Kapitel 6 - Noch mehr Tote

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"Es ist nicht wichtig, wie oft du hinfällst, sondern wie oft du wieder aufstehst und weiterkämpfst." - Vince Lombardi


Die schwere Tür öffnet sich mit einem gedämpften Knarren, als ich den Trainingsraum betrete. Meine Augen wandern über die verschiedenen Abschnitte des geräumigen Raumes. Schwertkampf, Nahkampf, Jägerfähigkeit und Messerwurf. Hohe Säulen, die die Wände säumen, sind verziert mit kunstvollen Schnitzereien.

Der Bereich für den Nahkampf liegt geradeaus, und ich nehme das Zischen von Bogensehnen und das Klirren von Schwertklingen in der Ferne mit meinen Ohren wahr.


Mein Blick wird von der imposanten Waffenwand aus dunkelbraunem, poliertem Holz angezogen. Schimmernde Schwerter in allen Formen und Größen, von filigranen Katanas bis zu massiven Breitschwertern, hängen dort. Neben den Schwertern hängen auch Schusswaffen, Dolche und Bögen mit gefüllten Köchern bereit.


Während ich mich weiter durch den Raum bewege, öffnet sich rechts vor mir der Abschnitt für das Bogenschießen. Die Jäger, die dort gerade trainieren, sind in tiefer Konzentration versunken, ihre Bögen gespannt. Mein Kopf dreht sich nach links, und ich erblicke weitere Jäger, die im Abschnitt für den Messerwurf ihre Geschicklichkeit schärfen.


Plötzlich fällt mir eine der hohen, kunstvoll verzierten Säulen ins Auge. Dort lehnt mein Vater in schlichter Sportkleidung. Sein graues Haar glänzt im sanften Morgenlicht, und seine Augen, die die Weisheit der Jahre tragen, fixieren mich mit einem warmen Lächeln. „Bereit für dein tägliches Training?", fragt er und ich lache auf. „Immer.", erwidere und ich schlüpfe aus meinen Schuhen. Dann gehe ich vor ihm in Kampstellung.


Ich blende alle anderen Geräusche aus und konzentriere mich vollkommen auf den Mann vor mir. Nur unser Atem und unsere Schritte nehme ich wahr.

Meine Arme sind hochgezogen, bereit zum Abblocken der Schläge meines Vaters. Seine Fäuste sind schnell. Ich weiche geschickt aus, indem ich zur Seite springe. Doch ich passe nur auf seine Hände auf und so kann er einen Treffer mit seinem Fuß gegen mein Bein. Ein Schmerz jagt durch mein Bein und ich knurre leise auf. „Konzentrier dich auf jedes Körperteil deines Gegners Alisia.", ermahnt mich mein Vater. Ich nicke und kontere im nächsten Moment, indem ich meinen Arm nach vorne schnellen lasse, seine Deckung durchbreche und einen Faustschlag auf seine Brust setze. Ich versuche es gleich mit dem anderen Arm nochmal, aber er weicht geschickt aus und kontert mit einem Tritt, der mein Handgelenk trifft. Ich spüre, wie die Kraft seines Treffers meinen Arm hochzieht und ich verziehe meine Lippen schmerzverzerrt.


„Sollen wir aufhören?" Ich schüttle den Kopf. „Ganz sicher nicht!", erwidere ich. Ein schneller Schlag mit der flachen Hand landet auf seiner Schulter, gefolgt von einem Tritt gegen sein Schienbein. Mein Körper ist bis auf äußerste angespannt, und ich blocke den nächsten Schlag meines Vaters mit meinem Unterarm ab.

Ich finde eine Öffnung in seiner Verteidigung und setze zu einem schnellen Körpertritt an, der sein Gleichgewicht aus dem Takt bringt. Aber er fängt sich schnell wieder und trifft mich mit einem Schlag in den Magen. Der Atem wird mir geraubt, und ich taumle zurück. Er trennt die Distanz und ich habe keine Möglichkeit zu reagieren.

Mit einer geschickten Bewegung schleuderte er mich über seine Schulter. Ich lande auf dem harten Boden. Ein Laut entweicht meinen Lippen und ich spüre stechende Schmerzen in meinem Rücken. „Mist.", fluche ich, spüre aber gleich, dass meine Heilung einsetzt. Mein Vater blickt auf mich hinunter, reicht mir seine Hand. Er will, dass ich aufstehe und weiterkämpfe, denn er weiß, dass ich das kann. Er weiß, wie gut ich bin.

Schattenliebe - Der Schrei der BansheeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt