Kapitel XXIII

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Ganz aufmerksam sah ich mich um, befürchtete schon, Michael diese Nacht nicht zu finden, als er dann doch plötzlich hinter einer Hecke auftauchte und mich anstarrte. Ein wenig erschrak ich, ließ mir dies aber nicht anmerken und ging zu ihm. „Sehen uns hier die Leute nicht?", begrüßte ich ihn, doch außer seinem lauten Atmen erhielt ich keine Antwort. Ich wollte wirklich nicht hier mit ihm gesehen werden, also stellte ich mich noch ein wenig weiter abseits hin und deutete ihm, dies auch zu tun – er tat es.

„Okay, also pass auf. Ich habe nicht herausfinden können, wo Loomis wohnt oder sich aufhält, aber ich weiß, dass morgen Abend hier in der Nähe eine nachträgliche Halloween-Party stattfindet, bei der die Leute noch einmal den Toten gedenken, die du an Halloween umgebracht hast. Keine Sorge, die scheinen nicht zu wissen, dass du es warst. Deshalb habe ich einen Plan. Doktor Loomis wird mit größter Wahrscheinlichkeit auch dort sein. Aber du kannst ja nicht einfach dort auftauchen, du brauchst eine Tarnung – mich. Ich habe Lynn gesagt, dass ich vor kurzem jemanden kennengelernt habe und mit ihm morgen hingehen werde. Dieser Jemand wirst natürlich du sein. Da es aber eine Halloween-Party ist, werde ich verkleidet sein. Keine Sorge, ich bin sicher, du wirst mich erkennen, ich trage kein Make-up, nur etwas Kunstblut. Du kommst einfach so wie du immer aussiehst. Jetzt ist deine Maske endlich mal für etwas gut." Kam das jetzt gefährlich?

„Die Party findet im letzten Haus dieser Straße statt. Du weißt schon, es ist gleichzeitig das Größte und hat einen riesigen Garten. Du wirst es schon kennen, da bin ich mir sicher. Aber du und ich, wir beide treffen uns nicht dort, sondern zwei Häuser vorher. Aber sei unauffällig! Die Party beginnt um 19 Uhr, aber es werden schon vorher Leute da sein. Wehe, du bist nicht bei dem Haus, wenn ich da bin!"

Kurz abwartend blickte ich ihn an. Er bewegte sich kein Bisschen vom Fleck. Ich ging also einfach mal davon aus, dass er alles verstanden hatte.

„Alles klar. Dann kannst du jetzt gehen. Ich muss mich jetzt noch irgendwie alleine beschäftigen, schließlich denkt Lynn, ich treffe mich mit jemandem und kein Treffen ist so kurz. Ich muss also noch ein wenig hier rumlaufen. Aber du kannst natürlich verschwinden. Wir sehen uns morgen.", mit diesen letzten Worten wandte ich mich von ihm ab und ging an ihm vorbei, die Straße weiter entlang.

Ich lief gerade einmal wenige Minuten, als mir etwas komisch vorkam. Irgendwas fühlte sich nicht normal an, also fuhr ich kurz herum und sah jemanden ein paar Meter von mir entfernt da stehen. „Was machst du hier, Michael? Das Treffen ist beendet, du kannst gehen!", befahl ich Myers, welcher mir gefolgt zu sein schien. Doch dieser rührte sich nicht einen Millimeter. Gefiel ihm etwa mein Plan nicht? Wollte er mich jetzt dafür umbringen? 

 „Was ist denn?" Mein Haar wehte im Wind, die Kälte quälte mich, aber all das konnte ich nicht ausreichend wahrnehmen, da ich in meinem Kopf schon plante, davonlaufen zu müssen, sollte Michael jetzt wirklich auf mich losgehen.

Wir standen beide kerzengerade auf dem Bürgersteig, kein Auto, kein Mensch, nur er und ich. Einfach weiterzugehen würde vermutlich nichts bringen, da er mir einfach weiterhin folgen könnte, also stellte ich mich dem Konflikt und trat näher an Michael. 

 Je weniger Meter zwischen uns waren, desto mehr nahm meine Angst aus irgendeinem Grund ab. Nahkampf hatte ich als Kind mal eine Zeit lang spielerisch trainiert.

Kurz bevor ich ihn erreichte, blieb ich stehen und war mental auf alles vorbereitet. „Möchtest du mir irgendetwas erzählen? Zeigen? Fragen?", versuchte ich es.

Tatsächlich löste mein Gegenüber sich aus seinem neutralen Stand und ging diesmal langsam an mir vorbei.

Verwundert drehte ich mich zu ihm um und holte ihn mit schnellem Schritt ein, doch während ich neben ihm herlief, tat er nichts anderes, als weiterzugehen, laut zu atmen und nach vorn zu schauen. Sein Tempo war langsam, also wurde meines das auch. Wir liefen einfach nur die Straße entlang und schwiegen uns an. Als versuchte ich in meinem Kopf nach logischen Antworten für sein Verhalten zu suchen.

Irgendwann drehte ich meinen Kopf zu ihm und fragte: „Willst du mich begleiten, damit ich nicht alleine hier rumlaufen muss?" Er sah mich ebenfalls an, aber leider nur sehr kurz, bevor er sich dann wieder dem Weg vor sich zuwandte. War das etwa ein Ja?

 Lächelnd schaute auch ich wieder nach vorn. „Danke", hauchte ich. Als Reaktion darauf schoss sein Kopf wieder in meine Richtung, das sah ich im Augenwinkel. Ich aber sah ihn nicht an, sondern behielt lediglich mein Lächeln auf. Sehr sicher war ich mir dabei, dass er es sah.

Irgendwann hörten wir, wie ein Auto im Anmarsch war, also schritt Michael in gefühlter Lichtgeschwindigkeit hinter die nächste Hecke – ja, Hecken gab es hier im Überfluss, und ich tat das Gleiche. Ich beobachtete, wie das Auto an uns vorbeifuhr, hoffend, dass der Fahrer uns nicht gesehen hatte.

Umso peinlicher wurde es, als ich mich nach rechte drehte und Michaels Gesicht beziehungsweise seine Maske, fast direkt an meinem spürte. Wir hockten nebeneinander, es war kaum Platz zwischen uns.

Hektisch sprang ich hoch und räusperte mich beschämt. So nah war ich ihm noch nie, ich konnte sogar zum ersten Mal wirklich Augen unter der Maske erkennen – das bedeutete, dass ich ihm deutlich zu nah gewesen war.

The Night He Came Home [Michael Myers FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt