Kapitel 30 - Der falsche Weg

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Mit grimmigem Gesichtsausdruck ließ Celia den Hufkratzer in die Putzbox fallen und streichelte ihrem Hengst den Hals.
„Nächstes Jahr darfst du nochmal ran, Tex. Es wartet eine hübsche Stute in Louisiana auf dich", murmelte sie unschlüssig. „Mama hat gesagt, dass die Familie eine Menge Geld für ein Fohlen von dir bezahlt. Und sie sagt, wenn du eine Weile mitmachst, kann ich dich danach kastrieren lassen und wir haben unseren Frieden. Was meinst du?"
Der Hengst blies ihr Luft ins Gesicht und sie lächelte traurig. „Ich weiß, mir gefällt es hier auch. Aber momentan gibt es nichts, was uns hier hält, mein Dicker. Texas Hill ist auch wunderschön und du wirst deine alten Freunde wiedersehen. Und ich auch. Dort verurteilt man uns nicht, weder wegen dem Geld noch wegen unserem Erfolg. Und wir besuchen dein Baby, sobald es geht, versprochen! Immerhin dein erstes Fohlen, das ist was Besonderes und Sarah wird mir zustimmen, dass du deinen Nachwuchs mal sehen solltest. Das klingt doch gut, oder?"

Sie streichelte seine Nase und räumte die Putzbox weg, doch als sie in den Stall zurückkam, blieb sie wie angewurzelt stehen. Benny hatte den Stall betreten und seine Augen bohrten sich wie Pfeile in ihre, als sie wieder hereinkam und ihn musterte. Irgendein Gefühl sagte ihr, dass Benny eine Möglichkeit suchte, mit ihr zu streiten. Er stand neben Flake und die gefräßige Verräterin kaute zufrieden eine Banane klein und schaute ihr unschuldig entgegen. Celia dachte kurz daran, Benny anzumotzen, was er hier machte, erinnerte sich aber dann daran, dass das hier sein Zuhause war und er daher jedes Recht hatte, sich im Stall herumzutreiben.
Mit noch viel schlechterer Laune stellte sie sich neben Tex und sprühte seine Mähne ein, um ihm diese einzuflechten, da begann Benny unerwartet zu sprechen.

„Tja, wie es aussieht, hast du es geschafft. Glückwunsch."
Seine Stimme war eiskalt, weswegen Celia sofort innehielt und um Tex herumkam. Zur Hölle, wieso konnte er sie nicht einfach zufrieden lassen...
„Redest du mit mir?"
„Mit wem sonst", erwiderte Benny trocken und verschränkte die Arme vor der Brust. „Hast du deswegen etwas mit mir am Laufen gehabt? Damit ich nicht merke, was du hinter unserem Rücken treibst? War das der Grund, weswegen die reiche Celia Campbell die Beine breit gemacht hat? Du kannst es ruhig zugeben, Will und ich wissen, was hier abgeht. Mit den Weiden und den Pachtverträgen. Das war geschickt von dir, ich wollte es meinen Eltern nicht glauben, bis sie mir die Unterschrift deiner Mutter auf den neuen Verträgen mit den Bauern gezeigt haben. Über vier Millionen für ein bisschen Land, aber das sind wohl Peanuts für die reiche Familie Campbell. Ich frage mich, was sie bauen wird, was denkst du? Ein Luxushotel? Einen Country Club? Oder vielleicht eine weitere Villa? Vielleicht baut sie dir ein Gestüt, jetzt wo du endlich wieder Turniere reitest."

Celia starrte ihn entgeistert an. „Was zum Teufel redest du denn da?", fragte sie verdattert. „Hinter eurem Rücken, was soll da gelaufen sein? Du musst mich wohl aufklären." „Ach komm", zischte Benny zornig. „Als wenn du nicht genau wüsstest, was hier abgeht. Verkauf mich nicht für dumm, Celia. Das hat du lange genug getan, jetzt kannst du auch ehrlich sein."
„Wow Benny, diesen Tonfall kannst du dir sparen, rede normal mit mir oder lass es bleiben, klar?", gab Celia sauer zurück und wollte sich wieder ihrem Pferd zuwenden. Doch in diesem Moment betrat Sarah den Stall.
Die Schwarzhaarige lächelte erfreut, da Benny bestimmt nicht weiter streiten würde, wenn Sarah dabei war. Immerhin war diese gar kein Mensch, der Streit abkonnte.

Noch in derselben Sekunde, in der Celia Sarahs Gesicht sah, wurde ihr bewusst, dass gerade etwas in die ganz falsche Richtung ging.
„Sarah, was ist denn passiert?", fragte sie bestürzt, die Blonde stapfte auf sie zu. „Was passiert ist?", fragte sie zurück, klang dabei so wütend, als würde sie gleich etwas niederbrennen. „Ich sag dir, was passiert ist! Wegen dir geht es Horseland also so schlecht, du Miststück! Und du kommst hierher, gehst munter ein und aus, ignorierst uns alle und hinter unserem Rücken spielst du mit deiner Mutter diese Machtspiele!"
Celia starrte Sarah fassungslos an. Was zur Hölle redete sie da? Welches Spiel sollte sie spielen und was hatte ihre Mutter mit Horseland zu tun?
„Sarah, ich verstehe nicht", begann die Dunkelhaarige und Benny lachte leise. „Klar", meinte er hämisch. „Du verstehst gar nichts, die Unschuld vom Lande Nummer glauben wir leider nicht mehr!"
„Ach, dann musst du mir wohl erklären, was zum Teufel hier abgeht!", fuhr Celia ihn an. „Was ist los mit euch beiden?"

„Deine Mutter hat Chloe und Zoeys Eltern den Vertrag gekündigt!", warf Sarah ihr entgegen, in deren Augen Tränen der Wut zu sehen waren. „Aber das wusstest du bestimmt schon, nicht wahr?"
„Was hat sie gemacht?", stotterte Celia entgeistert. „Ich weiß nichts von irgendwelchen Verträgen, aber ich werde mit ihr reden und-"
„Du willst uns weißmachen, dass du keine Ahnung davon hattest?", spottete Benny und Sarah baute sich vor Celia auf. „Du hast ständig bei uns rumgeheult, dass sie ach so gemein zu dir sind, dabei warst du die falsche Schlange!"
Diesmal beschwor sie bei Celia mit diesen Worten etwas herauf, dass die Schwarzhaarige dringend brauchte – ihren Trotz.
„Sei vorsichtig, Sarah! Ich weiß gar nicht, wovon ihr redet, kapiert! Denkst du, meine Mutter weiht mich in ihre Pläne ein? Wieso sollte ich wollen, dass Chloe und Zoeys Eltern die Verträge gekündigt werden, die Firmen sind seit Jahren Partner und das wird nicht einfach aufgehoben! Du musst was falsch verstanden haben."
„Oh ja, ganz sicher bin ich diejenige, die was falsch versteht und du hast keinerlei Schuld an irgendwas!", fauchte Sarah nicht minder zornig zurück.

„Hey, was geht denn hier ab?", fragte eine verdutzte Stimme und Molly betrat mit Nani den Stall. Offenbar waren die beiden gleichzeitig angekommen und blickten nun entsetzt zwischen den Streitenden hin und her.
„Was los ist? Celia hast du zu verdanken, dass dein Vater fast die Praxis verloren hat, Molly!", warf Sarah den Neuankömmlingen entgegen, Molly erstarrte.
„Celia?", fragte Nani verdutzt. „Das würde sie doch niemals tun."
„Will hat das überprüft und es stimmt!", schrie Sarah aufgelöst, Celia stand da und konnte sich nicht rühren. In ihren Ohren hämmerte es. „Sarah, das ist doch ein Witz, oder? Meine Mutter hat vier Häuser und ein Dutzend Immobilien, sie braucht keine Praxis! Wieso sollte sie das tun? Wieso sollte ich das tun?"
Sarah schaute sie an, als würde sie ihr jeden Moment eine reinhauen. „Wegen dem Fohlen natürlich!", fauchte sie wütend. „Du willst es für dich alleine!"
Diesmal konnte Celia nicht anders, sie schaute zwischen den Reitern hin und her und begann zu prusten. „Scheiße, das ist nicht euer Ernst, Leute. Falls Mama irgendwas in diese Richtung gemacht hat, werde ich das rausfinden, aber ich hatte nichts damit zu tun!"

„Warum sollten wir dir das glauben?", knurrte Benny. „Immerhin hat deine Mutter mehr als deutlich gemacht, dass sie es haben möchte und wenn du es mit an deine Akademie nimmst, dann würde es dir allein gehören! Sie kam nicht an Sarah heran, also hat sie uns allen zu Leide gelebt, bis wir nachgeben müssen!"
„Das Fohlen gehört nicht mir, sondern Sarah!", rief Celia heillos verwirrt. „Scarlet trägt es aus, ich habe damit nichts zu tun und Sarahs Vater will nicht verkaufen!"
„Nicht mein Vater hat darüber die Entscheidungsgewalt, sondern ich!", zischte Sarah angriffslustig. „Und natürlich bist du gerissen, Celia, nicht wahr? Du hast Mami gesagt, dass sie nur meine Freunde vernichten muss und dann hättest du das Fohlen für dich allein, weil du weißt, wie wichtig mir meine Freunde sind!"
„Scheiße, spinnst du?", schrie Celia entgeistert. „Das ist vollkommen verrückt und das würde ich dir niemals antun! Wir sind Freundinnen!"
Sarah lachte kalt auf. „Wir sind vieles, aber Freundinnen ganz sicher nicht! Nachdem ich dir geholfen habe, als du Angst vor dem Reiten hattest, als Turniersiegerin! Wie peinlich! Wieso war ich nur so dumm und habe dir geholfen, statt dich einfach weiterhin alles manipulieren zu lassen, weil du zu feige warst, es offen zuzugeben!"

Celia zuckte zusammen und wich zwei Schritte vor Sarah zurück. Benny, Molly und Alma starrten zwischen den beiden Mädchen hin und her.
„Du hast mir versprochen, dass du niemals jemandem davon erzählst! Das war unser Geheimnis! Ich bin gestürzt, ich war nicht feige, sondern brauchte Hilfe!", warf die Schwarzhaarige Sarah entgegen, die hämisch lachte. „Du hast gesagt, wir machen das mit dem Fohlen zusammen!"
„Das war auch mein verdammter Ernst, ich habe nichts damit zu tun!"
„Und das soll ich dir glauben?"
„Es ist mir egal, was du glaubst, es ist verdammt nochmal die Wahrheit! Aber hör auf, meine Geheimnisse auszuplaudern!"

Sarah kam einen Schritt näher zu Celia, Flake begann zu knurren. „Du bist schuld", verkündete die Blonde mit dünner Stimme. „Dass ich alles verliere."
Celia schluckte hart, Tränen schossen ihr in die Augen. Das durfte nicht wahr sein. Wie konnten ihre Freunde ihr das vorwerfen, Sarah und Benny, denen sie mehr als jedem anderen vertraute? Sarah, der sie ihre größte Angst nach dem Sturz gebeichtet hatte und Benny, dem sie nähergekommen war, als jedem anderen Jungen zuvor. Stimmte es, dass ihre Mutter all diese Dinge getan hatte? Es würde sie nicht wundern, denn sie konnte skrupellos sein. Aber dass die Horselandreiter sie verdächtigten, davon gewusst zu haben... das tat unbeschreiblich weh, fast so sehr, wie den Blick von Sarah ertragen zu müssen, mit dem diese sie musterte. Voller Ekel und Abwertung.
Eine kleine, fiese Stimme in ihrem Kopf wisperte Celia zu, dass ihre Mutter ihr immer wieder gesagt hatte, dass die Reiter auf Horseland niemals ihre Freunde sein würden. Dafür wären sie zu unterschiedlich. Offenbar glaubte keiner der Anwesenden ihr auch nur ein Wort, weder das sie nichts davon gewusst hatte, noch dass sie das Fohlen nicht wollte. Sie starrten sie alle nur an, als wäre sie ein widerliches Insekt, etwas, das man loswerden musste. Bis auf Nani, die irgendwann in dem hitzigen Streit den Stall verlassen hatte.

Plötzlich entdeckte Celia in Sarahs Blick einen Anflug von Schmerz und Zerrissenheit neben ihrer Wut. Etwas, das sie sofort vorsichtiger werden ließ. „Sarah, ist etwas nicht in Ordnung mit dir und Will?", fragte sie flüsternd, die Blonde wurde leichenblass. „Wage es nicht, auch nur seinen Namen auszusprechen! Horseland hat seine Weiden nur wegen dir und deiner Mutter verloren! Sie hat all die Wiesen von den Bauern abgekauft! Wieso warst du nicht beim Hoffest und hast uns geholfen, hm? Ich sage dir, was ich denke: Es war, weil du schon wusstest, dass wir ohnehin nicht viel ausrichten und du wolltest keine Arbeit investieren, ist es nicht so? Du hast dich bestimmt totgelacht, weil wir alle geschuftet haben und dachtest schon daran, wie du bald das Fohlen mitnimmst und endlich wieder bei deiner tollen Akademie bist!"
„Ich habe bei eurem Fest nicht geholfen, weil ich nicht wusste, dass es stattfindet!", zickte Celia zurück und Benny schnaubte. „Sicherlich! Jeder von uns hat dir geschrieben, wo wir dich einteilen sollen, und du hast dich nicht einmal gemeldet!"
„Ich wollte einfach meine Ruhe haben, nachdem du mich dauernd angreifst, okay! Zwischen uns war es nicht gerade einfach und du nimmst mir übel, dass ich eine scheiß Pause von diesem Theater gebraucht habe?", warf die Schwarzhaarige in Bennys Richtung, der nur den Kopf schüttelte und die Dreistigkeit besaß, zu grinsen. „Celia, gib es einfach zu, wir wissen doch, dass du davon gewusst hast, was deine Mutter treibt", forderte er sie auf und Alma kam hereingestürmt, zusammen mit Will und Nani, die die anderen beiden wohl verständigt hatte.

„Wow, was ist denn hier los?", fragte Will streng in die Runde, Benny verschränkte die Arme vor der Brust. „Celia leugnet das Offensichtliche! Dass sie die Finger in den Machenschaften ihrer Mutter drin hat und das Fohlen für sich alleine will."
„Gibt es dafür Beweise?", fragte der Blonde, Sarah fuhr herum. „Wieso beschützt du sie, du hast mir doch davon erzählt!"
„Ich habe dir gesagt, dass das Unternehmen ihrer Mutter das alles getan hat, nicht dass es Celia war", beschwor Will wütend und trat vor. „Schluss jetzt mit diesem Gezanke!"

„Sarah, hör mir zu", flehte Celia, die die ersten heißen Tränen auf ihren Wangen spürte. „Ich verstehe, dass du gerade wütend bist und ich verspreche dir, dass ich herausfinde, was meine Mutter damit zu tun hat. Aber ich schwöre dir, dass ich nichts davon wusste!"
„Ich bitte dich", zischte die Blondine, die kurz vor einem Zusammenbruch zu stehen schien. Will wollte näherkommen, doch schon als Sarah zurückwich, ließ er es bleiben. Es musste etwas vorgefallen sein, denn sie beide sahen aus, als hätten sie geweint, Will hatte einen großen, roten Fleck auf der Wange und sie konnten sich offensichtlich nicht in die Augen sehen.
„Du wusstest also nichts davon?", meinte Sarah zischend. „Du hast Zuhause also nicht erzählt, dass wir Probleme mit den Weiden haben?"
„Das wusste ich nicht, ich habe seit Tagen mit niemandem mehr geredet, ich war immer früh hier und dann wieder weg! Außerdem müsstet ihr wissen, dass meine Mutter und ich selten normale Gespräche führen."
„Niemand weiß das besser als ich", kommentierte Benny kühl. „Immerhin tust du doch alles, was Mami dir sagt oder? Du bist bestimmt schon ganz scharf darauf, nachher nach Hause zu gehen und ihr zu sagen, dass die unter dir stehenden Normalbürger auf eure List reingefallen sind."
Celia atmete lange aus. „Benny, an deiner Stelle würde ich mich jetzt entschuldigen."
„Nein, er hat völlig recht", warf Sarah die Hände in die Luft. „Richte deiner Mutter aus, sie kann das Fohlen haben, aber pack deine Sachen und hau ab!"
„Sarah, Celia bleibt hier, wir haben keinen Grund, sie rauszuwerfen, bis alles geklärt ist", mischte Will sich ein, klang jedoch sehr vorsichtig, die Blondine hörte ihm aber gar nicht zu. „Will, ich bitte dich! Du verlässt die Ranch wegen dieser...dieser widerlichen Schlange!"
„Moment, wie bitte?", fragte Alma verdutzt und starrte Will an, selbst Benny schien verwirrt. „Wovon redet sie da, Will?"
Der Angesprochene antwortete nicht, er biss nur die Zähne zusammen.

„Ich verstehe das nicht", kam es von Nani, die zwischen die beiden streitenden Mädchen treten wollte, doch Molly hielt sie fest. „Wieso sollte Celia uns das antun? Sie hat sich doch eingesetzt, dass ihre Mutter das Fohlen nicht bekommt."
„Danke Nani!", sagte Celia kalt. „Ich verstehe es genauso wenig."
„Du bist also nicht mit Benny ins Bett gesprungen, weil du ihn von dieser Sache mit den Weiden ablenken und ein bisschen deinen Spaß haben wolltest?", warf Sarah der Schwarzhaarigen entgegen, die sich schlagartig versteifte. Die anderen rissen, bis auf Will, fassungslos die Augen auf.,
„Wie bitte, Celia und Benny?", fragte Molly verwirrt, Alma starrte mit offenem Mund zwischen den Parteien hin und her. „Wieso wissen wir davon nichts?"
„Weil Celia das gern so wollte", grinste Benny überheblich. „Mit mir gesehen zu werden, öffentlich und offiziell, das war ein Unding für sie. Natürlich war da auch wieder die Ausrede mit Mama." Er warf Celia einen Blick zu, aus dem purer Ekel sprach. „Wir sind doch alle weit unter ihrem Niveau, nicht wahr, Celia? Oder hat deine Mami dir gesagt, du sollst mit mir ficken, damit du auch was davon hast? Vielleicht dachte sie, es wäre ganz lustig, wenn ihre kleine Tochter mit dem Sohn der Hofbesitzer vögelt und es sich damit ein wenig bequemer macht, dass ich nicht mitbekomme, was für Fäden sie im Hintergrund zieht. Oder war es eher aus eigenem Interesse, weil du zur Abwechslung mal etwas wolltest, dass Mami nicht einfach kaufen konnte, für ihre Prinzessin?"
„Dafür hätte es gut sein müssen!", fauchte Celia zurück, seine Augen glühten. „Sieh an, da zeigt sie das wahre Gesicht." „Oh, das sagt gerade der Richtige! Wer war es denn, der sich meinem Leben nicht gewachsen fühlte!"
„Ich bitte dich, Celia. Dein Leben ist erbärmlich und eigentlich tust du mir leid. Vielleicht habe ich es deswegen gemacht. Mit dir gefickt, meine ich. Vielleicht war es der Reiz", zuckte Benny die Schultern. „Mein empfundenes Mitleid für das arme, reiche Mädchen."

Das saß.
Celias Hals begann verräterisch zu brennen und alles in ihr schrie. Ihr Herz tat so weh, dass sie am liebsten in die Knie gegangen und geschrien hätte.
„Ich hielt dich für jemand besseren", meinte Sarah tonlos zu ihr. „Verschwinde an deine Akademie zurück und lass uns in Ruhe, alles geht nur noch schief, seit du hier bist."

„Ach", machte Celia, der nun Zorn zu Hilfe kam. „Alles geht also schief? Wie ironisch, dass Will ohne mich noch nicht mal mehr als Blicke für dich übrighätte."
Sie blickte Sarah an, die augenblicklich erstarrte. Angst schlich sich in ihren Blick und schrie Celia eines zu.
Bitte nicht.

Kurz dachte die Schwarzhaarige daran, einfach zu schweigen, dann aber fiel ihr ein, was Sarah ihr gerade vorwarf und dass dank ihr nun jeder von ihrer Angst mit dem Reiten und der Affäre mit Benny wusste. Sollte sie dann noch jemanden schützen? Bestimmt nicht.

„Darf ich dich erinnern, dass Will nur deswegen mit dir fickt, weil ich eingefädelt habe, dass das passiert?", fragte Celia schließlich leise, alle im Stall holten Luft, Molly, Nani und Alma entsetzt, Will, Benny und Sarah panisch.
Letztere versteifte sich und ihre Augen wurden groß. „Celia-"
„Du hattest noch immer nicht den Mut, es ihm endlich zu sagen, oder?", fragte die Schwarzhaarige zynisch. „Aber du erzählst mir was von Feigheit! Wer tänzelt denn seit Jahren um Will herum und bekommt es nicht auf die Reihe ihm zu sagen, dass du verfickt nochmal Gefühle für ihn hast?"

Im Stall wurde es totenstill. Celias Atem ging so schnell wie der von Sarah, während Benny und Will wie versteinert dastanden.
„Sarah?", fragte Will irgendwann in die Stille, Celia schaute zu ihm. „Tja, Will. Wie es aussieht, habt ihr einen Stallmieter weniger, denn ich werde tun, was Sarah verlangt. Ich verlasse Horseland, denn mit diesen Menschen hier, die mir nach allem, was wir hier erlebt haben, unterstellen, ich hätte mit meiner Mutter gemeinsame Sache gemacht, möchte ich nichts zu tun haben. Nächste Woche hole ich meine Sachen, ich werde Tex mitnehmen und nach Texas Hill bringen lassen, wo ich hoffentlich nie wieder etwas von euch höre! Dort wirft man sich nämlich nicht vor, dass man falsch und hinterlistig ist, nur weil man Geld hat."

Sie schnappte ihre Reitjacke von der Boxentür und riss diese dann auf. Sie band Tex los und war froh, einen Moment niemanden ansehen zu müssen.
Dann stand Tex in seiner Box, der Hengst hatte die Ohren angelegt und schien die Stimmung offensichtlich nicht zu verstehen, Celia jedoch hatte genug. Ihr liefen die Tränen über die Wangen und als sie aus dem Stall lief, konnte sie fast nichts mehr sehen. Der Schmerz war übermächtig. Sie rief ihren Fahrer an, der gerade erst auf dem Rückweg war und postwendend umdrehte, da sie am Telefon weinte.
Sobald Nicolas auf den Hof fuhr und Celia einstieg, fuhr er wortlos davon. Die Schwarzhaarige streichelte Flake, die auf der Rückbank neben ihr hockte und sie aus großen Hundeaugen musterte. Celia schaute auf die Hündin herunter und streichelte sie mit zitternden Fingern. Doch so sehr sie sich auch zu kontrollieren versuchte, konnte sie nicht mehr an sich halten.
Sie begann zu schreien.


Moonlight over TexasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt