Drittes Kapitel

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Am nächsten Tag fand ich mich in dem kleinen gemütlichen Café der Londoner Innenstadt mit Hermine und Ginny wieder. Wir bestellten uns was zu Trinken, die Beiden wollten eine angenehme Atmosphäre schaffen.

Doch ich war viel zu nervös und wollte das Ganze nur hinter mich bringen.
Hermine hatte mir diesen Muggel Schwangerschaftstests gegeben und erklärte mir kurz, wie er funktionierte. „Klingt einfach", gab ich angespannt von mir.

Ich atmete tief aus.
„Entschuldigung. Ich bin dir wirklich dankbar dafür, mich stresst die Situation nur gerade sehr." Hermine nickte mitfühlend. Ich ging durch das Café zu den Toiletten und hielt mich genauestens an die Anleitung. In meiner Jackentasche versteckt, setzte ich mich wieder zu den beiden Mädchen an den Tisch.

„Ich glaube, meine Mum würde sich total freuen", versuchte Ginny die Stimmung aufzulockern. „Und immerhin haben wir unseren Abschluss, dieser neue Abschnitt beginnt nun langsam." Leicht schief lächelte sie mich an.
„Ich denke, unsere Eltern unterscheiden sich in solchen Dingen grundlegend", gab ich zurück. Ich dachte es nicht nur, ich wusste es.

Meine Eltern würden mir wahrscheinlich den Todesfluch auf den Hals hetzten. Unehelich schwanger, ohne Job und ohne Mann, geschweige denn wusste ich ja nicht einmal, von wem das Kind war. Würden auf diesem kleinen Plastikteil gleich zwei Striche sein, war mein Leben beendet. Ich fühlte mich zunehmend unwohl.

Auch wenn ich Hermine mochte, hatte ich auch vor ihr selten richtige Gefühle gezeigt. Vor allem würden dies keine freudigen Gefühle werden und mich so vor anderen Menschen zu präsentieren, ließ mich nur noch Unwohlsein fühlen.
„Tut mir leid, ich kann das nicht", mit diesen Worten stand ich auf und verließ fluchtartig das Café. Hermine rief noch nach mir, aber ich musste weg.

Niemand sollte mich jemals sehen, wenn ich Schwäche zeigte. Das war wie ein Gesetz. Schließlich musste immer alles Perfekt sein, ich musste Perfekt sein, das war das einzig Wichtige in meinem Leben.
Eine Eigenschaft an mir, die meine Mutter immer wieder predigte und welche ich niemals wieder ablegen würde.

In einer leeren Nebengasse apparierte ich nach Hause. Die Vorhänge der oberen Zimmer waren offen - meine Eltern waren wieder da. Mit zittrigen Händen holte ich den Test aus meiner Jacke.

Zwei Striche. Positiv. Ich war schwanger.

Mein gesamter Körper fing nun an zu zittern, mir wurde schlecht und ich hatte das Gefühl, jeden Moment wieder Ohnmächtig zu werden. Das durfte doch alles nicht wahr sein. Langsam ging ich auf das große Haus zu. Ich musste es meinen Eltern sagen, ich brauchte ihre Hilfe.

Doch die Unsicherheit, ob sie mir überhaupt helfen würden, lies mich an der Tür stoppen. Sie würden ausrasten, wahnsinnig vor Wut werden. Mich anschreien und beleidigen. Wahrscheinlich würde ich mir sogar eine Lehrschelle fangen, wie meine Mutter sie gerne nannte. Das waren meine schlimmsten Befürchtungen, doch wie schrecklich es werden sollte, hätte ich mir nicht ansatzweise ausmalen können.

Ich betrat die große Eingangshalle, wo mein Vater mich anscheinend erwartete. „Evelyn. Gut, dass du endlich da bist. Komm her", forderte er mich sogleich auf. Mein Herz pochte mir bis zum Hals. Wir gingen in den Salon, wo eine mir unbekannte Familie saß. Ein alter Mann mit schwarzen Haaren, welcher abgehoben und unfreundlich drein blickte, eine Frau mit ebenso dunklen Haaren und dem gleichen Gesichtsausdruck und in der Mitte ein junger Mann, der das perfekte Abbild seiner Eltern war. Ich zwang mich zu einem Lächeln, doch von meinem Gegenüber kam keinerlei Reaktion.

„Wer sind diese Leute?", versuchte ich so freundlich wie möglich zu klingen. „Familie Uprey. Eine alte Bekanntschaft aus meiner Schulzeit. Ihr Sohn Brian wird stellvertretender Minister im Macusa", ertönte die Stimme meiner Mutter neben mir. Dieser Brian schien einige Jahre älter als ich zu sein.
„Macusa?", entwich es mir leicht verwirrt.

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