Als er die Klingel betätigt hatte, hatte er alles mögliche erwartet. Vor allem, dass niemand ihm die Tür öffnen würde. Nicht jedoch ein fremdes Gesicht, statt des seines Freundes Pawel, der noch vor zwanzig Jahren hier gewohnt hatte. Noch weniger damit, dass der rothaarige Mann vor sichtlicher Erschöpfung einfach zusammenbrechen würde. Mit so etwas rechnete vermutlich niemand. Umso mehr überforderte ihn diese Situation.
Yukine hatte seine Tasche fallengelassen, um den jungen Mann auffangen zu können. Er drückte ihn sanft an sich, während er sich unsicher auf dem Flur umsah. Sollte er bei jemandem klingeln und nach Hilfe fragen? Vermutlich wäre es klüger gewesen, als das, wofür er sich schließlich entschied. Seine auf dem Boden liegende Tasche schob er in die Wohnung des Fremden – so weit, dass sich die Tür schließen ließ. Dann hob er den rothaarigen Mann an und nahm ihn auf den Arm.
Für seine Größe war er erschreckend leicht. Durch die weite und gemütlich wirkende Kleidung hatte Yukine es nicht sehen können. Doch nun konnte er deutlich spüren, wie sich die einzelnen Knochen unter der Haut des Rothaarigen abzeichneten. Es war mehr als beängstigend, in was für einem Zustand sich der Mann befand und Yukine wollte gar nicht wissen, was dazu geführt hatte.
Er trug ihn hinein, schob die Tür leise ins Schloss und schlüpfte umständlich aus seinen Schuhen. Es gestaltete sich schwierig, sie auszuziehen, doch Yukine wollte nicht mit seinen matschigen Sohlen tiefer in die Wohnung hineingehen. Seufzend kickte er sie an die Seite und folgte anschließend dem Flur.
Die erste Tür, an der er vorbeikam, war eindeutig das Badezimmer. Er ignorierte es und warf einen Blick in den nächsten Raum. Grelles und fahles Licht erhellte das Zimmer, in dem eine kleine Couch, ein Schreibtisch mit drei Bildschirmen und ein summendes – ebenfalls leuchtendes – Gerät stand. Wenn er raten müsste, dann würde Yukine es als ein Arbeitszimmer oder etwas in der Art betiteln. Die seltsamen Geräte der Menschen kannte er nicht, weshalb er sie gar nicht benennen konnte.
Auch dieses Zimmer ließ er hinter sich und ging zur nächsten Tür. Natürlich wäre es einfacher gewesen, den Mann einfach auf das Sofa zu legen und dann zu verschwinden. Er war ein Fremder und Yukine sollte sich nicht darum kümmern, was mit ihm passierte. Nur konnte er es nicht. Bereits in seiner Kindheit hatte er gelernt, dass er schwächeren und hilfsbedürftigen Individuen helfen musste, völlig egal, dass sie einer anderen Spezies angehörten.
Zudem hatte er viele Jahre an der Seite eines Heilers verbracht, der eindeutig ein Helfersyndrom gehabt hatte. Es kam gar nicht in Frage, dass er jemandem nicht geholfen hatte. Wenn es nötig war, dann hatte er es getan. Diese Eigenschaft musste über die Jahre auf Yukine abgefärbt sein, weshalb er den bewusstlosen Mann nicht einfach allein lassen wollte oder konnte.
»Das Zimmer gegenüber …« Beim Klang der müden Stimme fuhr Yukine zusammen. Er hielt in seiner Bewegung inne und sah hinab. Viel erkennen konnte er nicht, dafür war es viel zu dunkel.
»Du bist wieder bei Bewusstsein«, stellte Yukine fest. Er hatte nicht damit gerechnet, dass der Rothaarige etwas sagen würde, er hatte gehofft, er könnte einfach verschwinden, sobald der Mann im Bett lag.
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Intertwined Souls | Unsere verwobenen Seelen ✔
Romance»Wir haben uns geschworen, für immer zusammen zu bleiben, unsere Leben gemeinsam zu verbringen und uns immer zu lieben. Das Schicksal verbindet uns - jetzt und für immer.« ✱*.。:。✱*.:。✧*.。✰*.:。✧*.。:。*.。✱ Als eines Tages ein Unbekannter vor Kaitos Woh...