Kapitel XXII

84 3 0
                                    

„Nein, ist schon gut. Sollten die mich feuern, suche ich mir einfach irgendwie einen neuen Job. Meine Arbeitgeber sind sowieso die Unfreundlichkeit in Person." Ohne es zu merken, strich meine rechte Hand über meinen linken, noch immer verletzten Arm, welcher mit einem langen Ärmel verdeckt war.

„Klasse! Aber denk daran, es ist eine Halloween-Party, du musst dich also verkleiden!", erinnerte sie mich und ich stöhnte genervt. „Nicht das noch!"

Lynn stand auf und ich tat es ihr gleich. „Komm, ich zeige dir was. Du brauchst dir keine Gedanken wegen eines Kostüms zu machen!"

Sie führte mich auf den Dachboden und kramte eine relativ neuwertige Holzkiste hervor. „Schau!", forderte sie mich freudig auf, während die die Kiste vor mir öffnete.

„Was soll das sein?", fragte ich misstrauisch, als ich nur ein paar Stoffteile darin erblickte. Lynn verdrehte die Augen und stellte die Kiste auf dem Holzboden des Dachbodens ab. Daraufhin nahm sie etwas von dem Stoff heraus und hielt es vor sich, sodass ich es besser erkennen konnte. „Ach so", murmelte ich nicht gerade begeistert. Es waren Kostüme, um genauer zu sein Krankenschwester-Kostüme, welche beide identisch aussahen. Jedoch schienen sie mir etwas kurz, weshalb ich Lynn fragte: „Wo is'n der Rest davon?"

Doch sie lachte nur. „Da ist kein Rest, Dummi. Wir werden die heißesten Krankenschwestern dort sein!", erklärte sie jubelnd.  „Was? Nein! Diesen knappen Fummel ziehe ich niemals an! Damit fühle ich mich doch wie eine -" „Das ist doch der Sinn daran! Aber du kannst natürlich sehr gerne auf die Schnelle ein Kostüm kaufen gehen, das dürfte nur ein wenig schwierig werden in Anbetracht dessen, dass Halloween offiziell vorbei ist. Verdammt, sie hatte recht.

„Aber du sagtest doch, dass dort noch ein wenig getrauert wird, denkst du nicht, dass zwei halbnackte Krankenschwestern dort völlig fehl am Platz wären?"

Lynn schüttelte den Kopf. „Nein, die, die wirklich trauen, zum Beispiel die Eltern und sonstigen Angehörigen gehen dort ja höchstwahrscheinlich gar nicht hin. Die anderen dort werden auch mit ihren kränksten Kostümen auftauchen. Außerdem sind die hier überhaupt nicht so kurz wie sie vielleicht zuerst aussehen mögen. Probier doch einfach mal eins an!"

Nach kurzen Überlegen tat ich das, was sie sagte und schnappte mir den Fetzen. Ich stand damit auf und wollte den Dachboden verlassen, drehte mich dann aber noch zu ihr um. „Ich werde mich aber nicht dafür schminken!", versicherte ich ihr. „Ist gebongt, aber dafür klatsche ich dir überall eine Menge Kunstblut draus, verlass dich drauf!" Ich nickte entnervt. Michael, ich tue das alles nur deinetwegen. Wehe, du weißt es nicht zu schätzen.

Ich setzte wieder zum Verlassen des Dachbodens an, fuhr dann aber erneut herum. „Wäre es okay, wenn du morgen schon einmal alleine zur Party gehst und ich mit jemandem nachkomme?", fragte ich verunsichert. Doch als ich Lynns Grinsen sah, wünschte ich mir, dass ich bloß meine Klappe gehalten und mir einen andern Plan überlegt hätte.

„Kenne ich diesen Jemand?" Ich schüttete schnell den Kopf. „Ich habe ihn gestern kennengelernt, wir verstehen uns gut und ich dachte, er gehe da garantiert auch hin. Ich treffe mich heute Abend mit ihm und frage ihn. Wenn er ja sagt, kommen wir wahrscheinlich etwas später nach." Wie sich das nur anhörte... Aber ich musste es so erzählen, sonst bestand sie noch darauf, mich abends zu begleiten.

Dieses dämliche Grinsen verschwand einfach nicht aus ihrem Gesicht – ganz im Gegenteil, es wurde sogar immer breiter.

„Heute Abend? Na hör mal, Sophie, hinterher ist er ja noch der Grund dafür, dass du nicht mehr nach New Jersey zurück willst!" Nein, niemals! „Wie heißt er denn?", wollte sie noch wissen. „Hör schon auf, Lynn! Ist es nun in Ordnung für dich? Oder nicht?"

„Ist vielleicht etwas unangenehm, wenn ich alleine dort auftauche, aber ist schon okay für mich. Ich meine, unter solchem Umständen!"

Ich nickte entnervt und verschwand dann samt Kostüm unten. Es passte und saß erstaunlicherweise nicht zu knapp. Der Rock endete etwas über meinen Knien, die Ärmel waren sehr kurz und obenrum saß alles sehr eng, sodass man meine Oberweite bestens sehen konnte. Ich war heilfroh, dass wenigstens nichts durchsichtig war.

Etwas unsicher sah ich mich um Spiegel an. An sich war es in Ordnung, ich hatte nur Sorge, dass es ein wenig zu "aufreizend" war.

Hinter mir erklang Lynns Stimme, welche mir Mut zusprach und versicherte, wie toll ich aussah. „Na schön, aber dieses dämliche Käppchen ziehe ich nicht an!" „Aber das Käppchen ist doch das i-Tüpfelchen an dem Kostüm!"

Ich gab mich geschlagen und willigte ein, auch das Ding morgen anzuziehen. „Glaub mir, mit dem ganzen Kunstblut wirst du noch heißer und furchteinflößender aussehen!" Erneut nickte ich nur.  

 Die Zeit bis zum Abend verging viel zu schnell für meinen Geschmack. Ich verließ wie vorher angekündigt das Haus für ein „Treffen mit dem Jemand" und sah mich aufmerksam um.

Die Sterne funkelten wundervoll und die Luft war klar. Eine tolle Nacht eigentlich.

Ich lief ein Stückchen die Straße entlang. „Du sorgst einfach dafür, dass ich dich morgen Abend finde." , das hatte ich ihm letzte Nacht aufgetragen. Neben dem Befehl, er solle nicht zu nah an Lynn und ihr Haus kommen. 

The Night He Came Home [Michael Myers FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt