Kapitel XXI

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3. November 1978 ...

Schon viel zu schnell war der nächst Tag da und formte eine Last, welche auf meinen Schultern lag.

Lynn war früh am Morgen schon zurück gewesen und erzählte mir den gesamten Vormittag von den Dingen, welche sie in den letzten Jahren erlebt hatte. Wir schafften es nicht besonders oft zu telefonieren, also durfte ich jetzt ihren Erzählungen lauschen – zugegeben, das meiste davon interessiert mich nicht einmal ansatzweise.

Ich dachte wirklich, ich würde jeden Moment einnicken, bis sie dann etwas erwähnte, was mich wieder hellhörig machte:

„Aber heute Morgen habe ich auf dem Weg hierher Samuel Loomis getroffen. Er ist ein alter Bekannter von mir. Er war in der Vergangenheit des Öfteren mal hier in Haddonfield. Es schien mir immer so, als würde er etwas versuchen herauszufinden oder so, aber im Endeffekt weiß das wohl keiner so genau. Vielleicht ist er ja noch ein paar Tage hier, dann kannst du ihn auch mal kennenlernen!"

Ich nickte. Wenn du nur wüsstest, dass ich bereits die Ehre hatte, seine Bekanntschaft zu machen.

„Er wirkt vielleicht manchmal etwas seltsam, an sich ist er aber ganz freundlich, glaub mir. Ich habe ihn gefragt, was ihn diesmal in unsere bescheidene Gegend führt, aber er wollte es mir nicht sagen.", erzählte Lynn mit einem Achselzucken. Natürlich wusste ich, was der Grund war. Und dieser Grund würde diesen Abend auf mich warten, sich darauf verlassend, Neuigkeiten mitzubringen.

Dann fing Lynn auf einmal an zu kichern. „Vielleicht ist es ja auch wegen der Party da!" Ein fragender Blick entstand auf meinem Gesicht. „Welche Party?", hakte ich nach.

„Die Party morgen Abend! Es soll eine nachträgliche Halloween-Feier geben." Noch immer sah ich sie verwirrt an. „Sophie, ehrlich, bekommst du denn gar nichts mit? Was hast du in der Halloween-Nacht denn bitte gemacht?"

Augenblicklich sah ich die ganze Nacht in Zeitraffer vor mir. Alles, angefangen vom Schnitzen des Kürbisses, bis hin zu dem Moment, wo ich Loomis kennenlernte.

Ich verschränkte meine Arme und lehnte mich ein wenig nach hinten. „Geschlafen. Ich mag Halloween nicht so.", log ich zur Hälfte.

„Du hast geschlafen, während hier in der Nähe mehrere Morde passiert sind? Eine 17-jährige Schülerin wurde getötet, als sie auf einen Jungen aufgepasst hat, auch noch andere Personen, von denen ich die Namen ebenfalls nicht weiß, wurden tot aufgefunden. Die Leute hier gehen davon aus, dass alle von ein und der selben Person umgebracht wurden. Aber da seitdem keine weiteren Morde mehr gemeldet wurden, gehen sie davon aus, dass der Mörder weitergezogen ist."

„Naiv", entgegnete ich bloß. Wir konnten all diese Leute hier nur so etwas denken? Und dann auch noch eine Feier so kurz danach geben?!

„Mag sein. Aber sie haben Hoffnung und trauern gleichzeitig. Das ist auch der Grund für diese Party – sie möchten der Toten ein letztes Mal als Gemeinschaft gedenken und versuchen, Halloween dieses Jahr nicht allzu schlecht im Gedächtnis zu haben. Wenn du mich fragst, ich hoffe, dass derjenige, der all das zu verantworten hat, selber sterben wird!" Der letzte Teil machte mich wieder nervöser. Um alles in der Welt, ich wollte nicht, dass Lynn herausfand, wer der Mörder war und vor allem: dass ich etwas mit ihm zu tun hatte!

„Verstehe", antwortete ich unruhig. „Also ich werde hingehen, du auch?", wollte sie dann von mir wissen.

„Oh ... ähm ... wann nochmal?" „Morgen Abend"

Sollte ich ernsthaft dieses Risiko eingehen? Es erschien mir nicht unbedingt als eine gute Idee, was war denn, wenn Dr. Loomis auch da war und mich erkannte? Wenn dieser mit mir über diese eine Nacht und Michael sprechen wollte?

Ich wollte schon ablehnen, mit der Begründung, mir sei nicht nach solchen Feiern zumute, doch dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Dr. Loomis könnte dort auch auftauchen!

Aber, was wäre, wenn er nicht dort auftauchte? Wenn er lieber weiter nach Michael suchte?

„Denkst du, jeder wird dorthin gehen?" „Ja, so ziemlich. Es hat ja auch etwas mit Respekt zu tun. Man kann ja nach ein paar Minuten schon gehen.", antwortete sie und ließ mich neue Hoffnung schöpfen.

„Na schön, ich gehe auch!", entschied ich mich. Lynn schien sich wirklich zu freuen. „Super! Dann fahr heute noch nicht heim, übernachte noch zwei Nächste hier, wenn du es unbedingt möchtest, kannst du ja übermorgen nach Hause fahren. Schlafen wir beide in meinem Bett oder soll ich auf dem Sofa schlafen?" „Das ist mir egal. Ich mache mir nur mehr Sorgen darum, dass ich mir nicht lange genug Urlaub genommen habe. Normalerweise müsste ich morgen wieder arbeiten, ich habe meine gesamten Urlaubstage aufgebraucht."

 „Oh, möchtest du lieber heute fahren? Ich kann das verstehen, du sollst deinen Job ja nicht verlieren!"

Meine Gedanken schweiften zu Michael. Würde er es merken, wenn ich einfach, so ganz ohne ein Wort der Verabschiedung, Haddonfield verlassen würde? Nein, das konnte ich nicht. Wir hatten eine Abmachung und ich war, auch wenn nicht unbedingt moralisch, fair. Ich würde ihm noch bei seinem nächsten Mord helfen, aber dann wäre ich weg – für immer.  

The Night He Came Home [Michael Myers FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt