Kapitel 40 - Naoki und Kaito

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Als Kaito das nächste Mal die Augen aufschlug, war Yukine nicht mehr neben ihm auf dem Sofa

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Als Kaito das nächste Mal die Augen aufschlug, war Yukine nicht mehr neben ihm auf dem Sofa. Er hatte so tief und fest geschlafen, dass er nichts davon mitbekommen hatte.

Doch anders als man vermutlich erwartet hätte, lag er nicht allein auf dem Sofa. Yukine und seine Wärme mochten verschwunden sein, dennoch war es mollig warm unter der Decke, die über ihm lag. So angenehm, dass Kaito sich noch enger an ihn kuschelte und den wohligen Duft nach Blumen und Kräutern einatmete.

Da erinnerte er sich daran, was kurz nach seinem Erwachen am Vormittag gewesen war. Naoki. Und genau der lag eng an ihn geschmiegt da, die Arme um Kaitos Körper geschlungen und den Kopf an seine Brust gedrückt.

Er kannte den Fae eigentlich gar nicht. Nur so viel, wie Yukine ihm verraten hatte. Jeder andere hätte vermutlich Panik bekommen, wenn ein gewissermaßen toter Mann neben einem liegen würde. Doch Kaito nicht. Woran es lag, konnte er nicht genau sagen.

Vielleicht, nur vielleicht, lag es an seiner Verfassung. Dem Fieber, seinem Unwohlsein. Es konnte aber auch daran liegen, dass er sich über nichts mehr wunderte. Dass es Geister gab, daran hatte er als Shintoist immer geglaubt. Sein Vater hatte ihm den Glauben seiner Familie näher gebracht.

Geister, ja. Götter seinetwegen auch. Aber Fae? Oder Drachen, wie Yukine ihm erzählt hatte? Und dann war er auch noch selbst zur Hälfte ein Wesen, über das er kaum etwas wusste. Ja, vielleicht lag es wirklich daran, dass Kaito ganz ruhig bleiben konnte und nicht auf die Idee kam, vor Angst zu flüchten.

Und wenn er ehrlich war, dann war Naoki alles andere als furchteinflößend. Eher sanft, weich, warm und die Ruhe selbst. Kaito fühlte sich unglaublich wohl bei ihm. Der Geruch dieses Mannes war betörend schön, schmeichelte seiner Nase. Wie bei Yukine. So unglaublich angenehm und ungewöhnlich.

Kaitos menschliche Seite musste sich unweigerlich davon angezogen fühlen. Wie Yukine schon einmal gesagt hatte, hatten die Fae eine seltsame Wirkung auf die Menschen. Möglicherweise betraf es auch ihn. Auch wenn Kaito nicht gedacht hatte, dass Geister tatsächlich eine physische Gestalt besitzen konnten – vom Geruch ganz zu schweigen.

»Du bist wach«, hörte er Yukines Stimme. Er regte sich, was Naoki dazu brachte, es ebenfalls zu tun. Ganz sachte hob der blonde Fae seinen Kopf und blickte Kaito an, bevor er sich halb zu Yukine drehte. Seine Haare waren vom Liegen völlig zerzaust, außerdem hatte er in dem Augenblick, in dem er Kaito angeschaut hatte, verschlafen ausgesehen. Geister schienen also zu schlafen – oder so etwas in der Art.

»Ja, irgendwie schon«, antwortete Kaito, bevor er herzhaft gähnte.
»Wie fühlst du dich?«
»Als hätte mich ein LKW überfahren«, sagte er trocken und zog die Decke gleich wieder höher. Zu seinem Missfallen hatte Naoki die Umarmung gelöst und sich von ihm entfernt, wodurch er zwar mehr Platz hatte, seine Wärmequelle jedoch verloren schien.

»Ich war vorhin einkaufen.« Yukine überging Kaitos Aussage einfach. Aber er musterte seinen Partner ausgiebig.
»Mh …«, brummte Kaito nur, bevor er sein Gesicht unter der flauschigen Decke vergrub.
»Und habe für dich Okayu gekocht«, sagte der Fae und lächelte leicht. »Ich dachte, das würde dir guttun.«

Kaito, der sein Gesicht versteckt hatte, konnte selbst nicht anders als zu grinsen. Okayu war ein japanischer Reisbrei, den sein Vater früher gemacht hatte, wenn Kaito krank war. Leicht bekömmlich und sättigend. Wie Yukine darauf gekommen war, wusste er beim besten Willen nicht. Jedoch freute er sich darüber.

»Das klingt gut. Ich habe Bärenhunger.« Kein Wunder, schließlich hatte er nicht einmal zu Abend gegessen. Es gab zwar Zeiten, da hatte Kaito oft vergessen, etwas zu essen – doch seit Yukine bei ihm wohnte, war er regelmäßige Mahlzeiten gewohnt. Dieser Mann verwöhnte ihn einfach viel zu sehr. Fehlte nur noch ein Bad – sobald sein Fieber gesunken sein sollte – und eine anschließende Massage.

»Soll ich dir eine Schüssel bringen?« Er nickte. »Dann musst du dich aufsetzen.« Brummelnd zog Kaito die Augenbrauen zusammen. Aufstehen, nein hinsetzen klang so unfassbar anstrengend. Sein Blick glitt zu Naoki, der es zu bemerken schien, da er den Kopf zu ihm drehte.

»Nur wenn meine Wärmequelle wiederkommt«, forderte er und meinte dabei eindeutig nicht Yukine.
»Wie? Mich?«, fragte Naoki verwundert, während er mit dem Finger auf sich zeigte.
»Soll mir recht sein.« Yukine zuckte mit den Schultern, wechselte nur einen kurzen Blick mit Naoki und fügte dann noch hinzu: »Klärt das untereinander.« Danach machte er kehrt und ging in die Küche.

Naoki saß planlos und sichtlich ratlos da, während Kaito sich mühsam aufsetzte. Er würde alles dafür tun, ein entspannendes Bad zu nehmen, um die Schmerzen zu lindern. Wenn bloß das Fieber nicht wäre …

»Du hast Yuki erzählt, dass ich dich sehen kann«, begann Kaito ein neues Gespräch. Er war in die Ecke des Sofas gerutscht, die Decke bis zum Hals hochgezogen. Der Stoff an der Couchlehne war kühl und Kaito erschauderte, als sein Rücken sie berührte.

»Ich wollte es ihm nicht verheimlichen. Wäre ohnehin unmöglich gewesen. Yukine ist nicht blöd, er hätte es gemerkt. Wie er schon bemerkt hat, dass du meine Anwesenheit spüren kannst.« Der kleine Fae rückte nicht näher, stattdessen zog er seine Beine an, legte die Arme um sie und lehnte das Kinn auf sein Knie. Seine Augen ruhten auf einem für Kaito unsichtbaren Punkt in der Ferne.

»Es ist nicht meine Absicht, mich zwischen euch beiden zu drängen. Wirklich nicht. Und wenn du wünscht, dann werde ich mich auch nicht mehr zeigen.« Kaito atmete seufzend aus, woraufhin Naoki zu ihm blickte. Traurigkeit lag in seinen Augen, aber auch Entschlossenheit. »Ich bin kein Lebender mehr, meine Zeit an Yukines Seite ist eigentlich vorbei.«

»Aber du kannst nicht zurück.« Sein Gesprächspartner nickte, dann stöhnte er frustriert auf. »Dann wäre das wohl geklärt«, entschied Kaito. Was bei Naoki zu noch mehr Verwirrung führte, wie er sogleich sehen konnte.
»Was ist geklärt?«
»Du bleibst einfach hier – hast ja keine andere Wahl«, sagte Kaito und zwinkerte.

Naoki verbannen kam für ihn nicht in Frage. Es war nicht so, als hätte er sich diesen Zustand gewünscht. Dazu musste er auch noch zusehen, wie Yukine, sein Gefährte, sich in einen anderen Mann verliebt hatte und wie nahe sie einander gekommen waren. Allein der Gedanke war furchtbar.
»Aber …!«
»Nein, kein aber«, ging Kaito zwischen. »Alles andere kommt nicht in Frage. Du bist hier willkommen.«

In was hatte er sich da eigentlich manövriert? Eine Beziehung mit einem Kerl, der wortwörtlich nicht von dieser Welt war und dazu einen Partner hatte, der ein Untoter war. Zum Glück kein Zombie, musste Kaito gestehen. Als Geist oder … was auch immer, war Naoki wenigstens unsichtbar für andere. Auf der anderen Seite wusste Kaito nicht genau, ob das wirklich positiv war.

Dennoch musste er gestehen, dass Yukine das Beste war, was ihm je passieren konnte. Da nahm er seinen überaus hübschen, manchmal etwas durchsichtigen und geisterhaften Freund einfach mit dazu. Nach außen hin wären Kaito und Yukine ein ganz normales Paar – und im Geheimen …

Er musterte Naoki. Nicht Mann, nicht Frau. Bildhübsch und furchtbar nett, mit der Stimme eines Engels. Wenn Kaito nicht mit Yukine zusammen gewesen wäre, hätte dieser Fae sein Herz höher schlagen lassen. Völlig egal, ob Geisterwesen oder nicht. Anscheinend hatte er etwas für Übernatürliches übrig.

Er pfiff auf Monogamie. Dann wären sie ab jetzt zu dritt, das war in Ordnung. Damit konnte er leben. Gewissermaßen war das schon länger der Fall, auch wenn er Naoki bis zu diesem Tag nicht hatte sehen können.
»Danke … Ich stehe in deiner Schuld, Kaito.«

Intertwined Souls | Unsere verwobenen Seelen ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt