Wenige Zeit später trafen Yukine und Kaito am vereinbarten Ort ein. Ein kleines Café mit dunkler, türkisfarbener Fassade und alt wirkenden Fenstern sowie Türen. Draußen standen lediglich zwei Tische, die nur Platz für je zwei Personen hatten. Ungeeignet, dachte Yukine nur und blickte auf die Eingangstür, die die gleiche Farbe wie die Fassade hatte.
Beim Näherkommen erkannte er Risse im Lack, wodurch das alte und dunkle Holz an einigen Stellen hervortrat und deutlich sichtbar wurde. Eine Treppe mit sieben Stufen führte zu ihr hinauf.
»Wollen wir reingehen? Vielleicht warten die beiden schon«, säuselte Kaito zufrieden. Er hatte die Hand auf das Geländer gelegt, während er mit dem einen Bein bereits auf der ersten Stufe stand. Die freie Hand hielt er Yukine entgegen. »Ich kann es kaum erwarten, die beiden kennenzulernen.«
Sein Freund strahlte über beide Ohren und bevor Yukine seine Hand ergreifen konnte, huschte Naoki an ihnen vorbei.
»Es ist Jahre her, dass wir die beiden gesehen haben. Ob sie sich wohl verändert haben?«, fragte Naoki, bevor er einfach durch die geschlossene Tür ins Innere blickte.Yukine nahm endlich Kaitos Hand und ließ sich gleich daraufhin die Treppe nach oben führen. Die türkise Flügeltür öffnete sich schwerfällig und leise knarzend, ehe sie einen Blick in das Innere des Cafés freigab. Ein kleines Glöckchen ertönte und verkündete ihr beider ankommen.
»Bin gleich bei euch«, hörte Yukine eine gedämpfte Frauenstimme, ohne ausmachen zu können, von wo genau sie kam. »Nur einen Moment.« Vermutlich war es die Betreiberin, die gerade außerhalb des Verkaufsraums war und nicht wollte, dass ihre Gäste sich wunderten.
Es duftete verführerisch nach Tee, Kuchen und Keksen. Ein Blick zu Kaito genügte, dass er sich wohlfühlte. Ein breites Grinsen hatte sich auf seinem Gesicht gebildet, während er zu der Auslage blickte, wo bereits Naoki stand.
»Wow! Ich wünschte, ich könnte all das probieren!«, sagte der kleine Fae. Er klebte beinahe an der Scheibe, die ihn und das Gebäck trennte. Yukine dagegen wandte seinen Blick ab und ließ ihn durch den Raum schweifen. Von Pawel und Ilona war keine Spur. Lediglich ein junges Paar saß an einem der Tische und ein Mann mit Hut, der wahrscheinlich einen Kaffee trank. »So bedauerlich.«
»Lass uns schauen, was wir bestellen können«, sagte Kaito neben Yukine. »Du schaust, als wären deine Freunde noch nicht da. Aber wir können es uns schon einmal gemütlich machen.« Er drückte Yukines Hand, bevor er ihn bestimmend zur Theke zog.
»Wir sind ja auch früher hier, als geplant«, entgegnete er. Sein Blick richtete sich auf die ausgefallene Auslage voller Kuchen. Mit Früchten, Sahne oder Mohn. Nichts davon sprach Yukine besonders an. Auch ohne es zu probieren, wusste er, dass es ihm nicht schmecken würde. Diese künstliche Süße, der viele Zucker – anders als Naoki, hatte er sich nie dafür begeistern können.
Das wiederum war eine Gemeinsamkeit zwischen Kaito und dem Heiler-Fae. Egal ob Schokolade, Kuchen, Eis oder Waffeln – Hauptsache süß. »Ich denke, ich nehme nur einen Kaffee mit Milch«, sagte Yukine, der Rest war einfach nichts für ihn.
»Und ich kann mich einfach nicht entscheiden. Das sieht alles unglaublich fantastisch aus!«»Guten Abend. Wie kann ich euch behilflich sein?« Yukine hörte Schritte, die sich der Theke näherten. Und als er aufblickte, entdeckte er Ilona. Im ersten Moment hatte er sie nicht erkannt. Das kupferrote Haar, das sie damals kurz getragen hatte, war heute lang und zu einem Zopf geflochten. Um ihre Augen hatten sich zarte Falten gebildet, die sie älter wirken ließen, als sie eigentlich war.
Erst als sie ihnen direkt gegenüberstand, erkannte Yukine, dass sie ihr wahres Aussehen verbarg. Ihre spitzen Fae-Ohren, die sie als eine ihresgleichen kennzeichneten, sahen aus wie die eines Menschen. »Wie schön, du hast zu mir gefunden, Yukine.«
Ilonas rote Augen fixierten ihn, während sie sanft lächelte. Spätestens jetzt gab es keine Zweifel mehr darüber, wer sie war. Auch sie hatte Yukine erkannt.
»Ilona …«, erwiderte er. Als Kaito seine Stimme gehört hatte, hatte er sich zu ihm umgedreht und ihn fragend angesehen.»Lange ist es her«, sprach sie aus, was er dachte, und zeigte auf einen freien Tisch am Fenster. »Setz dich, du bist früh dran. Pawel sollte bald wieder da sein.« Yukine stellte sich zu Kaito, um ihr verständlich zu machen, dass er nicht allein gekommen war.
»Bringst du uns beiden einen Kaffee?«
»Ich will lieber Eistee«, schaltete sich Kaito ein. »Für Kaffee ist es viel zu warm.«
»Selbstverständlich!«, sagte ihr Gegenüber. Ihr Blick schweifte durch den Raum, als würde sie etwas suchen. Nein, Ilona suchte jemanden. Sie suchte Naoki, den sie nicht sehen konnte, obwohl er ebenfalls da war. »Ich bringe euch die Getränke gleich an den Tisch.«Gleich darauf wandte Ilona sich ab, doch Yukine bemerkte, dass sie ihnen einen kurzen Blick zuwarf, als sie sich an den Tisch setzten. Man konnte ihr die Fragen ansehen, die sie vermutlich sofort gestellt hätte.
»Ich dachte, dass Ilona eine Fae ist«, flüsterte Kaito, damit niemand es hören konnte. Niemand, außer Yukine natürlich.
»Ist sie auch. Aber will wohl nicht, dass die Menschen ihre Andersartigkeit sehen und verhüllt sich, wie Yukine bei deinen Eltern.« Kaito weitete verstehend die Augen und Naoki sprach weiter: »Hinter der Fassade sieht sie genauso aus wie vor über zwanzig Jahren.«Yukine linste zu Ilona, die in ihrem blauen Kleid und der schwarzen Schürze nicht aussah, wie die Kommandeurin, die er einst kennengelernt hat. Die Jahre auf der Erde haben sie verändert. Ihre Weiblichkeit hervorgelockt.
In Yukines Augenwinkel sah er eine Bewegung. Der Kaffee trinkende Mann erhob sich, zog seinen Hut vom Kopf und verabschiedete sich von Ilona, bevor er ihn wieder aufsetzte und ging. Das zarte Glöckchen läutete erneut und wenig später kam Ilona auch schon zu ihnen. Ein Tablett in der Hand und darauf die Getränke.
»Möchtet ihr noch etwas? Kuchen vielleicht?« Sie sah Kaito an, nicht Yukine. Wahrscheinlich erinnerte sie sich daran, dass er Süßspeisen verschmähte. »Ich kann den Himbeerpuddingkuchen empfehlen. Spezialität des Tages.« Ilona schenkte Kaito ein zartes Lächeln, worauf seine Wangen leicht erröteten.
»Da sage ich nicht nein zu«, erwiderte Kaito und zog seinen Eistee näher, um gleich darauf einen Schluck zu probieren. Ilona währenddessen hatte sich Yukine zugewandt, doch er winkte nur ab.
»Der Kaffee reicht, danke.«
»Du verpasst etwas«, sagte sie neckend. »Wenigstens hast du jemanden mitgebracht, der meine Backkunst würdigt.«Yukine konnte sehen, dass ihr eine Frage auf der Zunge lag und sie sich schwer tat, sie zu stellen. Doch dann fragte sie auf Elysisch: »Kommt Naoki noch?« Aus dem Augenwinkel konnte er sehen, wie Naoki den Kopf senkte und kurz darauf verschwand. Er hatte sich aufgelöst, so wie immer, wenn er sich fehl am Platz fühlte.
»Nein, wird er nicht.«
»Verstehe …« Ilonas Ausdruck wurde traurig und Yukine konnte nicht anders, als seine Hand auf ihre zu legen.
»Wenn Pawel auch da ist, erkläre ich es euch«, sagte er und Ilona nickte. Sie gab sich alle Mühe, ihm ein Lächeln zu schenken.
»Ist gut. Sobald die beiden dort weg sind, schließe ich ab. Dann sind wir ungestört. Es gibt bestimmt einiges zu bereden.«Sie schüttelte Yukines Hand ab. »Ich hole eben den Kuchen«, sagte sie und ging davon.
»Ich fühle mich ein wenig ausgeschlossen, wenn ihr Elysisch sprecht«, beklagte Kaito sich, als Ilona außer Hörweite war. »Du und Naoki macht es auch, wenn ich etwas nicht mitbekommen soll.«Seufzend sah Yukine ihn an. Er hob den Arm und strich seinem Partner mit den Fingerspitzen zärtlich über den Handrücken.
»Ich bringe es dir gerne bei, dann wirst du uns verstehen können. Manchmal ist es einfach die Angewohnheit. Aber ich versuche es zu vermeiden, damit du dich nicht erneut ausgeschlossen fühlst.«Kaito lächelte leicht und hauchte sogleich ein leises »Danke« in Yukines Richtung. Anschließend verschränkte er ihre Finger miteinander und beließ ihre Hände so auf dem Tisch.
»Wieso ist Naoki verschwunden?«
»Ich denke, es war ihm zu viel. Oder er möchte nicht hören, was ich Ilona und Pawel zu erzählen habe. Er wird schon wiederkommen. Weißt du doch.«»Du hast recht«, entgegnete Kaito. Dann zog er seine Hand plötzlich zurück und bevor Yukine verwirrt nach dem Grund fragen konnte, hörte er auch schon Ilonas Schritte. Das war seine Antwort.
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Intertwined Souls | Unsere verwobenen Seelen ✔
Romance»Wir haben uns geschworen, für immer zusammen zu bleiben, unsere Leben gemeinsam zu verbringen und uns immer zu lieben. Das Schicksal verbindet uns - jetzt und für immer.« ✱*.。:。✱*.:。✧*.。✰*.:。✧*.。:。*.。✱ Als eines Tages ein Unbekannter vor Kaitos Woh...