden zu einem Gespräch zu bewegen. Celia selbst was der Überzeugung, dass man Will und Sarah am besten alleine machen ließ. Sie kannte das Thema, das wahrscheinlich zwischen ihnen lag und wusste, wie böse es ausgehen konnte, wenn man sich in solche Angelegenheiten einmischte. Nein, damit wollte sie nichts zu tun haben.

Mittlerweile war es kurz vor halb zehn.
Celia zog ihr Handy hervor und wählte die Nummer ihres Fahrers. Ihre Eltern hatten meist wenig Zeit sie abzuholen, wenn dann sowieso ihr Vater, aber meistens wurde sie von dem firmeneigenen Fahrer von A nach B gebracht.
Erneut ertönte nach wenigen Momenten das Freizeichen und der Anruf wurde abgebrochen. Celia starrte verblüfft auf den schwarzen Bildschirm. Das sah Lucas gar nicht ähnlich. Er war immer pünktlich und wenn er im Stau stand, gab er ihr sofort Bescheid.
Stirnrunzelnd setzte sich die Schwarzhaarige auf einen der Heuballen und wartete. Und wartete.
Um viertel vor zehn war immer noch niemand gekommen. Die übrigen Reiter waren schon lange zuhause, bestimmt hätte sie sonst jemand mitnehmen können.
Sie wurde aus ihren Gedanken gerissen, als endlich ihr Handy klingelte. Die Nummer ihrer Mutter. Verwirrt drückte Celia auf Grün und hielt sich das Handy ans Ohr.

„Mama?"
„Liebling, wo bist du?", ertönte es panisch und Celia hielt das Handy von sich weg. Ihre Mutter brüllte, als würden sie sich über ein Fußballfeld hinweg unterhalten.
„Auf der Ranch, Lucas ist noch nicht da. Wisst ihr, wo er steckt?", fragte sie zurück und hörte das erleichterte Seufzen ihres Vaters. „Es geht ihr gut."
„Lucas hatte einen Autounfall", antwortete ihre Mutter. „Er ist leicht verletzt, aber wir bekamen gerade erst die Nachricht und dachten, du wärst auch im Fahrzeug gewesen."
„Oh mein Gott", machte Celia erschrocken, gerade als Will in den Stall lief und sie verdutzt musterte. „Geht es ihm gut?" „Nur ein paar Schrammen, aber natürlich kann er nicht weiterfahren. Er ist zum Check im Krankenhaus und wird diese Woche ausfallen. Ab morgen kommt ein Ersatzfahrer." „Wie furchtbar... gut, dass er sich nichts Ernstes getan hat", atmete die Schwarzhaarige aus und nickte Will zu, der gerade die Boxen prüfte, ob alles sicher verschlossen war und die Pferde okay waren. Er hatte bestimmt nicht damit gerechnet, um diese Zeit noch jemanden anzutreffen.
„Wie komme ich dann nach Hause?", fragte Celia langsam, da sie wusste, dass ihre Eltern gerade außerhalb des Staates waren. Und um diese Zeit würde sie kaum ihre Großeltern erreichen, die selbst zwei Stunden fahren müssten.
„Kannst du jemanden ansprechen, der dich mitnehmen kann?", fragte ihre Mutter, Celia verneinte. „Die sind alle schon nach Hause gefahren, ich bin die Letzte."
„Ein Taxi?", schlug ihr Vater vor und sie seufzte. „Zur Straße ist es zu weit und ich glaube kaum, dass ein Taxi bis nach Horseland fährt. Ich werde einfach im Stall schlafen."
„Das ist mir nicht recht", sagte ihre Mutter sofort. „Allein in diesem Stall und dann nur auf Heu." „Mama, es ist Hochsommer und Will schließt den Stall ab."
„Wir schicken jemanden, der dich morgen früh abholt und du fragst die Hofbesitzer, ob du bei ihnen schlafen darfst. Verstanden, Celia? Du schläfst nicht im Stall bei diesen Tieren, vor allem muss deine Hand eine weiche Unterlage haben", befahl ihre Mutter nachdrücklich. „Außerdem wirst du bestimmt krank, wenn du auf diesem Heu schläfst."

Celia war dreimal kurz davor, ihre Mutter zu unterbrechen, ließ es dann aber bleiben. Stattdessen bejahte sie und stimmte zu, dass sie natürlich nicht auf Heu schlafen könnte. Als wären Pferde und Heu giftig. Darüber hinaus war es noch angenehm warm und wenn sie die Tagesdecke von Tex nahm, hätte sie sogar eine Decke und könnte ihre Hose als Kissen nehmen. Das würde schon klappen, doch natürlich versicherte sie ihren Eltern, dass sie im Haus schlafen würde. Irgendwann war ihre Mutter schließlich zufrieden und ließ die Schwarzhaarige auflegen.
„Ist was passiert?", fragte Will, als Celia das Handy sinken ließ. Diese nickte nur schwach. „Mein Fahrer hatte einen Autounfall. Es ist nichts Schlimmes, aber er kann mich nicht abholen. Schätze, ich schlafe heute auf dem Heuboden."
Sie schaute die Heuballen an und überlegte, wie sie es dort am bequemsten haben würde. Will jedoch schüttelte den Kopf. „Kommt nicht in Frage! Du gehörst zum Team und ich will nicht, dass einer vom Team draußen schläft."
„Ich schlafe nicht draußen, hier liegt Heu", murmelte Celia, die keine Umstände machen wollte. Ihr Gegenüber hob den Finger. „Sicher nicht, Celia. Im Haus ist jede Menge Platz und ich lasse dich sicher nicht mit einer Pferdedecke hier ins Heu liegen." Er trat näher an sie heran. „Und das ist auch nicht verhandelbar."
„Hast du denn keine Angst, dass das für noch mehr Spannungen sorgt?", fragte Celia behutsam und auf seiner Stirn erschien eine steile Falte. „Wieso? Wegen Sarah?"
„Prima, du musstest noch nicht mal raten."
„Celia, was auch immer Sarahs Problem ist, es hat nichts mit dir zu tun."
Um ein Haar wäre der Schwarzhaarigen ein Lachen herausgerutscht, doch sie konnte es noch als Husten tarnen. Oh, der hatte ja keine Ahnung. Wenn es nach Sarah ging, könnte man sie wahrscheinlich auf den Mond schießen. Will redete unbeirrt weiter. „Sie wird sich schon wieder einkriegen, wenn sie wegen diesem Jungen so schlecht drauf ist, kann hier niemand etwas dafür."

Celia riss die Augen auf. „Wegen welchem Jungen?"
„Sie hat mir auf dem Ausritt erzählt, dass sie einen Jungen sehr mag und er es nicht merkt. Deswegen sollte sie aber nicht ihre Laune an uns auslassen."
Kurz dachte die Schwarzhaarige ernsthaft daran, Will mit der Stallschaufel gehörig eins überzubraten. Ihr Verdacht bestätigte sich immer mehr und er war Lichtjahre davon entfernt, irgendetwas zu kapieren. Sie seufzte frustriert. Nein, wenn Sarah in diese Richtung empfinden würde, würde sie es ansprechen, oder? Will war immerhin ihr bester Freund. Trotzdem bremste die Schwarzhaarige ihre Gedanken. Sarah hasste Will im Moment und sie sollte da nichts hineininterpretieren, nahm sich aber vor, die Blonde demnächst vorsichtig darauf anzusprechen.
Zumindest wenn sie sicher war, dass Sarah sie dann nicht sofort im nächsten See ertränken würde, denn zurzeit reichte schon Wills Name und die Temperatur fiel um zehn Grad. Chloe und Zoey begannen schon, Will als Den-dessen-Name-nicht-genannt-werden-darf zu bezeichnen, sobald die Blondine in der Nähe war.

„Ich möchte ehrlich gesagt keine Provokation wecken", meinte die Schwarzhaarige und Will hob die Augenbrauen. „Wieso solltest du? Weil du bei mir im Haus schläfst? Wer sollte sich daran stören, das würde jeder andere doch auch tun."

Celia kaute auf ihrer Lippe. Irgendwie passte sein Angebot ihr nicht und das Gerede brauchte sie auch nicht. Benny würde gewiss plappern und wenn sie eines nicht brauchte, dann dass Sarah davon Wind bekam. Sie war ja schon sauer gewesen als Will Celia gestern Morgen ein Kompliment zu ihrer Westernreitjacke gemacht hatte. Dennoch wusste sie, dass der Blonde darauf bestehen würde und Benny wäre ebenfalls auf seiner Seite... Ihr eigentlicher Plan, eine Weile Abstand zu den Jungen zu halten, bis sie die Stimmungen zwischen den Reitern besser verstand, lief ja blendend.
„Nein, das geht wirklich nicht. Ich möchte dir und deiner Familie keine Umstände machen", versuchte sie einen letzten Ausweg und erntete einen missbilligenden Augenaufschlag. „Celia, das war keine Bitte. Du schläfst drin. Soll dich tragen oder läufst du?"
„Das wagst du nicht", wollte die Schwarzhaarige beginnen, doch als Will daraufhin nur einen Schritt näher zu ihr kam, wich sie wie von der Tarantel gestochen zurück „Na gut, bitte! Ich laufe!" Sie stiefelte an ihm vorbei und hörte ihn etwas von „Weiber", nuscheln.

Nachdem der Stall abgeschlossen war, trat der Blonde in Celias Richtung. „Hier lang geht's", deutete er in Richtung Straße und lief direkt los. Celia folgte ihm langsam.
Oh, sie war sowas von am Arsch, wenn das jemand mitbekam.
„Und Bennys Eltern ist das sicher recht?"
„Wenn ich dich im Stall schlafen ließe, würde sie denken, ich bin nicht mehr ganz dicht", antwortete Will nur und schaute sie von der Seite an. „Wie geht es deiner Hand? Warum hast du nicht um Hilfe beim Ausmisten gebeten, Benny und ich hätten dich unterstützt."
„Oh nein, ich trage die eigene Last. Immerhin ist meine Hand ja meine Schuld." Celia biss sich entgeistert auf die Zunge, doch Will schien sie zum Glück anders zu verstehen. „Unsinn, Unfälle passieren eben. Du hast Glück gehabt, dass sie nicht gebrochen ist."
„Oh ja", machte Celia nuschelnd. „Glück..."

Am Haus angekommen, schob Will Celia in den warmen Flur und rief nach Benny, der sogleich die Treppen herunterkam. Als er die Dunkelhaarige erblickte, warf er einen fragenden Blick zu seinem Cousin.
„Ihr Fahrer kann sie nicht abholen, sie wollte im Stall schlafen", fasste Will schulterzuckend zusammen. „Ich konnte sie nicht dort lassen." „Doch, konntest du schon! Du wolltest nur nicht", brummte Celia und Benny lachte. „Quatsch, du bist herzlich Willkommen. Ich sage meinen Eltern Bescheid."
„Wirklich nur, wenn das niemanden stört, Benny!", rief Celia ihm unsicher nach, doch er hörte sie entweder nicht oder ignorierte es. Nur zwei Minuten später traten die Besitzer von Horseland ihr entgegen. Sie kannte natürlich beide schon.
„Mein Kind, du bleibst ohne Diskussion über Nacht bei uns!", meinte Bennys Mutter in einem Ton, den nur Mütter haben konnten. Es war ein Ton, der weder Ablehnung noch irgendwelche Widerworte akzeptierte. „Du kannst in einem der Gästezimmer schlafen, am besten zeigt Will dir auch gleich das Bad. Möchtest du noch etwas essen?", wollte der Vater wissen, Celia schüttelte sofort den Kopf, obwohl ihr Magen knurrte.
„Nicht nötig, aber danke."
Benny verdrehte anhand ihrer Sturheit die Augen, Will tippte ihr auf die Schulter.

„Komm, ich zeig dir dein Zimmer für heute Nacht."
Celia warf Bennys Eltern einen dankbaren Blick zu und folgte dem Blonden die Treppe hinauf. „Will, darf ich dich etwas fragen?"
„Klar, schieß los", meinte er abwesend und sie räusperte sich. „Hast du eine Freundin?"
„Wie bitte?" Er blieb bitten auf der Treppe stehen und Celia, die seinen Move nicht einkalkuliert hatte, stieß fast mit ihm zusammen. „Wieso fragst du das?"
„Naja, du bist der Älteste. Ich bin sechzehn, Sarah ist fünfzehn", Celia machte absichtlich eine bedeutungsschwere Pause, um seine Reaktion genau beobachten zu können, doch das Einzige, was sie in seinem Gesicht las, war ultimative Verwirrung. War der Kerl eigentlich grenzdebil? Das konnte doch nicht wahr sein. Die Schwarzhaarige hätte sich am liebsten die Haare gerauft. „Vergiss es, ich dachte, ich frage dich einfach mal. Als Freundin versteht sich."
Will schien noch immer verwirrt, er runzelte fragend die Stirn. „Nein, ich habe keine Freundin. Die müsste schon sehr verrückt nach Pferden sein, um es mit mir auszuhalten."
„Ach du bist doch ein ganz angenehmer Kerl", murmelte Celia und war froh, dass er sich wieder in Bewegung setzte. „Das ist nett von dir, Celia. Ich schätze, dann hätte ich irgendwann mal die Gelegenheit am Schopf packen müssen."
Er unterbrach sich, doch die Schwarzhaarige stürzte sich wie ein Raubvogel auf seine Aussage. „Was meinst du damit, Will?"
„Dass ich gewisse Dinge wahrscheinlich anders machen würde, wenn ich Zeitreisen könnte. Ich hätte so manches anders gemacht und eventuell wären dann die Dinge anders", wich er ihr aus und Celia presste die Lippen zusammen. „Verstehe schon. Was würdest du denn ändern?"

Doch sie erhielt keine Antwort, stattdessen öffnete Will eine Tür und machte eine einladende Geste. „Willkommen in deinem Hotelzimmer."
Es war ein hübscher Raum mit einem großen Bett und schönen Rottönen. Celia wurde beim Anblick des Bettes schon müde und gähnte herzhaft. Will lachte. „Da ist jemand geschafft. Das Bad ist den Flur runter, linke Seite."
Er musterte sie plötzlich als wäre ihm soeben etwas aufgefallen
„Du hast aber keine anderen Klamotten dabei, oder?"
„Nein", gab Celia zurück. „Ich schlafe in dem T- Shirt und schlüpfe morgen wieder in die Reithose."
„Ach was, du hast doch sicher geschwitzt", unterbrach Will sofort und ging zwei Türen weiter, wo er kurz verschwand und Celia auf dem Gang zurückließ, die verdutzt darauf wartete, ob sie ihm folgen sollte. Dann jedoch erschien der Blonde wieder und schmiss ihr etwas Schwarzes zu.

„Hier. Vielleicht ein bisschen groß, aber das tut es schon."
Celia wurde feuerrot. Oh, sie war sowas von am Arsch, wenn das jemand mitbekam.
„Will, ich kann doch nicht deine Sachen anziehen."
„Wieso?", fragte dieser zurück. „Frisch gewaschen, versprochen! Und in deinen Stallsachen kannst du nicht schlafen."
Die Schwarzhaarige suchte fieberhaft nach Worten, doch alle davon kamen ihr vor, als würde sie ihm zu viel sagen. Deswegen schwieg sie betreten, Will suchte ihren Blick. „Stimmt was nicht?", fragte er und kam einen Schritt auf sie zu.
Celia, die in ihrer Nachdenklichkeit nur daran dachte, dass sie sich geradewegs in das nächste Fettnäpfchen ritt, wich vor ihm zurück, stolperte dabei jedoch über den Teppich, der hinter ihr auf dem Boden lag, flog rückwärts und wäre auf dem Boden gelandet, wenn da nicht plötzlich Hände gewesen wäre. Und zwar mehrere.
„Wow, kein Grund, mir jetzt schon vor die Füße zu fallen", hörte sie eine Stimme ziemlich nah an ihrem Ohr und jemand umschlag sie mit einem Arm, um sie am Fall zu hindern. „Hast du dir wehgetan?", ertönte hinter ihr Wills besorgte Stimme. „Pass auf mit ihrer Hand, Benny."
„Immer doch! Nicht, dass wir die Turnierreiterin kaputt machen", raunte eine Stimme in Celias Ohr und jemand lachte leise. „Du bist ganz schön tollpatschig. Oder ist Will dir etwa zu nahegetreten?"

Celia, die sich in ihrer Panik vor dem Fall am Erstbesten festgehalten hatte, schaute nach oben und erkannte einen Herzschlag später, dass Benny sie aufgefangen hatte. Zeitgleich war Will nach vorne gestürmt und hatte seine Hand nun auf ihrem Rücken.
„Sehr lustig, Benny! Celia, alles okay?"
Die Angesprochene nickte geschockt und stellte sich im selben Moment genau drei Fragen.
Wo zum Teufel war Benny hergekommen?
Wieso konnte sie nicht im Erdboden versinken?
Und was duftete hier so unheimlich lecker?"
„Tja, du kannst von Glück reden, dass ich den Teller ausbalanciert habe, als du in mich reingestolpert bist", zwinkerte Benny ihr zu und grinste frech. Während sein rechter Arm die Schwarzhaarige in ihrem Fall gebremst hatte und sie nun an seine Brust drückte, hielt er in der anderen einen Teller mit Nudeln und Fleischbällchen. In Celia kam unterdessen das Leben zurück, sie kämpfte sich fast schon aus Bennys Umklammerung und stand zwischen den beiden Jungen, wobei sie tief einatmete.
Oh, sie war ja sowas von am Arsch, wenn das jemand mitbekam.

„Tut mir leid, Leute", versuchte sie zu lächeln. „Ich sollte wohl echt schlafen, was?"
„Ich fange dich auf. Allerdings muss ich sagen, dass der Fall nicht besonders elegant war. Nur falls es dir nicht peinlich genug ist", stichelte Benny und reichte ihr den Teller. „Meine Mutter hat dir übrigens nicht geglaubt oder es war ihr egal, du sollst das essen und sie möchte den Teller leer sehen, wenn du ihn zurückgibst."
Die Schwarzhaarige wollte protestieren, sah aber ein, dass sie für heute genug Ärger gehabt hatte und nahm widerstandslos den Teller entgegen. „Danke Benny", sagte Celia kraftlos und er lachte. „Es ist dir tatsächlich peinlich!"
„Ich bin eher froh, dass du dich nicht noch mehr verletzt hast", gab Will zu bedenken. „Sonst dürftest du irgendwann gar nicht mehr reiten, weil es mir zu gefährlich wird." Benny wieherte vor Lachen und Celia starrte Will an. Sie hatte ihn noch nie sarkastisch werden hören.

„Genug der Peinlichkeit", beschloss die Schwarzhaarige resolut und warf Benny einen bösen Blick zu, bevor sie mit knallroten Wangen das Shirt entgegennahm, welches Will ihr hinhielt. Sie musste es bei ihrem beinahe Sturz fallen gelassen haben.
„Gute Nacht, du Tollpatsch", warf Benny ihr hinterher und kicherte immer noch. „Pass auf, dass du nicht aus dem Bett fällst."
„Haha", machte Celia trocken und knallte die Tür zu. Draußen hörte sie Benny und Will noch ein paar Worte wechseln, dann jedoch übermannte sie die Müdigkeit und sie beschloss letztendlich, dass Wills Shirt bei weitem bequemer war als ihre Reitjacke und nach einem kurzen Gang ins Bad, wo sie den beiden Jungen nicht mehr begegnete, aß sie schließlich die Portion Fleischbällchen, legte sie sich ins Bett und schlief auf der Stelle ein.
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Der nächste Morgen begann sehr früh. Celia war um kurz nach sechs wach und beschloss, das Haus am besten so früh und unauffällig zu verlassen, wie es irgendwie möglich war. Es würde heute heiß werden und das bedeutete, die meisten Reiter kamen über den Vormittag. Das Letzte, was sie brauchte, war, dass Chloe und Zoey sie aus dem Haus laufen sahen. Oder einer der anderen Reiter. Gewiss würde Benny es sowieso herumerzählen, es sei denn, er wäre umsichtig genug, es wegen Sarah nicht zu tun. Doch weil Benny eben Benny war, traute Celia ihm durchaus zu, dass er es Sarah zuerst erzählte.

Moonlight over TexasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt