3. Obsidianschwarz

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3. Obsidianschwarz

Resigniert stapfe ich durch den Trainingssaal in Richtung Sportraum.

Mein jüngstes Gespräch mit Harry war ernüchternd. Er hat zwar nicht gleich über mich gelacht, als ich ihm anvertraut habe, dass ich Malfoy verdächtige, ein Legilimens zu sein, aber wirklich ernstgenommen hat er mich auch nicht. Stattdessen hat er mich daran erinnert, wie es sich für ihn angefühlt hat, wenn Severus in seinen Geist eingedrungen ist.

„Glaub mir, Hermine, wenn jemand in deinen Gedanken und Erinnerungen herumwühlt, dann merkst du es", hat er missmutig gesagt.

Nicht, dass mich das in irgendeiner Weise beruhigen würde, denn was weiß Harry schon? Die Voraussetzungen, unter denen er vor etlichen Jahren versucht hat, Okklumentik zu erlernen, waren ganz andere. Zum einen war ihm damals stets bewusst, dass ihm eine mentale Attacke bevorsteht, und zum anderen war es ja nunmal auch der Sinn der Übung, dass er sich aktiv dagegen wehrt. Kein Wunder, dass es ihm Schmerzen bereitet hat.

Seine Einschätzung hat mich nicht überzeugt. Was auch der Grund ist, weshalb ich nun zu spät zum Sporttraining komme, denn ich habe im Anschluss an unser Gespräch noch einige dicke Bücher zu dem Thema gewälzt. Der zeitliche Aufwand hat sich jedoch gelohnt, denn ich habe herausgefunden, dass es durchaus möglich ist, Legilimentik anzuwenden, ohne dass das Opfer das Eindringen bemerkt. Das stützt meine These.

Und außerdem: Welchen Grund hätte Malfoy, mich so anzuschauen, wie er es bei den letzten zwei Gelegenheiten, bei denen sich unsere Blicke gekreuzt haben, getan hat? Gar keinen.

Nein, meine Vermutung ergibt durchaus Sinn. Immerhin bin ich einer der Anführer des Widerstands und die meisten strategischen Entscheidungen werden in meinem Beisein getroffen, was meinen Geist für ihn interessant macht. Nicht einmal Harrys Anmerkung, dass Malfoy es ohne sein Dunkles Mal niemals wagen würde, unser Hauptquartier wieder zu verlassen, und demnach mit den gegebenenfalls gesammelten Informationen nichts anfangen kann, hat mich dazu gebracht, den Gedanken zu verwerfen. Ich traue ihm einfach nicht über den Weg.

Ich atme einmal tief durch, stoße schwungvoll die Tür auf und marschiere in den Sportraum. Ohne mich großartig umzusehen, mache ich mich auf den Weg zu Ginny, die bereits auf einem der Laufbänder vor sich hin spaziert. Das ist der Moment, in dem ich es höre.

Es ist ein Geräusch, das ich nicht kenne. Ein fremdes, dunkles, vibrierendes Lachen, das mir einen Schauer die Wirbelsäule hinunter jagt und dafür sorgt, dass sich die feinen Härchen auf meinen Unterarmen aufstellen. Der Klang ist gleichermaßen ungewohnt wie angenehm, weshalb ich neugierig den Kopf wende. Und dann bleibe ich wie angewurzelt stehen, denn die Quelle dieses Lachens ist ausgerechnet der Mann, den ich am heutigen Tag noch konsequenter ignorieren wollte als bisher.

Dennis Creevey hilft Malfoy gerade auf die Füße. Kurz darauf lüpft dieser sein Shirt und hebt den Saum an, um sich den Schweiß aus dem Gesicht zu wischen. Ich schaue reflexartig auf seinen Bauch, was ich sofort bereue.

Dass Malfoy relativ gut trainiert ist, hatte ich bereits vermutet, denn die Eindrücke, die ich bei unseren bisherigen Begegnungen unfreiwillig sammeln durfte, haben nicht viel Spielraum für Spekulationen gelassen. Ich hätte also ahnen müssen, dass sich seine Attraktivität auch unterhalb seiner Rebellenkleidung fortsetzt. Dennoch ist der Anblick ein Schock. Nicht zuletzt, weil er dafür sorgt, dass mein Herz plötzlich schneller schlägt.

Die unerwartete, körperliche Reaktion versetzt mich prompt in eine Zeit zurück, in der ich mir hin und wieder kurze Blicke auf ihn erlaubt habe. Während des Unterrichts, in der Bibliothek, beim Weihnachtsball. Nur, dass ich heutzutage eine erwachsene Frau bin und mehr als sieben Jahre vergangen sind, in denen er bewiesen hat, dass er kein Herzflattern wert ist. Doch mein Körper macht, was er will: Ich starre einfach weiter.

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