Kapitel 18

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Noch eine Stunde bis zum Spiel. Skeptisch schaue ich mir das kleine Fläschchen an. Ich ziehe den Stöpsel aus der Öffnung. Ich schnuppere an der Flüssigkeit und halte die Flasche angeekelt von mir weg. Dann halte ich mir die Nase zu und leere die Flasche mit einem Zug. Schnell schlucke ich die Flüssigkeit hinter, bevor ich es mir anders überlegen kann und sie wieder ausspucke, da sie genauso ekelig schmeckt wie riecht. Nachdem ich nach mehreren Minuten den bitteren Geschmack wegbekommen habe, fange ich an mich umzuziehen. 


Zum Schluss werfe ich mir den blauweißen Umhang um und schnappe mir meinen Besen. Kate und July sind schon vor gegangen, weswegen ich allein zum Feld laufe. Meine Schmerzen werden tatsächlich allmählich weniger und meine Müdigkeit legt sich auch. Anfangs habe ich zwar Probleme den Weg zu finden, doch sobald ich den Haupteingang gefunden habe, muss ich nur noch dem Menschenstrom folgen. Nach wenigen Minuten, in denen ich von Massen an Hogwartsschülern hin und her geschubst wurde und aufpassen musste, dass ich nicht hinfalle, kann ich mich von den aufgeregten Schülern trennen, da ich zu den Umkleidekabinen muss. Kaum habe ich die Tür geöffnet, ist es mucksmäuschen still. 

Alle sehen mich gespannt an. Der Anblick von sechs erwartungsvoll, gespannten Gesichtern ist einfach zu komisch, als das ich ernst bleiben kann. Ein breites Grinsen schleicht sich auf meine Lippen, woraufhin Jo aufspringt und mich umarmt. "Du hast gesagt lachen und grinsen tut weh, du konntest gerade grinsen, also sind die Schmerzen weg, stimmts?" Mit großen Augen sieht er mich an. "Ja fast. Also ich kann spielen. Ich bin weder müde, noch habe ich große Schmerzen, also die Medizin wirkt besser, als sie geschmeckt hat." 


Alle freuen sich und schnell besprechen wir noch ein paar Dinge. Kurz bevor es losgeht fällt mir noch etwas ein. "Achja. Wegen dem Einfliegen. Das müssen wir ein wenig ändern, da ich kein Salto fliegen möchte, weil mir da das Risiko zu hoch ist." "Das ist doch kein Problem oder Jo?", fragt Luke. "Nein. Wir improvisieren einfach. Wie wäre es mit Schraube?" Eifrig nicke ich. Schraube ist ein ziemlich einfaches Kunststück. Es sieht zwar schnell und gefährlich aus, aber das ist es überhaupt nicht. 


Es klopft an der Tür und Professor Scott sagt uns Bescheid, dass es losgeht. Kaum hat er die Tür hinter sich geschlossen, klopft es wieder und dieses Mal steckt Madame Pomfrey ihren Kopf herein. "Miss Malfoy. Kann ich Sie kurz sprechen?!" Es klingt nicht wie eine Frage, sondern eher wie ein Befehl, also folge ich ihr wortlos nach draußen. "Es ist wegen dem Medikament, welches ich Ihnen gegeben habe. Hat es gewirkt?" "Ja. Ich habe fast keine Schmerzen mehr und die Müdigkeit ist wie weggeblasen." "Sehr gut. Aber wie jedes andere Medikament, hat auch dieses Nebenwirkungen beziehungsweise in diesem Fall eher Nachwirkungen." Ich denke, es ist überflüssig euch zu erklären, wie ich mich gerade fühle, da ihr es euch mit Sicherheit denken könnt. "Nun. Die Wirkung lässt nicht wie bei den meisten Medikamenten langsam nach, sondern abrupt. Mit einem Mal sind die Schmerzen und die Müdigkeit wieder da. Also ich wollte Sie nur verwarnen. Ich muss jetzt aber auch wieder los. Viel Erfolg." 


Die Anspannung ist sehr hoch als ich wieder ins Zimmer komme, und ich die Sache nur mit einem "War nicht so wichtig" abwinke. Obwohl wir wissen, dass Litauen keine große Konkurrenz ist, sind wir doch alle sehr aufgeregt. Wir stellen uns auf, steigen auf unsere Besen und als unser Team aufgerufen wird, fliegen wir aufs Feld. Wir fliegen unsere einstudierte "Begrüßung" mit der eben genannten Änderung.

Alle nehmen ihre Aufstellung an. Luke und der andere Sucher fliegen ein paar Meter über uns. Die Hüter fliegen zwischen den Ringen.
Kaum erklingt der Pfiff und der Quaffel ist in der Luft, geht es los. Zehn Besen schnellen nach oben. Ich nehme vor unseren Ringen Stellung, um Ben und Luke zu schützen. Jo bleibt immer in der Nähe der Jäger. Ben hat sich den Quaffel geschnappt und wirft ihn zu Kate. Der erste Klatscher kommt mit rasanter Geschwindigkeit auf Ben zu. Doch bevor Ben ihn überhaupt sehen kann, habe ich ihn auch schon wieder zurückgeschleudert. Dem Quaffel der gerade auf unser Tor fliegt, weiche ich geschickt aus, sodass Ben ihn ohne große Probleme fangen kann.

Die nächsten Stunden vergehen wie im Flug und ohne große Probleme. Es steht mittlerweile 70 zu 40 für uns und ein Blick auf die Uhr zeigt mir, dass das Spiel schon zweieinhalb Stunden geht. "Verdammt Luke. Beeil dich.", murmle ich vor mich hin und werfe dabei einen Blick zu Luke, der verzweifelt Ausschau nach dem Schnatz hält. Am Anfang des Spiels war er mal kurz da, aber dann ist er wieder verschwunden und bis jetzt nicht wiederaufgetaucht.

Gerade schießt Jo einen der Klatscher zu mir, damit ich ihn zum gegnerischen Hüter schmettern kann. Fast wurde er getroffen, doch der Treiber konnte ihn noch retten. Wäre er nur einen Wimpernschlag langsamer gewesen, dann hätten unsere Jäger jetzt freie Bahn. Verärgert fliege ich zurück zu Ben. Auch Luke kommt jetzt zu uns. "Alles klar?" Bevor ich antworten kann, muss ich erstmal Jo helfen der gerade mit einem Klatscher zu tun hat und auf den gerade der zweite Klatscher zufliegt. Mit rasantem Tempo steuere ich meinen Besen genau auf Jo und bremse kurz vor ihm mit einer schwungvollen Kurve ab und schleudere den Klatscher auf einen der Jäger. 

Dann fliege ich zurück zu Luke. "Wir haben noch maximal eineinhalb Stunden." Mit hochgezogenen Augenbrauen fragt er: "Und minimal?!" "Eine halbe Stunde." "Sche***" Bevor ich ihm zustimmen kann, saust etwas goldenes direkt an meinem Ohr vorbei. Natürlich ist das Luke nicht entgangen, und es beginnt eine rasante Verfolgungsjagd. "Luke Haimwoth scheint den Schnatz entdeckt zu haben. Jetzt wird es spannend! Wow, hat der ein Tempo drauf!", kommentiert Lee Jordan, ein Freund von den Weasley Zwillingen. 

"Ich persönlich kann gar keinen Schnatz sehen. Seht ihr einen? Aber das ist ja auch kein Wunder, bei dem Tempo, das Luke fliegt, muss der Schnatz ebenfalls ein mega Tempo draufhaben! Jetzt scheint auch der Sucher aus Litauen den Schnatz entdeckt zu haben! ... " So geht es weiter und das ganze Publikum konzentriert sich nur auf die beiden Sucher. Auch der Großteil der restlichen Spieler hat sich davon ablenken lassen. Plötzlich schießt July an mir vorbei und wirft den Quaffel in den mittleren Ring der gegnerischen Mannschaft, da der Hüter nur Augen für den Sucher hatte. 

Doch jetzt ist er wieder wach, und auch alle anderen wenden sich wieder ihrer eigentlichen Aufgabe zu. Hoffentlich fängt Luke bald den Schnatz, da die Uhr jetzt schon eine Spiellänge von 3 Stunden 4 Minuten anzeigt. Nachdem Jo und ich die anderen Treiber noch etwas verwirrt haben, durch unsere Spielweise, schießt die Mannschaftskapitänin aus Litauen ein Tor, sodass es 90 zu 50 steht. Luke verfolgt den Schnatz immer noch und der andere Sucher ist im knapp auf den Fersen. Weitere Minuten verstreichen und ich komme einer Panikattacke und einem Nervenzusammenbruch immer näher. "Langsam wird es spannend. Wann wird der Schnatz gefangen? Ich habe gehört, dass Luke Haimwoth der Nachwuchssucher für die Nationalmannschaft ist, also haben wir es mit einem echten Profi zu tun! Ich bin sehr gespannt!", kommentiert Lee weiterhin das Spiel. 

Doch als nach weiteren Minuten immer noch nichts passiert, wendet er seine Aufmerksamkeit wieder uns zu und da ich gerade Luke vor einem Klatscher bewahrt habe, fängt er an über mich zu reden, was mir natürlich gerade noch gefehlt hat. "Isabella Malfoy. Heute früh noch lag sie auf der Krankenstation und jetzt spielt sie schon seit mehr als drei Stunden Quidditch. Und ich muss sagen, dass sie sogar ziemlich gut spielt. Zwar spielt sie nicht so gut, wie sie aussieht, aber das ist ja auch schon fast unmöglich..." "Mr Jordan! Ich warne Sie!", fällt ihm Professor McGonagall ins Wort, wofür ich ihr sehr dankbar bin. Natürlich höre ich es gerne, wenn ich ein Kompliment bekomme, aber hier und jetzt kann ich es echt nicht gebrauchen.

Plötzlich überschlagen sich die Ereignisse. Mehrere Dinge geschehen auf einmal. Luke hat es endlich geschafft den Schnatz zu fangen und hält ihn triumphierend in der Hand. Und genau in dem Moment indem Luke den kleinen goldenen Ball gefangen hat, hat mein Medikament aufgehört zu wirken. Meine Wunde brennt höllisch, ich kann meinen Augen vor Müdigkeit kaum noch aufhalten, mir ist übel und ich habe einfach keine Kraft mehr. Es ist als wäre mit einem Schlag meine ganze Kraft aus meinem Körper entwischen. Mir fehlt die Kraft, um mich auf dem Besen zu halten und so stürze ich. Ich falle immer tiefer und tiefer. Das letzte was ich mitbekomme, sind die Schreckensschreie der anderen und das Brennen meiner Wunde. Ich weiß, dass ich noch nicht auf dem Boden aufgeprallt bin, doch ich weiß, dass es in den nächsten Sekunden geschehen wird und ich bin mit ziemlich sicher, dass es dann vorbei ist. Einen Sturz aus dieser Höhe, kann nicht einmal ein so tapferes, besonders Mädchen wie ich überleben. Aber ich will nicht sterben. Bevor ich weiter darüber nachdenken kann, wird alles schwarz.

Isabella Malfoy - Jahrelanges Geheimnis (Harry Potter ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt