Neuntes Kapitel

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Ich machte noch ein paar Besorgungen, ehe ich mich auf den Weg zum Krankenhaus begab. Cecilia war fröhlich am Erzählen, als ich das Zimmer betrat.

„Cecie, draußen auf dem Flur ist der Wasserspeier. Kannst du mir die Flasche auffüllen?" Die Kleine nickte aufgeregt, nahm die Glasflasche und lief los.
„Und gut festhalten", rief Silver ihr nach.

Sobald sie außer Hörweiten war, veränderte sich ihre Stimme. Sie war wieder kalt, verschlossen und misstrauisch, wie ich sie kannte.
„Malfoy, ich denke, die Heiler haben nichts dagegen, wenn sie hier schläft. Es ist ja nur für eine Nacht."
„Wie oft muss ich es dir noch sagen Silver, ich mach' das wirklich gern. Sie ist toll."

Ich beobachtete sie genauestens, doch Silver ließ keinerlei Reaktion zu. Lediglich dem Blickkontakt wich sie geschickt aus. Ich war mir sicher, ihre Augen würden mir etwas anderes sagen.

„Und ich habe überlegt, du kannst zwei Tage frei machen. Ich komme schon alleine zurecht im Büro und ihr könnt die Zeit nachholen."
„Das wäre schön", sie strich sich eine Haarsträhne hinter das Ohr. Es wirkte fast schon ein wenig schüchtern.

Dann ging auch schon die Tür auf und Cecilia kam mit der vollen Wasserflasche zurück, welche sie fest im Arm hielt.
Und dann war es wieder da - dieses liebevolle Lächeln.

Der Nachmittag brach herein, die Tür von Silvers Zimmer ging erneut auf und ich blickte in das Gesicht der Heilerin von gestern. Ihre Miene verhieß nichts Gutes.
„Miss Silver, Sie sollen sich Ausruhen, Sie haben schon viel zu lange Besuch. Und Besuchszeit ist auch vorbei", wandte sie sich mit den letzten Worten an mich.

„Das ist meine Tochter", gab Silver in einem ähnlich kühlem Ton wieder, doch ihre Augen tobten vor Wut. Die Heilerin musterte die Kleine.
„Ein ganz reizendes Kind, aber ich muss sie Bitten zu gehen." Kurzerhand nahm sie Cecilia und drückte sie mir in die Arme. Das Mädchen wusste gar nicht, wie ihr geschah.

„Sie werden Übermorgen schon Entlassen, einen Tag wird er es ja wohl schaffen auf das Kind aufzupassen." Mit einem leicht verachtenden Blick schaute sie mich an. „Kinder bedeuten eben Verantwortung und nicht, dass man sich einfach aus dem Staub machen kann, wenn es Ernst wird", dabei blickte sie mir weiterhin direkt ins Gesicht. Diese Frau hatte vielleicht Nerven.

Sie schob uns aus dem Zimmer und schloss die Tür. Cecilia blickte über meine Schulter zu ihrer Mum und winkte ihr schnell, bevor wir zum Weitergehen aufgefordert wurden.
„Die war gemein", flüsterte sie mir kurz darauf zu. Ich konnte ihr nur zustimmen.

Wir spazierten durch einen kleinen Park. Cecilia war ganz hingerissen, von den Enten und deren Nachwuchs, den Eichhörnchen und sogar die Tauben bestaunte sie. Sie ließ sich von den kleinsten Dingen faszinieren.
„Wie wäre es, wenn du heute bei mir schläfst? Ich muss zu Hause noch ein paar Dinge erledigen und das würde die Situation erleichtern", erklärte ich mich.

Ich hatte keine Lust, noch eine Nacht auf dem Sofa zu verbringen, aber ich konnte sie schlecht alleine lassen. Ich wollte auch nicht.

„Aber meine Sachen sind alle zu Hause." „Die holen wir natürlich", lachte ich.
Mit leuchtenden Augen sah sie mich an und nickte. Unter einer Brücke versteckt, apparierten wir erst in Silvers Wohnung, packten alles zusammen und dann tauchten wir in meinem Apartment auf.

„Hier ist das Gästezimmer. Und das große Bett gehört dir alleine."
Das Boxspringbett war fast so hoch, wie sie selbst. Die frische Luft hatte sie ordentlich geschafft, doch der Tag hatte mich ebenfalls ausgelaugt.

Mein Kopf war voll von sämtlichen Gedanken, wie es weitergehen sollte. Morgen war unser letzter gemeinsamer Tag, aber ein Leben ohne sie konnte ich mir gar nicht mehr vorstellen. Ich hatte schon ihre ersten Jahre verpasst, ihr erstes Wort, ihren ersten Schritt.
Ich wollte all die Zeit nachholen und für sie da sein. Und für Silver auch.

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